SO!KIA: Die vergangene Zukunft (German Edition)

hinter allen Urahnenerzählungen.
    Was sie jedoch am ausgiebigsten abhandelten, war die Sache der durch die Lüfte reisenden, wandernden oder gleitenden Ahnen. Jenes glich Erzählungen der Mayas, Inkas und sogar christlichen, wie zum Beispiel die des Schwebens von Engeln bis zur Auferstehung des Jesus und sein „Auffahren“ in den Himmel.
    Nur eins erschien ihnen noch interessanter: der Zeitpunkt, zu dem die Urahnen der Anangu fliegen konnten. Bergson schätzte, dass dies sich so um die 40.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung, also während der Eiszeit in Europa, begeben haben musste.
    Der Kollege Walter schätzte auf mehr als 60.000. Beiden war jedoch klar, dass nur eine genauere Studie und vor allem das Einsammeln von Gesteinsproben und deren Analyse des heiligen Uluru ein besseres Gesamtbild ergeben würden.
    Am wichtigsten war jedoch, und darüber gab es keine ernsthafte Diskussion, die Erforschung dieser nächtlichen Erscheinung hoch oben im Felsen, dieses Lichts, das dem Schein aus einer offenen Zimmertür zum Verwechseln ähnelte.
    Der Trupp nahm den rotstaubigen Weg zurück bis an die Fahrzeuge in Angriff, während Bergson anhand der einzigen verwertbaren Landmarke, einem einzeln stehenden Baum, rechts unterhalb des von hier aus zu sehenden Felsmassives und dem höchsten Punkt, 348 Meter über null, per Handkompass fixierte.
    Es war der Punkt, den sie demnächst anzugehen gedachten.
    Der Fußmarsch gestaltete sich als beschwerlich und schweißtreibend.
    Roter, in alle Öffnungen eindringender rostroter Staub überall. Brennende Hitze.
    Eidechsen auf abwechselnd zwei Beinen, was Bo schon einmal in der afrikanischen Sahara gesehen hatte, oder war es die Kalahari?
    Flimmernde Luft und drastisch abnehmende Wasserreserven.
    Als die Gruppe endlich in der rasch zunehmenden Dunkelheit die beiden Fahrzeuge erreichte, fiel den erschöpften Weißen ein Stein vom Herzen. Den Anangu schien der Marsch nichts ausgemacht zu haben. Nicht einmal ihre weißen Körperbemalungen waren vom Schweiß verwischt.
    Bo Bergson testete gerade die Sendeleistung des UKW-Gerätes, als der Anangu-Anführer Jo ihn aufmerksamkeitserheischend am Hemdsärmel zupfte und mit ausgestrecktem Arm in den östlichen Nachthimmel wies.
    Bergson folgte mit den Blicken dem ausgestreckten Arm und sagte: „Herr Walter, sehen Sie dort am Himmel. Es scheint, dass dort ein kleines Flugzeug auf uns zusteuert, denn ich kann die beiden roten und grünen Positionslichter sowie das rote Blinklicht unter der Maschine recht gut erkennen!“
    Beide sahen in die Nacht und tatsächlich, in geringer Höhe unterschieden sie unter den klar leuchtenden Sternen die Positionslichter und im gleichen Augenblick hörten sie ein knackendes Geräusch aus dem Lautsprecher des UKWs, dem sogleich ein Anruf folgte.
    „Hier Cessna Alpha-Uniform-Sierra 133 Bravo-Echo, ich rufe zum letzten Mal die Herren Bergson und Walter. Sind Sie auf Empfang? Over!“
    „Hallo, Cessna, hier Bergson, wir sind auf Empfang, over!“
    „Bergson, hier Cessna, Pilot Winter, wo sind Sie genau, over?“
    „Angenehm, Herr Winter. Sehen Sie die Scheinwerfer der Wagen vor Ihnen, das sind wir. Over!“
    Jo war zu den Wagen gelaufen und hatte die Scheinwerfer eingeschaltet, deren Lichtkegel zwei unbeirrbare Kängurus in vielleicht fünfzehn Metern Entfernung anstrahlten.
    „Ich sehe die Scheinwerfer, aber landen kann ich nicht mehr. Es ist effektiv zu dunkel und das kann nur in einer Bruchlandung enden. Ich bin schon seit zwei Stunden auf der Suche nach Ihnen. Over!“
    „Können Sie die Ersatzteile abwerfen? Over!“
    „Ohne Fallschirme? Entweder wird daraus Mus oder sie sind später unauffindbar, da weit verstreut. Over!“
    Die Cessna zog mit lärmendem Gebrumm über die Köpfe der Gruppe am Boden. Das weiße Hecklicht vermischte sich mit den Sternen.
    „Was schlagen Sie vor, Herr Winter? Over!“
    „Ich fliege zurück nach Alice Springs und versuche es dann morgen bei Tageslicht noch einmal. Okay? Over!“
    „Okay, bis morgen dann und bringen Sie bitte noch eine Gesamtausrüstung zum Bergsteigen für drei Personen mit. Alles, was in Alice Springs aufzutreiben ist. Over!“
    Das Brummen der Maschine verlor mehr und mehr an Lärm. Zwischen den Sternen erkannten die Zurückgebliebenen nur noch schwach ein rotes Blinklicht.
    „Bergsteigerausrüstung, das wird teuer und wofür soll die gut sein? Over!“
    „Geld spielt hier eine untergeordnete Rolle. Wir wollen so bald wie möglich den Uluru besteigen.