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Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)

Titel: Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja Schulze-Lackner
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Limonade. »Wünschen die Frau Baronin noch etwas?«
    »Danke, Alfons. Ich bleibe noch eine Weile bei dem Komtesschen. Wenn die Hitze etwas nachgelassen hat, werde ich nach Hause reiten. Übrigens, haben Sie Nachricht, wann wir die Gräfin erwarten können?«
    »Nein, seit der Abreise des Herrn Grafen ist keine Depesche mehr eingegangen.«
    Mit einem Fächer versuchte Carla sich etwas Kühlung zu verschaffen. Kein Lüftchen regte sich, und in dem großen Park war außer den Schwänen, die auf dem Schlossteich ruhig ihre Bahnen zogen, niemand zu sehen. Sie sah hinab in das Pregel-Tal, wo die tief stehende Sonne den in der Ferne liegenden Fluss glitzern ließ wie eine Kette mit tausend Diamanten. Davor wogten Kornfelder, die mit leuchtenden Mohn- und Kornblumen durchsetzt waren, und auf den satten Weiden grasten Kühe. Unter den ausladenden Kastanien auf den eingezäunten Koppeln suchten die Pferde Schatten. Ab und an erhoben sich vom Rand eines kleinen Sees Kormorane, um sich gleich darauf etwas entfernt wieder im Schilf niederzulassen. Seit ihrer Kindheit liebte sie diesen Blick. Neben ihr im Körbchen lag Feodora, die zufrieden vor sich hin brabbelte und in den winzigen Händchen die silberne Rassel hielt. Was ist es doch für ein herrliches Land, unser Ostpreußen , dachte Carla. Was für eine Idylle! Und am anderen Ende des Kontinents wird gekämpft, sterben Männer. Warum können die Menschen bloß nicht in Frieden leben.
    Die Hitze hatte sie schläfrig gemacht.
    Plötzlich störten ungewohnte Geräusche die Ruhe. Pferde wieherten, Türen wurden geschlagen, und eine weibliche Stimme erteilte Befehle auf Russisch. Natascha war angekommen.
    Die Begrüßung fiel kühl aus. »Hattest du eine gute Reise?«, fragte Carla, die ihrer Schwägerin in der Halle entgegengegangen war.
    »Danke, nein. Es war entsetzlich, heiß und unbequem. Bei dieser Hitze sollte man gar nicht reisen!«
    Carla ging nicht darauf ein. »Du möchtest doch sicher Feodora sehen. Sie liegt in ihrem Körbchen auf der Terrasse.«
    »Erst muss ich ein Bad nehmen.« Natascha rief ihrer Zofe auf Russisch etwas zu. Wahrscheinlich sollte sie sich um das Badewasser kümmern, denn sie verschwand in Richtung der Hauswirtschaftsräume. »Wenn ich mich ausgeruht habe, werde ich meine Tochter begrüßen.«
    »Nachts pflegen Kinder zu schlafen«, erwiderte Carla spitz, »aber das wirst du ja bald wissen.« Sie war außer sich vor Wut. Genau so und nicht anders hatte sie es sich vorgestellt. Natascha würde immer eine Rabenmutter bleiben.
    Wie gewohnt ritt Carla am nächsten Tag wieder nach Troyenfeld. Sie fand das Kinderzimmer ausgeräumt, ein Dienstmädchen war dabei zu putzen. »Wo sind die Amme und das Kind?«, fragte sie.
    »Im Seitenflügel. Dat Weinen von dem Komtesschen hat die Frau Jräfin jestört. Hat nich schlafen können«, sagte das Dienstmädchen.
    »Und weißt du, wo die Gräfin jetzt ist?«
    »Schläft wohl noch.«
    Carla ging zu Emma in die Küche. Sie musste sofort mit jemandem reden und ihre Empörung loswerden.
    »Hast wohl schon jehört?«, begrüßte die alte Mamsell sie.
    »Ich koche vor Wut.« Carla sank auf einen Stuhl. »Ich bin nur froh, dass ich ihr nicht begegnet bin. Sie schläft noch.«Dankbar nahm sie einen Schluck von der kalten Limonade, die Emma ihr hingestellt hatte. »Wahrscheinlich wäre ich geplatzt und hätte schreckliche Sachen zu ihr gesagt.«
    »Der Steinle biste wohl och nich bejegnet?«
    »Nein, wieso?«, fragte Carla erstaunt.
    Emma atmete erleichtert auf. »Nu hör mir man jut zu.« Sie tätschelte Carlas Hand. »Ik werd dir jetzt wat sagen, wat ik eijentlich nich darf.«
    Eine Magd war mit einem Korb Holz hereingekommen. »Lass man stehen«, rief ihr die Mamsell zu. »Jeh in die Kühlkammer und hol die Pastete für die Frau Jräfin.« Sie wollte nicht, dass jemand anders hörte, was sie Carla zu sagen hatte. »Die Steinle war jestern Abend hier. Janz booßig war se.«
    »Warum war sie denn so wütend?«, fragte Carla erstaunt.
    »Also die Jräfin hat ihr jestern jerufen und Anweisung jejeben …« Sie blickte Carla bekümmert an. »Also die Steinle soll dir sagen, dat de dat Komtesschen nich weiter so beschettern sollst.«
    »Was heißt denn beschettern?«
    »Nu, sie findet, dat du dir zu übertrieben um dat Kindchen kümmerst.«
    Carla war fassungslos. »Du meinst, sie hat das wirklich gesagt?«
    »Ja. Die Steinle soll dir och noch ausrichten, dat et nich nötig is, jeden Tach hier zu erscheinen. Der Steinle is

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