Sohn der Verdammnis: Die Chronik der Erzengel. Roman (German Edition)
Umdrehung und wartete. Ringsum herrschte Stille.
Plötzlich gab es einen ohrenbetäubenden Donnerschlag: Das riesige, pulsierende Kraftfeld des Portals von Schinar explodierte dreihundert Meter hoch in den Zweiten Himmel.
Charsoc lächelte. Es war genauso gekommen, wie er es vorausgesehen hatte. Ein flackernder, elektrisierender Riss zog sich über die gesamte Länge der kupfern schimmernden Fläche.
Das interdimensionale Kraftfeld war durchbrochen.
Tausende von pulsierenden elektromagnetischen Wellen zuckten über die Oberfläche des Tores. Der erloschene DNS -Umwandler des Feldes baute sich wieder auf.
Charsoc wandte sich um. Auf der Ebene, tausend Meter unterhalb des Tores, waren Michael und seine Königliche Garde aufgetaucht und hatten sich auf Astaroths Nachhut gestürzt. Während sich dort die Engel und die Gestürzten ein verbissenes Gefecht lieferten, rannten Sargon und seine Bataillone die riesige Treppe hinab und griffen von der Flanke her in die Schlacht ein. Mit wilder Wut stürzten sie sich zusammen mit Astaroth und seinen Kriegern in den Kampf, und Michaels Truppen wankten.
Sargon und achtzehn von seiner Horde umzingelten den Erzengel. Michael und seine Königliche Garde wehrten sich verzweifelt, doch Charsoc wusste, dass sie hoffnungslos in der Unterzahl waren. Er wusste jedoch auch, dass Gabriel seinem Bruder mit den Heeren des Ersten Himmels auf dem Fuße nachfolgen würde. Es konnte allenfalls noch Minuten dauern, bis die Heerschar der Engel auf dem Schlachtfeld erschien. Wenn er das Genom in die Welt des Menschengeschlechts schaffen wollte, dann musste er jetzt handeln. Die Zeit war knapp.
Charsoc nickte Dracul zu, dem Herrscher der Hexer des Westens und alten Anführer der Zeitlords. Die dreizehn Zeitlords hatten sich in einem Kreis aufgestellt und erhoben nun ihre schwarzen Mäntel. Knisternde grüne Blitze schossen aus den Fingerspitzen der Hexer und trafen den Riss im Kraftfeld. Die interdimensionale Schwelle des Portals begann sich zu öffnen.
Charsoc blickte zurück auf Michael, der trotz seiner heftigen Gegenwehr von Sargon und dessen Helfern die Stufen der Himmelstreppe emporgeschleift wurde. Oben angekommen, warf man ihn am Fuße des Kraftfelds brutal zu Boden.
Charsoc erhob sich siebzig Meter über Michael in die Luft. Dort schwebte er auf der Stelle, umgeben von den flammenden roten Wellen des Kraftfelds, während sein Körper in ultrahohen Frequenzen vibrierte.
Michael, zerschlagen und geschunden, musste von unten mit ansehen, wie Charsocs DNS vor seinen Augen umgewandelt wurde.
Die flammenden roten Wellen durchdrangen Charsocs fast drei Meter große Gestalt. Er schrumpfte auf bloße eins neunzig zusammen. Sein langer Bart verschwand, sein langes schwarzes Haar wurde silbern und kurz, seine blinden Augen bildeten Iris und Pupille aus, und er konnte jetzt sehen, so wie es die Menschen vermochten.
Dracul öffnete die Truhe und entnahm ihr die Phiole des heiligen Samens.
Michael konnte den Blick nicht davon wenden. Er hatte keinerlei Zweifel daran, was sie enthielt. Charsoc öffnete die Hand. Die Phiole flog hinauf in seine Finger – im selben Augenblick, als die interdimensionale Schwelle sich vollständig öffnete und Babylonien für den Zweiten Himmel sichtbar wurde.
Charsoc verschwand.
Sargon packte Michael mit einer seiner klobigen Pranken. In der anderen hielt er sein Breitschwert, dessen Klinge er an die Kehle des Erzengels legte. Der Rest von Sargons Horden umgab die in Ketten gelegten Krieger.
Er schielte zu Astaroth hinüber. Von seinen schwarzen Zahnstummeln sprühten dicke gelbe Speicheltropfen, als er den Mund öffnete.
»Bringen wir es zu Ende«, knurrte er. »Töten wir ihren Fürsten und Heerführer. In den Abgrund mit ihm!«
Michael sah zornerfüllt vom Boden zu Astaroth auf.
»Ihr brecht die Statuten des Ewigen Gesetzes!«, rief er, während er sich mit aller Kraft aus dem harten Griff Sargons zu befreien versuchte. »Astaroth! In diesem Augenblick reitet Gabriel mit den Heerscharen des Ersten Himmels herbei. Ergebt euch, solange ihr noch könnt …«
Astaroth stand stumm da, mit dem Rücken zu Sargon und Michael.
Sargon presste seine Schwertspitze in Michaels Kehle, bis eine blaue, blutähnliche Flüssigkeit über Michaels Hals rann.
»Astaroth …« Michael rang nach Luft. »Die Regeln … Du zumindest solltest wissen …«
»Leg deine Waffen nieder, Sargon.« Astaroths Stimme war leise. »Wir haben unsere Aufgabe erfüllt. Charsoc und die
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