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Solange am Himmel Sterne stehen

Solange am Himmel Sterne stehen

Titel: Solange am Himmel Sterne stehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Harmel
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was mit den Menschen passiert ist.«
    »Und wie sieht es damit aus, Alain zu finden? Den Namen, der nicht in Ihrer Datenbank steht?«
    »Das ist schon schwieriger«, sagt sie. »Wenn er nicht deportiert wurde, dann haben wir vermutlich keine Unterlagen über ihn. Aber Sie können gern herkommen und unsere Unterlagen durchsehen. Es gibt hier einen Bibliothekar, der Ihnen dabei helfen wird. Vielleicht werden Sie ihn ja finden.«
    »Nach Paris kommen?«, frage ich.
    » Oui «, sagt sie. »Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.«
    »Danke«, murmele ich. » Merci beaucoup .«
    » De rien «, erwidert sie. »Dann werden wir Sie vielleicht bald sehen?«
    Ich zögere nur einen Moment. »Ja, vielleicht werden Sie mich bald sehen.«
    Ich bin so erschüttert von den Ergebnissen meiner Suche – und von dem Gespräch mit der Frau in der Gedenkstätte –, dass ich spät dran bin, die Sterntörtchen in den Ofen zu schieben und die Mandel-Rosen-Törtchen vorzubereiten. Das sieht mir gar nicht ähnlich; die strenge Einhaltung meiner Morgenroutine hilft mir an den meisten Tagen, nicht den Verstand zu verlieren. Und daher bin ich, als der Wecker in der Backstube schrillt und mich erinnert, dass es sechs Uhr und an der Zeit ist, die Ladentür aufzuschließen, ungewohnt durcheinander.
    Ich laufe rasch nach vorn – und sehe zu meiner Verblüffung Gavin geduldig vor der Tür stehen. Als er mich durch die Scheibe sieht, lächelt er und hebt eine Hand zum Gruß. Ich sperre die Tür auf. »Warum hast du denn nicht geklopft?«, frage ich, während ich die Tür aufdrücke. »Ich hätte dich doch hereingelassen.«
    Er folgt mir in den Laden und sieht zu, wie ich das »Geöffnet«-Schild umklappe. »Ich stehe noch nicht lange da«, sagt er. »Außerdem machst du um sechs auf. Es erschien mir nicht richtig, dich vorher zu stören.«
    Ich fordere ihn mit einer Handbewegung auf, mir zu folgen. »Ich habe Törtchen im Ofen. Entschuldige, ich bin heute ein bisschen spät dran. Kaffee?«
    »Gern«, sagt er.
    Er bleibt an der Theke stehen, und ich fordere ihn noch einmal auf, mir nach hinten in die Backstube zu folgen. »Kann ich dir bei irgendwas helfen?« Er krempelt die Ärmel hoch, als wäre er schon bereit loszulegen.
    Ich schüttele lächelnd den Kopf. »Nein, schon gut«, sage ich. »Es sei denn, du kannst die Uhr zurückdrehen, damit ich wieder im Zeitplan bin.«
    Ich mahle eine Tasse Kaffeebohnen, und als ich mich umdrehe, sehe ich verblüfft, wie Gavin Wasser in die Kaffeemaschine füllt und eine Tüte in den Filter steckt, ganz als wäre er hier zu Hause.
    »Danke«, sage ich.
    »Harter Morgen?«
    »Seltsamer Morgen. Ich habe deine E-Mail bekommen. Danke.«
    »War es hilfreich?«
    Ich nicke. »Ich war eine ganze Weile auf diesen Webseiten.«
    »Und?«
    »Und ich habe von der Liste meiner Großmutter alle Namen bis auf einen gefunden.« Ich schütte das Kaffeepulver in den Filter, und Gavin schaltet die Maschine ein. Wir schweigen einen Moment, während die Maschine zu blubbern und zu zischen beginnt. »Alain konnte ich nicht finden. Aber die anderen wurden alle deportiert. 1942. Die Jüngste war gerade mal fünf. Die Mutter war nicht viel älter, als ich heute bin.«
    Ich hole einmal tief Luft, und dabei spüre ich ein Zittern in meiner Brust. »Ich bin noch immer nicht überzeugt, dass es wirklich die Familie meiner Großmutter ist.«
    »Warum nicht?«
    Auf einmal bin ich verlegen und weiche seinem Blick aus. »Ich weiß nicht. Das würde alles ändern.«
    »Was würde es ändern?«
    »Wer meine Großmutter ist.«
    »Eigentlich nicht.«
    »Es ändert, wer ich bin«, füge ich leise hinzu.
    »Tut es das?«
    »Dadurch wäre ich zur Hälfte jüdisch. Oder zu einem Viertel, nehme ich an.«
    »Nein«, sagt Gavin. »Es würde nur heißen, dass du dieses Stück ihrer Vergangenheit die ganze Zeit in dir hattest. Es würde heißen, dass du schon immer zu einem Viertel jüdisch gewesen bist. Es würde nichts daran ändern, wer du wirklich bist.«
    Auf einmal fühle ich mich, als würde ich mit einem Therapeuten reden, und das gefällt mir nicht. »Wie auch immer«, sage ich. Die Kaffeekanne ist erst halb voll, aber ich schnappe sie mir trotzdem, um Gavin eine Tasse einzuschenken, während ich das Thema wechsle. »Du bist heute Morgen früher dran als sonst.«
    Sobald mir die Worte über die Lippen kommen, wird mir bewusst, dass es klingt, als überwachte ich ihn. Meine Wangen beginnen zu glühen, aber Gavin scheint es nicht zu bemerken.
    »Ich

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