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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bagley Desmond
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Überlegungen mit ein. Ich kenne die Fähigkeiten meiner Offiziere.« Er drehte sich um und sah zum Fenster hinaus: »Ich bedauere nur, daß wir nichts für die Bevölkerung von St. Pierre tun können. Das ist uns leider unmöglich. Wir werden so bald wie möglich zurückkommen und bei den Aufräumungsarbeiten helfen, aber die Schiffe werden allerlei durchstehen müssen, und wir werden es nicht leicht haben.«
    Er sah Schelling an. »Sie kennen doch Ihren Aufgabenbereich unter Plan K?«
    »Ja, Sir.«
    »Dann müssen Sie sich jetzt wohl auf Ihren Posten begeben.«
    Während er Schelling hinausgehen sah, lag etwas wie Mitleid in seinem Ausdruck. Dann rief er seinen Adjutanten. Es gab viele Dinge zu tun – all die notwendigen Dinge. Sobald er wieder allein war, ging er hinüber zum Wandsafe und begann, Dokumente in eine mit Blei beschwerte Aktentasche zu packen, und erst als er seine letzte dienstliche Pflicht auf Cap Sarrat erledigt hatte, packte er die wenigen persönlichen Dinge ein, die er mitnehmen wollte. Dazu gehörte auch ein Foto von seiner Frau und zwei Söhnen, das er aus einer Schublade in seinem Schreibtisch nahm.
    ***
    Eumenides Papegaikos war sehr verängstigt. Er war nicht aus dem Stoff, aus dem Helden gemacht werden, und er fühlte sich nicht wohl in der Situation, in der er sich befand. Sicher, einen Nachtklub zu betreiben hatte auch seine Schwierigkeiten, aber die waren von der Art, die sich mit Geld regeln ließen – sowohl Serruriers korrupte Polizisten als auch die örtlichen Gangstersyndikate waren käuflich, was zum Teil seine hohen Preise erklärte. Aber er konnte sich nicht von einem Bürgerkrieg loskaufen, und einen Hurrikan konnte man mit allem Gold der Welt nicht zur Umkehr bringen.
    Er hatte gehofft, mit den amerikanischen Frauen nach Cap Sarrat gebracht zu werden, aber Wyatt und der Krieg hatten das vereitelt. Auf eine Art war er dankbar dafür, daß er unter Ausländern war – er konnte sich in Englisch nicht gewandt ausdrücken, aber das tarnte seine Angst und seine Unsicherheit. Er tat nichts aus freien Stücken, sondern führte nur aus, was ihm aufgetragen wurde, mit einer simulierten Willigkeit, die sein inneres Zittern verbarg – das war auch der Grund, weshalb er jetzt durch die Bananenplantage schlich, um vom Gipfel aus die Küstengegend beobachten zu können.
    Er hörte Geräusche ringsumher – das Zirpen der Zikaden und schwächere, unheilverkündende Geräusche, die aus allen Richtungen zu kommen schienen. Da war ab und zu ein metallisches Klicken, Gemurmel in der Ferne und ab und zu ein Rascheln von Bananenblättern, die sich eigentlich nicht bewegen durften, weil es eine windstille Nacht war. Er kam schweißtriefend auf dem Gipfel an und sah auf die Küstenstraße hinunter. Dort war viel Betrieb: die Geräusche von schweren Lastwagen, das Aufblinken von Lampen und die Bewegungen von vielen Männern im hellen Mondlicht. Der Steinbruch, wo sie den Wagen zurückgelassen hatten, war jetzt voll von Fahrzeugen, und auf dem schmalen Weg herrschte ein ständiges Kommen und Gehen.
    Nach einer Weile zog sich Eumenides zurück, um zu den andern zurückzukehren. Über die ganze Plantage leuchteten Lichter auf, die flackernden Feuer einer lagernden Armee, und manchmal erkannte er die Bewegungen von einzelnen Männern, wenn sie zwischen ihm und den Flammen liefen. Er ging den Berg hinab und hoffte, daß man ihn, wenn man ihn sah, nur für einen in der Dunkelheit herumstreifende Soldaten halten würde, und näherte sich mit Vorsicht der Mulde, in der sie ihre Löcher gegraben hatten. Er schaffte es ohne Schwierigkeiten, brauchte aber ziemlich lange. Als er wieder bei Julie und Mrs. Warmington eintraf, war fast eine Stunde vergangen.
    Aus ihrem getarnten Deckungsloch wisperte Julie: »Eumenides?«
    »Ja. Wo is' Rawsthorne?«
    »Er ist noch nicht zurück. Was ist draußen los?«
    Eumenides mühte sich lobenswert mit der englischen Sprache. »Menge Leute. Soldaten. Armee.«
    »Regierungstruppen? Serruriers Leute?«
    »Ja.« Er schwenkte den Arm in weitem Bogen. »Rund 'erum.«
    Mrs. Warmington wimmerte leise. Julie sagte langsam: »Serrurier muß zurückgeschlagen worden sein – aus St. Pierre herausgedrängt. Was tun wir jetzt?«
    Eumenides war still. Er wußte nicht, was sie tun konnten. Wenn sie wegzukommen versuchten, würden sie fast mit Sicherheit geschnappt werden, wenn sie aber blieben, würde das Tageslicht sie verraten. Julie sagte: »Sind Soldaten hier in der

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