Sohn der Dunkelheit
zwei Buchstaben einen großen Unterschied machten.
Lieben.
Ob man jemanden » liebte « oder » so liebte « , war ein himmelweiter Unterschied, ähnlich wie zwischen einer Kerbe und dem Grand Canyon. Wie zwischen einem Stecknadelkopf und dem gesamten Mittleren Westen. Oder wie zwischen Atemstoß und Orkan.
Jetzt weiß ich, warum er dich …
Als Blay jetzt im Untersuchungszimmer auf dem Boden saß, einen ausgeknockten Qhuinn im Schoß, konnte er sich einfach nicht mehr erinnern, was Layla als Nächstes gesagt hatte. War es » liebt « ? Was im Grunde nichts Neues war, denn Blay wusste, dass Qhuinn ihn liebte, als Freund, und das nun schon seit Jahrzehnten. Das änderte nichts.
Oder hatte sie es tatsächlich mit dem Wörtchen » so « verstärkt?
Was wiederum heißen würde, dass er es Qhuinn womöglich jeden Moment gleichtat und selbst in Ohnmacht sank.
» Wie geht es meinem anderen Patienten? « , erkundigte Doc Jane sich, als Layla zurück auf die Untersuchungsliege sackte.
» Atmet « , antwortete Blay.
» Er wird wieder zu sich kommen. «
Das stand zu hoffen, dachte Blay, während er Qhuinns Gesicht betrachtete – als könnten ihm diese vertrauten Züge trotz der Ohnmacht die Frage beantworten.
Die Auserwählte hatte ganz bestimmt nicht » so liebt « gesagt.
Unmöglich. Er würde nicht zulassen, dass zweimal zügelloser Sex ihn dazu verleitete, die Worte einer Dritten umzuinterpretieren.
» Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist? « , hörte er Layla die Ärztin fragen.
» Wegen des Erbrechens? Soweit ich von Ehlena weiß, kann es durchaus Symptom einer bestehenden Schwangerschaft sein. Tatsächlich kann es sogar auf einen guten Verlauf hindeuten. Es liegt an den Hormonen. «
» Ich muss nicht zurück zu Havers, oder? «
» Sagen wir mal so, Ehlena kommt heute Abend von ihrem Vater zurück. Dann werden wir wissen, ob sie sich zutraut, dich zu behandeln – und dann sehen wir einfach weiter. Ich will dir nichts vormachen … meiner Meinung nach haben wir es hier mit einem Wunder zu tun. «
» Da bin ich ganz deiner Meinung. «
Während die Frauen sich unterhielten, betrachtete Blay Qhuinns geschlossene Lider. Ja, es war ein Wunder. Klarer Fall …
Wie aufs Stichwort kam Qhuinn wieder zu sich, und seine dichten dunklen Wimpern flatterten, als versuchten sie zu ergründen, wie ernst es ihm mit dem Erwachen war.
» Layla! « , rief er aus und setzte sich ruckartig auf.
Blay schob sich zurück und ließ Qhuinn los. Er kam sich ein bisschen dumm vor.
Erst recht, als Qhuinn auf die Füße sprang und zu Layla eilte.
Blay blieb, wo er war, und lehnte sich an die Schränke unter dem Waschbecken, die Knie angezogen, die Hände auf den Oberschenkeln. Obwohl es ihm das Herz brach, musste er den beiden zusehen. Mit unglaublicher Zärtlichkeit strich Qhuinn Layla das Haar aus der Stirn.
Dann raunte er ihr etwas zu, leise und ermutigend.
Bevor Blay es sich versah, war er draußen auf dem Flur und lief ziellos umher. So schwer es war, Mitgefühl von Qhuinn anzunehmen … zuzusehen, wie er es einem anderen spendete, war schlicht unerträglich – auch wenn die entsprechende Person es mehr als verdiente.
Der Gedanke, dass Layla in ihrer Triebigkeit genau das von Qhuinn bekommen hatte, was er in den letzten zwei Tagen genossen hatte, zerriss ihm das Herz – aber noch schlimmer war, dass das mit ihr einem biologischen Zweck gedient hatte. Sie war schwanger – und dank Payne würde es wohl dabei bleiben.
Im Grunde hatte er das Richtige getan, als er sich am Tag zuvor an Vs Schwester gewandt hatte. Vorausgesetzt, das war tatsächlich die Ursache für diese unglaubliche Wendung. Dennoch fühlte er sich entgegen aller Logik …
» Alles okay bei dir? «
Blay blieb wie angewurzelt stehen. Qhuinns Stimme zu hören kam überraschend. Er hätte erwartet, dass der Kerl bei der Auserwählten bleiben würde.
Er sammelte sich, vergrub die Hände in den Taschen, atmete tief durch und drehte sich um.
» Ja, alles okay. Ich dachte nur, ihr wollt vielleicht für euch sein. «
» Danke, dass du mich aufgefangen hast. « Qhuinn hob die Hände. » Keine Ahnung, was da drinnen los war. «
» Die Erleichterung. «
» Wahrscheinlich. «
Es folgte ein Moment der Befangenheit. Aber darin waren sie schließlich Experten.
» Hör zu, ich gehe zurück ins Haus. « Blay setzte ein Lächeln auf und hoffte, dass Qhuinn es ihm abkaufte. » Es ist schön, eine freie Nacht zu haben. «
» Ja, klar. Saxton wartet vermutlich
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