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Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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weißt du, es ist nämlich so«, fuhr er fort. »Ich bleibe nicht mehr ewig hier. Ähm … na ja«, er stockte kurz, um tief durchzuatmen, »das soll jetzt natürlich nicht heißen, dass dich das überhaupt interessieren könnte, aber noch knapp ein Jahr, dann zieh ich weg.«
    Ich schaute ihn irritiert an. Zunächst einmal war ich unendlich erleichtert, dass es nicht um das blonde Mädel ging. Aber dann wurde mir klar, was er da eigentlich gesagt hatte. Ein Jahr. Was auch immer mit uns sein würde, es konnte nur für ein Jahr so sein. Hatte ich das richtig verstanden?
    »Warum sagst du nichts?« Seine Stimme klang ganz sanft und irgendwie auch ein wenig besorgt.
    Ich hob kurz die Hände und ließ sie direkt wieder fallen. »Weiß nicht.«
    Er lächelte mich an. Mit seinem unglaublichen Grübchenlächeln.
    »Was weißt du nicht? Ob du dich jetzt noch mit mir treffen möchtest?«
    Erneut hob ich die Hände und schwieg. Dabei hätte ich so viel zu sagen gehabt. Mir ging dermaßen viel durch den Kopf, dass es mir unmöglich war, einen klaren Gedanken zu fassen, geschweige denn von mir zu geben.
    »Anna, ich würde mich wirklich gern nachher mit dir treffen«, sagte er.
    Ich nickte. »Ich auch, Jérôme.«
    Dann wandte er sich um und ich ging wie in Trance nach Hause.
    Claudia empfing mich in der bereits geöffneten Haustür.
    »Hi, Schatz«, strahlte sie mich an. »Schau mal, was ich hier für dich habe.« In ihrer Hand hielt sie einen kleinen blauen Umschlag, mit dem sie in der Luft herumwedelte.
    »Der Vorschuss für dein neues Buch?«, murmelte ich trocken.
    Claudia schüttelte den Kopf. »Unsinn. Dann würde ich ja wohl nicht sagen, was ich für
dich
habe, oder?«
    Ich wollte allein sein. Dringend. Ich musste mir in Ruhe Gedanken über alles machen. Und deshalb gingen mir Claudias gute Laune und ihr blödes Rumgefuchtel tierisch auf den Geist.
    »Gib ihn mir einfach oder lass es sein«, fuhr ich sie an.
    Besorgt legte sie die Stirn in Falten. »Oje, es ist wohl wieder nicht so gut in der Schule gelaufen, was?«
    Doch bevor ich antworten konnte, hielt sie mir den Brief unter die Nase. »Hier habe ich etwas, was deine Stimmung vielleicht ein bisschen anhebt.«
    Ich seufzte resigniert. »Okay«, sagte ich lahm, »was ist das denn nun für ein sensationeller blauer Umschlag?«
    Meine Mutter platzte fast vor Freude. »Eine Einladung! Konstantin Krause, der Sohn des Bürgermeisters, feiert seinen Geburtstag. Er veranstaltet eine große Party und du sollst auch kommen. Er hat die Karte vorhin sogar persönlich abgegeben. Scheint ganz okay zu sein, der Junge. Seinem Vater gehört das große Büromöbelwerk im Nachbarort. Du weißt doch,
Krause-Büromöbel
. Da fahren wir immer dran vorbei, wenn wir in die Stadt wollen.«
    »Wie, der ist hier höchstpersönlich aufgekreuzt und hat ’ne Einladungskarte für mich abgegeben? Ich kenne den Typen doch gar nicht«, wunderte ich mich.
    »Tja, er sagte, es wäre hier so üblich, dass man die Karten persönlich verteilt, und ich fand das eigentlich auch eine nette Geste«, erklärte Claudia. »Ich hab ihn sogar auf einen Kaffee hereingebeten.«
    »Was hast du?«, rief ich fassungslos.
    »Jetzt beruhige dich mal, Anna. Was ist denn daran bitte so schlimm? Ich glaube, das hat der auch irgendwie von mir erwartet. Das macht man hier wohl so. Mal einen Kaffee, beim nächsten ein Stück Kuchen oder einen Saft.«
    »Wenn du meinst«, brummte ich.
    »Na klar, das ist doch gerade das Schöne am Landleben. Hier werden Kontakte noch persönlich gepflegt.«
    »Aha«, erwiderte ich nur.
    Kein Plan, was ich von der ganzen Aktion halten sollte. Ich fand einfach nur, dass die Einladung dieses Konstantins irgendwiekomisch war. Aber vielleicht war ich wegen Jérôme auch noch völlig neben der Spur.
    Schweigend nahm ich den Umschlag und betrachtete ihn.
    »Du gehst doch hin?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ich kenne den doch gar nicht. Und die anderen auch nicht. Mal sehen.«
    »Das wäre eine gute Gelegenheit für dich, die Jugendlichen im Dorf kennenzulernen.« Meine Mutter lächelte mich an.
    »Ich hab doch gesagt, ich überlege es mir.«
    »Ist ja schon gut.« Claudia hob beschwichtigend die Hände. »Mannomann, hast du eine Laune.« Damit verzog sie sich in ihr Arbeitszimmer, und ich beschloss, Jérôme später nach diesem Konstantin zu fragen. Dann konnte ich immer noch entscheiden, ob ich Lust auf die Party hatte oder nicht.

6.
    Pünktlich um vier klingelte es an der Haustür.

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