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Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)

Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)

Titel: Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Alec
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runzelte er die Stirn und tastete mit der Hand nach dem Hörer. Er drückte den Knopf der Stummschaltung, schloss die Augen und legte sich das Kissen auf den Kopf.
    Wieder klingelte ein Telefon, diesmal im Flur. Das Läuten wollte kein Ende nehmen. Dann war eine Nachricht zu hören.
    Erneut öffnete er ein Auge. Das Telefon klingelte erneut. Seine übergewichtige, verzogene Rhodesian-Ridgeback-Hündin sprang neben ihn auf das Bett und leckte ihm das unrasierte Gesicht.
    Jason schob das Tier beiseite.
    »Weg, Lulu!« Er stemmte sich schlaftrunken hoch und schaute auf die Uhr. Es war 6 . 00 Uhr in der Früh.
    Er stolperte aus dem Schlafzimmer in die Wohnküche, gefolgt von der treuen Lulu. Seufzend schaltete er seine Mailbox ein. Dann hörte er die Nachrichten ab.
    »Sonntag, 19 . 04 Uhr«, sagte die elektronische Stimme.
    »Ich bin in Schwierigkeiten …«, hallte Nicks Stimme durch den Raum. »… großen Schwierigkeiten, Jas…« Ein Zögern. » Wir sind in Schwierigkeiten. Onkel Lawrence hatte recht. Dad wurde ermordet, Jason.«
    Jason seufzte und öffnete den Kühlschrank, während Nicks Stimme immer lauter und dringlicher wurde.
    »Wir alle stecken da mit drin, Jason – unsere ganze Familie … du und ich … Du wirst es nicht glauben …«
    Jason nahm sich einen Orangensaft heraus. Er schüttelte den Kopf und goss sich ein Glas ein.
    »Jason, du musst mich anhören – ich habe alles fotografiert. Ich hab die Bilder an Weaver gemailt. Sie haben die Bundeslade. Adrian hat irgendeinen verrückten Deal mit den Israelis gemacht.«
    Jason setzte das Glas ab.
    »Jas, hör mir zu. Die Spritze war präpariert. Sie wollten mich umbringen. Mit Aids … Adrian ist mit drin ver – «
    Es gab ein seltsames statisches Geräusch, und die Nachricht brach ab.
    »Mein Gott, Nick, komm endlich mal in der Realität an.« Jason trank einen großen Schluck Orangensaft; anschließend stellte er eine Bratpfanne auf den Herd. Lulu sah ihn mit schräg gelegtem Kopf an.
    Jason bedachte die Hündin mit einem Stirnrunzeln, bevor er eine Scheibe Brot durchschnitt und die Hälfte mit Butter bestrich.
    »Sitz!«, befahl er.
    Sie schaute zu ihm auf. Ihre feuchten braunen Augen waren auf das Brot gerichtet, und ihr Schwanz wedelte hin und her. Dann schnappte sie sich ganz vorsichtig das Brot aus der ausgestreckten Hand. Jason kraulte sie hinter den Ohren. Dann schlug er zwei Eier in die Pfanne und betätigte erneut den Anrufbeantworter. Schwer ließ er sich auf einen Küchenstuhl sinken und nahm sich die New York Times von gestern vor.
    »Montag, 6 . 00 Uhr.«
    »Jason, ich bin’s, Mutter. Bitte ruf mich sofort zurück.«
    Jason blickte irritiert auf. Es war Lilian. Ihre Stimme klang beunruhigt.
    »Montag, 6 . 03 Uhr.«
    Wieder Lilian. »Jason.« Ihre Stimme zitterte. »Du musst mich sofort anrufen.«
    »Montag, 6 . 10 Uhr.«
    Jason ging zum Herd hinüber und drehte die Spiegeleier um. »Die ganze Welt spielt verrückt«, knurrte er.
    »Jason, ich bin’s noch mal, Mutter.« Ein langes Schweigen. Lilian klang seltsam, als hätte sie geweint. Ihre Stimme war so leise, dass Jason die Worte kaum verstehen konnte.
    »Es hat einen schrecklichen Unfall gegeben.«
    Wieder ein langes Schweigen.
    »Es geht um Nick … Jason … Sein Auto ist in der Normandie von der Straße abgekommen und einen Abhang hinuntergestürzt.«
    Jason stand da wie erstarrt.
    »Jason … Nick ist tot …«
    Jasons Brust verengte sich so heftig, dass er keine Luft mehr bekam.
    Der Pfannenwender entglitt seiner Hand und fiel klappernd auf die Marmorfliesen.
    Er schloss die Augen, doch es half nichts. Bilder bestürmten ihn: Nick als fünfjähriger Junge, der mit hellen grauen Augen von einer Landungsbrücke im New Yorker Hafen zu ihm aufblickte. Nick in der Highschool. Nick mit sechzehn zusammen mit Julia und ihm im Haus in Cape Cod. Nicks erster Tag in Oxford. Nick und er im heftigen Streit nach Lilys Unfall.
    Und danach gab es keinen Nick mehr. Jason hatte ihn aus seinem Leben getilgt.
    Wie in Zeitlupe rutschte er am Herd hinab. Tränen liefen ihm über das unrasierte Gesicht auf den Marmorboden. Er hatte keinen Blick für das Hausmädchen von der Agentur, das vor ihm stand und ihn alarmiert anstarrte, ebenso wenig wie für die besorgt jaulende Lulu.
    Dann – zum ersten Mal in seinem gesamten Erwachsenen-leben – verlor Jason De Vere alle Selbstkontrolle. Er schloss die Augen und barg den Kopf in den Händen.
    Und weinte wie ein kleines Kind.
     
     
    Kairo,

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