Sog des Grauens
mit einem Gummischlauch über die Hände. Ich glaube nicht, daß sie Knochen gebrochen haben, aber ich werde wohl für eine Weile keine Schreibmaschine bedienen können.«
Wyatt hatte sich einmal einen Finger in einer Tür gequetscht – eine unbedeutende Verletzung, aber die schmerzhafteste in seinem Leben. Der Fingernagel war blau geworden, aber der Arzt konnte ihn retten, und er hatte seit der Zeit sehr auf seine Hände aufgepaßt. Als er jetzt Dawsons Hände sah, wurde ihm ganz übel; er konnte sich vorstellen, wie die zerschlagenen Nervenenden schmerzen mußten. Er sagte: »Jetzt braucht es mir nicht länger leid zu tun, daß ich Roseau umbrachte.«
Dawson grinste schwach. »Mir hat es nie leid getan.«
Wyatt war es ein Rätsel. In dem Dawson steckte mehr, als er gedacht hatte; das war nicht mehr der Mann, der ein Auto stehlen wollte, weil er Angst hatte – es mußte etwas mit ihm vorgegangen sein. »Sie brauchen ein Einreibemittel hier drauf«, sagte er kurz. »Und eine Penicillinspritze würde auch nicht schaden. Da ist eine Apotheke hier drüben – ich will sehen, was sich finden läßt.«
»Machen Sie keine Dummheiten!« sagte Dawson erschrocken. »Es ist jetzt nicht ganz geheuer, über die Straße zu gehen.«
»Ich passe schon auf«, sagte Wyatt und ging zur Tür. Die Apotheke gegenüber war schon geplündert, aber er hoffte, die Medikamente würden noch unangetastet sein. Bevor er hinausging, suchte er sorgfältig die Straße ab, und als er keine Bewegung sah, trat er hinaus und rannte hinüber.
Der Laden war verwüstet, aber er kümmerte sich nicht um das Chaos, sondern ging geradewegs nach hinten durch zum Medikamentenlager, wo er in den Schubladen nach dem Gebrauchten suchte. Er fand Binden und Codeintabletten, aber keine Antibiotika, und er vergeudete nicht viel Zeit mit weiterem Suchen. An der Tür hielt er wieder an, um erst hinauszusehen, und er erstarrte, als er einen Mann über die Straße rennen und in einem Hauseingang Deckung nehmen sah.
Der Mann sah hinter einem Gewehrlauf hervor und winkte, und daraufhin liefen noch drei andere Männer die Straße entlang, sich an die Hauswände drückend und von Tür zu Tür huschend. Sie trugen keine Uniform, und Wyatt dachte, sie müßten die Vorhut von Favels Truppen sein. Sachte öffnete er die Tür und trat hinaus. Er hielt die Hände mit den Medikamenten und Binden über dem Kopf.
Merkwürdigerweise wurde er nicht sofort gesehen und war schon halb über die Straße, bevor er angerufen wurde. Er drehte sich zudem ankommenden Soldaten um, der ihn mißtrauisch musterte. »Hier sind keine von Serruriers Leuten«, sagte Wyatt. »Wo ist Favel?«
Der Mann machte eine Bewegung mit seinem Gewehr. »Was ist das hier?«
»Binden«, sagte Wyatt. »Für meinen Freund, der verletzt ist. Er ist dort drüben im Hotel. Wo ist Favel?«
Er spürte, wie eine Gewehrmündung in seinen Rücken stieß, aber er drehte sich nicht um. Der Mann vor ihm nahm sein Gewehr ein wenig zur Seite. »Zum Hotel«, befahl er. Wyatt zuckte mit der Schulter und schritt aus, umgeben von der kleinen Gruppe. Einer von ihnen schob sich mit schußbereitem Gewehr durch die Drehtür, und Wyatt rief auf englisch: »Bleiben Sie, wo Sie sind, Dawson! Wir haben Besuch.«
Der Mann vor ihm wirbelte herum und drückte ihm die Gewehrmündung in den Bauch. »Pren' gar'«, sagte er drohend.
»Ich habe meinem Freund nur gesagt, er sollte keine Angst haben«, sagte Wyatt unbewegt.
Er ging ins Hotel. Dawson saß gespannt in einem Sessel und sah den Soldaten an, der ihn mit einem Gewehr in Schach hielt. Er sagte: »Ich habe einige Binden und etwas Codein – das dürfte die Schmerzen etwas lindern.«
Favels Leute teilten sich auf und durchsuchten fachgerecht das Erdgeschoß. Sie fanden nichts und scharten sich wieder um ihren Anführer, den Wyatt für einen Sergeanten hielt, obwohl er keine Abzeichen trug. Der Sergeant stieß mit seinem Fuß gegen den toten Soldaten. »Wer hat den getötet?«
Wyatt, der über Dawson gebeugt stand, sah herum und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht«, sagte er und wandte sich wieder seiner Beschäftigung zu.
Der Sergeant kam herüber und betrachtete Dawsons Hände. »Wer hat das getan?«
»Serruriers Polizei«, sagte Wyatt, ohne aufzusehen.
Der Sergeant knurrte. »Dann liebst du Serrurier nicht. Gut!«
»Ich muß Favel finden«, sagte Wyatt. »Ich habe eine wichtige Nachricht für ihn.«
»Was für eine Nachricht ist das, Blanc?«
»Sie ist
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