Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
Vom Netzwerk:
suchte das Erdgeschoß des Hotels ab, entdeckte nichts und kehrte in die Halle zurück, wo er Wyatt antraf. »Nichts hier unten«, sagte er.
    Wyatts Gesicht sah hager aus. »Sie sind weg.« Er blickte auf den toten Soldaten mit dem blutigen Oberkörper neben dem umgekippten Tisch. Er war von Fliegen umsummt.
    Dawson fragte kleinlaut: »Glauben Sie, daß – möglicherweise – die Soldaten sie mitgenommen haben?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Wyatt tonlos.
    »Es tut mir so leid, daß das passierte«, sagte Dawson. »Es tut mir leid, daß es durch meine Schuld passierte.«
    Wyatt drehte den Kopf. »Wir wissen nicht, ob es durch Ihre Schuld passierte. Vielleicht wäre es sowieso passiert.« Er fühlte sich plötzlich schwindelig und setzte sich.
    Dawson sah ihn besorgt an. »Wissen Sie, was?« sagte er. »Ich glaube, wir könnten beide etwas zu essen vertragen. Wann haben wir zuletzt was gegessen?« Er hielt ihm seine verbundenen Hände hin und sagte entschuldigend: »Ich würde es selbst besorgen, aber ich glaube nicht, daß ich eine Dose öffnen kann.«
    »Was haben sie mit Ihnen gemacht?«
    Dawson zuckte mit den Schultern und versteckte seine Hände hinter dem Rücken. »Mich geprügelt – rauh behandelt. Nichts, das nicht durchzustehen wäre.«
    »Sie haben natürlich recht«, sagte Wyatt. »Wir müssen essen. Ich will sehen, was ich finden kann.«
    Zehn Minuten später verschlangen sie kaltes Schmorfleisch direkt aus den Dosen. Dawson konnte mit der linken Hand so eben einen Löffel halten, und wenn er die Dose in die rechte Armbeuge klemmte, konnte er ganz gut allein essen. Es war schmerzhaft, denn seine linke Hand tat höllisch weh, wenn er den Löffel hielt, aber er wollte auf keinen Fall, daß Wyatt ihn fütterte wie ein Baby – das hätte er nicht ertragen können.
    Er fragte: »Was tun wir jetzt?«
    Wyatt horchte nach den Kanonen. »Ich weiß es nicht«, sagte er langsam. »Ich wünschte, Causton oder Julie hätten eine Nachricht hinterlassen.«
    »Vielleicht haben sie das.«
    »In ihren Zimmern war nichts.«
    Dawson dachte darüber nach. »Vielleicht waren sie nicht in ihren Zimmern; vielleicht waren sie im Keller. Die Artillerie hat den Platz beschossen, und das ist nicht weit weg – vielleicht haben sie im Keller Schutz gesucht.«
    »Es gibt keinen Keller.«
    »Gut – dann haben sie vielleicht woanders Schutz gesucht. Wo würden Sie sich bei Beschuß hinflüchten?« Er drehte sich in seinem Stuhl um, und das Rohrgeflecht knarrte. »Ich kenne einen Mann, der den ›Blitz‹ in London erlebt hat; er sagte, daß es unter der Treppe am sichersten war. Vielleicht dort unter der Treppe.«
    Mühsam legte er den Löffel hin und ging zu der Treppe hinüber. »He!« rief er. »Da ist etwas an die Tür geheftet.«
    Wyatt ließ die Dose fallen und rannte Dawson hinterher. Er riß den Zettel von der Tür ab. »Causton ist verschwunden«, sagte er, »aber die andern sind in Rawsthornes Wagen abgefahren. Sie sind nach Osten gefahren – von der Bucht weg.« Er holte tief Luft. »Gott sei Dank dafür.«
    »Ich bin so froh, daß sie weggekommen sind«, sagte Dawson. »Was tun wir jetzt – ihnen folgen?«
    »Sie sollten das am besten tun«, sagte Wyatt. »Ich werde Ihnen alle notwendigen Hinweise geben.«
    Dawson sah ihn überrascht an. »Ich? Was haben Sie vor?«
    »Ich habe die Artillerie gehört«, sagte Wyatt. »Ich glaube, Favel bricht durch. Ich will mit ihm sprechen.«
    »Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen? Wenn Sie sich hier mitten im Kampfgebiet herumtreiben, wird man Sie erschießen. Sie sollten sich lieber mit mir nach Osten absetzen.«
    »Ich bleibe hier«, sagte Wyatt unbeugsam. »Jemand muß Favel über den Hurrikan informieren.«
    »Was gibt Ihnen den Glauben, Favel wird auf Sie hören?« wollte Dawson wissen. »Was gibt Ihnen den Glauben, daß Sie ihn auch nur zu Gesicht bekommen werden? Es wird mörderisch zugehen in der Stadt, wenn Favel hereinkommt – Sie werden nicht durchkommen.«
    »Ich schätze Favel nicht so ein. Ich glaube, er ist ein vernünftiger Mensch und kein Psychopath wie Serrurier. Wenn ich zu ihm gelange, wird er sicher auf mich hören.«
    Dawson stöhnte, aber ein Blick auf Wyatts entschlossenes Gesicht zeigte ihm, daß alle weiteren Argumente nutzlos waren. Er sagte: »Sie sind ein gottverdammter sturer Trottel, Wyatt; ein Dummkopf, der sich absichtlich in die Nesseln setzt. Aber wenn das Ihre Einstellung ist, werde ich wohl bei Ihnen bleiben, wenigstens so

Weitere Kostenlose Bücher