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Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Titel: Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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nich!«
    Als Carla gegangen war, versuchte Elfriede, ihre Mutter aufzuheitern. »Nu reg dir man nich so uff, Muttchen. Weißt, wat Fritzchen jestern wieder jesacht hat?«
    »Na wat denn?« Fritz war Emmas Liebling.
    »Ik wollte, dat er sich die Hände wäscht, bevor er in die Schule jeht. ›Ik meld mir ja doch nich‹, hat der Lorbas jesacht.«
    »Erbarmung!«, rief Emma, ein Lieblingswort der Ostpreußen, das sich wie »Errbarrmunk« anhörte und bei jeder Gelegenheit ausgerufen wurde. Manchmal wurde daraus auch ein »Erbarmerche«. »Dat is mir ja man eener.« Für einen Moment hatte Emma ihren Kummer um Feodora vergessen. »Wat hat er denn noch so anjestellt?«
    »Kürzlich hat er ‘nen Aufsatz jeschrieben. Der Lehrer hat ihm ‘ne Fünf jejeben!«
    »Warum dat denn?«
    Elfriede musste so lachen, dass sie kaum weitersprechen konnte. »Er hat jeschrieben …« Wieder bekam sie einen Lachanfall. »… als meine Mutter die Kuh füttern wollte, merkte sie, dass sie ein Kalb bekam.«
    »Erbarmung!«, rief Emma immer wieder. »So ein Lorbas aber auch.«
    Als Carla Elfriede in der Küche abholte, fand sie zwei vergnügte Frauen vor, einen Teller Beetenbortsch und eine Flasche Schnaps vor sich, dem sie wohl schon reichlich zugesprochen hatten.
    »Na, Kindchen, willste nich och ’n Schlubberchen?« Emma bot Carla ihr volles Glas an. »Siehst man jar nich jut aus.«
    »Nein danke, so wie ich aussehe, fühle ich mich auch.« Carla musste lachen. »Aber schön, dass es dir wieder besser geht, Emma. Komm, Elfriede, lass uns aufbrechen. Ich will nach Hause.«
    Carla kam nun fast täglich nach Troyenfeld. Bald entwickelte sie für Feda, so nannten sie Feodora jetzt, die gleichen Muttergefühle wie vor fast vierzig Jahren für ihren Bruder. Manchmal begleitete Hanno sie. Dann ritten die Männer zusammen aus oder spielten eine Partie Schach, und sie kümmerte sich um das Kind. Über alles wurde gesprochen, nur nicht über Natascha. Im Stillen hoffte Carla, dass sie gar nicht mehr zurückkäme. Sollte sie doch in St. Petersburg bei ihrem heimlichen Geliebten bleiben! Carla war sich sicher, dass dies der Grund war, warum sie so lange wegblieb. Ihr Bruder würde schon darüber hinwegkommen und eine vernünftige deutsche Frau finden, die gut erzogen war, wie es sich gehörte, mit Verantwortungsgefühl für die Familie. Aber sie hütete sich, dies auszusprechen. Hin und wieder redete sie mit Elfriede darüber. Aber nur, wenn sie alleine waren und vor allem Hanno sie nicht hören konnte.
    Ab und an erheiterte Carla ihren Bruder mit Geschichten über Fritzchen, die sie von Elfriede gehört hatte. »Stell dir vor, kürzlich hat der Lehrer die Kinder in der Schule gefragt, welche Farbe das Wasser hätte.«
    »Sag bloß, Fritz hat sich mal gemeldet?«
    »Ja, stell dir vor, und der Fritz hat gesagt: ›Das Wasser hat gar keine Farbe. Bloß wenn ich meine Füße reinstelle, wird es schwarz.‹« Carla war glücklich, Leopold mal wieder lachen zu sehen.
     
    Es war Mitte Juli, als die Idylle ein Ende hatte. Carla kam heute etwas später als gewöhnlich nach Troyenfeld. Sie hatte einen Umweg über Insterburg gemacht, um eine schon seit längerer Zeit bestellte Silberrassel für Feodora abzuholen. Leopold saß auf der überdachten Terrasse, neben ihm schlief das Kind friedlich in seinem Körbchen.
    »Was ist passiert. Ist etwas mit Natascha?«, fragte Carla, als sie Leopolds ernstes Gesicht sah.
    »Ich habe ihr depeschiert, dass sie sofort nach Hause kommen soll.«
    »Aber warum denn? Es ist doch alles wunderbar so, wie es im Moment ist.« Carlas Gesicht war kreidebleich.
    »Du scheinst es noch nicht zu wissen«, sagte Leopold ruhig. »Frankreich hat Preußen den Krieg erklärt. Wie du weißt, bin ich Reserveoffizier. Morgen muss ich in meiner Garnison in Königsberg einrücken.« Er ging jetzt unruhig auf und ab. »Ich habe Natascha vor die Wahl gestellt. Entweder sie kommt sofort zurück und bleibt in Zukunft auch hier, oder ich lasse mich scheiden.«
    Für einen Moment herrschte Totenstille. »Und hat sie schon darauf geantwortet?« Carlas Stimme war nur ein Flüstern.
    »Eben kam ihre Antwort. Sie ist schon auf dem Heimweg.«
    Leopold war bereits in Uniform, als Carla am folgenden Tag in Troyenfeld ankam. Sie fand ihn in der Bibliothek, woer dem Haushofmeister und der Hausdame letzte Anweisungen gab. »Ich weiß, ich kann mich auf Sie verlassen«, hörte Carla ihn sagen. »Sollte ich nicht zurückkommen, haben mein Schwager, Baron von

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