Solang es Träume gibt: Das Leben einer ostpreußischen Gräfin (German Edition)
angebrachter!« Feodora erhob sich. »Ihr könnt meinem Bräutigam ausrichten, dass ich es kaum erwarten kann, Troyenfeld zu verlassen. Die Hochzeit kann also in Bälde stattfinden.«
An der Tür drehte sie sich noch einmal um. »Bis dahin werde ich auf Buchenhain wohnen.« Sie lächelte kühl. »Und nach meiner Hochzeit möchte ich euch nie wiedersehen. Nie mehr!«
Carla und Julia saßen bei einem leichten Imbiss im Gartenpavillon. Sie waren bester Laune. Sie hatten einen ausgiebigen Morgenritt hinter sich, als es noch angenehm kühl war. Inzwischen brannte die Sonne von einem wolkenlosen Himmel, und kein Lüftchen regte sich. Julia versuchte, sich mit einem Fächer etwas Kühlung zu verschaffen. »Wenn es soheiß bleibt, kann ich unmöglich mit den Kölichens Tennis spielen«, stöhnte sie.
»Die kommen ja erst gegen Abend«, erwiderte Carla lachend, »da wird es wesentlich kühler sein. Wir brauchen Bewegung, meine Liebe, sonst rosten wir ein.«
In dem Moment stürmte Feodora herein.
»Feda, Liebling, wie schön, dass du uns so schnell besuchst«, rief Carla erfreut. »Bist du nicht gestern erst aus Königsberg zurückgekommen?«
»Was ist mit dir? Du bist ja ganz blass.« Julia strich Feodora liebevoll die Locken aus der verschwitzten Stirn.
Anstatt zu antworten, fragte Feodora: »Kennt ihr einen Baron von Harden?«
»O Gott, ja!«, riefen die beiden Damen. »Dieser schreckliche Parvenü!« Carla verzog das Gesicht. »Den mussten wir schon mal ertragen. Er scheint ein Liebling deiner Mutter zu sein. Was ist mit ihm?«
»Ich muss ihn heiraten.«
»Was heißt: du musst?« Carla und Julia starrten Feodora entsetzt an. »Du kennst ihn doch kaum.«
»Das scheint meine Eltern nicht zu stören. Sie haben mich an ihn verkauft!«
»O mein Gott …« Carla schlug die Hände vors Gesicht. »Das ist ja ungeheuerlich«, stammelte sie. »Wie können sie dir das nur antun?«
»Das frage ich mich auch«, sagte Feodora mit leiser Stimme, »aber ich finde keine Antwort darauf.«
Julia hatte sie in den Arm genommen. »Mein armes Kind«, sagte sie immer wieder, »wenn ich dir doch nur helfen könnte.«
»Mir kann keiner helfen«, erwiderte Feodora, »aber darf ich bis zu meiner Hochzeit auf Buchenhain bleiben?«
Carla strich ihr über den Kopf. »Natürlich, Liebes. Bleib erst mal hier, und dann sehen wir weiter.«
Als gegen Abend die Kölichens kamen, war an ein Tennismatch nicht mehr zu denken. Feodora hatte sie nur kurz begrüßt und war dann zu Bett gegangen.
»Was ist mit ihr?«, fragte Lieselotte neugierig. »Sie sieht ja ganz bleich aus. Und wieso ist sie nicht bei ihren Eltern auf Troyenfeld, sie ist doch gerade erst aus Königsberg zurückgekommen?«
Carla und Julia sahen sich bedeutungsvoll an. »Nun, ihr würdet es sowieso bald erfahren. Das arme Kind soll heiraten. Heinrich von Harden, einen zweiundvierzig Jahre älteren Mann! Stellt euch das mal vor! Sie ist verzweifelt.«
»Na, da machen die Eltern ja ein gutes Geschäft«, sagte Kölichen sarkastisch. »Tochter gegen Schloss. Ich habe gerade erfahren, dass dieser Mann es war, der die Schuldscheine von Leopold aufgekauft und gegen das Schloss eingetauscht hat. Wie ich aus sicherer Quelle weiß, lässt er demnächst Gebäude und Park sanieren.«
»Also ist die ganze Sache mit der Hochzeit schon lange ein abgekartetes Spiel!« Carla war außer sich.
»Niemals hätte ich Leopold das zugetraut.« Kölichen goss sich einen großen Cognac ein. »Von der Heirat höre ich allerdings zum ersten Mal. Aber es wundert mich nicht. Dieser Harden macht nichts umsonst. Wenn Feodora sich weigert, stehen die Troyenfelds auf der Straße.« Er senkte seine Stimme. »Von einem Vertrauten bei meiner Bank habe ich außerdem erfahren, dass seit einiger Zeit monatlichein ansehnlicher Betrag auf das Konto von Troyenfeld eingeht. Allerdings hat nur Natascha darüber Verfügungsgewalt.«
»Wie?«, rief Carla. »So weit ist es mit meinem Bruder schon gekommen. Er ist damit ja sozusagen entmündigt.«
»Nun, wenn du bedenkst, dass er es war, der die Familie in diese Situation gebracht hat, kann ich Natascha sogar verstehen. Leopold würde das Geld doch sofort wieder verspielen. Und dann wäre das Opfer seiner Tochter auch noch ganz umsonst.«
Feodora schien über Nacht erwachsen geworden zu sein. Sie wies Irma an, alle ihre persönlichen Sachen zu packen und am Tag der Hochzeit damit nach Gut Eichen in Masuren zu fahren, wo auch sie drei Wochen später nach ihrer
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