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Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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unzählige kleine Schnipsel.
    Dann rappelte ich mich vom Bett auf, ging mit schweren Schritten ins Badezimmer, putzte mir so lange die Zähne, bis der schleimigsüße Schokoladengeschmack verschwunden war, und stampfte in mein Zimmer zurück. Mit einem entschlossenenRuck zog ich die Vorhänge zu, pellte mich aus meinen Klamotten und schmiss mich aufs Bett.
    Wie ätzend ungerecht das Leben doch ist, war der letzte Gedanke, der mir durch den Kopf schwirrte, bevor ich einschlief.

10.
    Jérômes Onkel kam quer über den Hof direkt auf ihn zugehetzt.
    »Ich dachte schon, die wollte gar nicht mehr nach Hause fahren«, blaffte er Jérôme an. »Ich muss mit dir reden. Dringend.«
    »Was?«, fragte Jérôme verwirrt.
    Udo sah furchtbar aus. Seine Haare waren strähnig, sein Gesicht glühte und seine Augen hatten einen fiebrigen Glanz.
    »Jetzt auf der Stelle. Komm, du musst mir helfen.«
    »Wobei?« Auf Jérômes Stirn bildete sich eine steile Falte.
    »Mach schon, in die Werkstatt mit dir«, forderte Udo ihn auf und hetzte los. Jérôme folgte ihm, obwohl sich alles in ihm dagegen sträubte. Der Umgangston zwischen ihm und seinem Onkel war noch nie besonders freundlich gewesen. Udo hatte von Anfang an kaum ein nettes Wort für ihn übrig gehabt, und Jérôme wurde den Verdacht nicht los, dass sein Onkel irgendwie eifersüchtig auf ihn war.
    Aber so wie heute hatte Jérôme ihn noch nie erlebt. Kaum waren sie in der Werkstatt angelangt, schloss Udo die Tür undließ sich an dem Holztisch nieder, der an der hinteren Wand stand. Es roch nach Schweiß und kaltem Zigarettenrauch. Auf dem Tisch entdeckte Jérôme eine fast leere Schnapsflasche, daneben einen angeschlagenen Unterteller mit mindestens zwei Dutzend ausgedrückten Kippen. Angeekelt verzog er den Mund.
    »Setz dich!«, befahl Udo mit rauer Stimme.
    Jérôme zog einen der klapprigen Holzschemel unter dem Tisch hervor und ließ sich langsam darauf nieder.
    »Ich stecke in der Klemme. Und nur du kannst mir da raushelfen.« Udo kramte eine zerknitterte Zigarettenschachtel aus seiner Hemdtasche hervor und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, ohne sie jedoch anzuzünden. »Ich habe Ella versprochen, damit aufzuhören.«
    Jérôme blickte mit hochgezogenen Augenbrauen auf den von Kippen überquellenden Unterteller. »Wie man sieht, mit Erfolg.«
    Doch Udo überhörte seinen Kommentar. »Ich habe vor einigen Wochen einen neuen Traktor bestellt und die Hälfte angezahlt. Jetzt ist die zweite Rate fällig, aber ich muss für den Typ, von dem ich das Geld dafür bekommen sollte, noch eine Sache erledigen.«
    Jérôme stand auf. »Und wie soll ich dir da bitte schön behilflich sein? Denkst du etwa, ich bitte meine Mutter, dir noch mehr Geld zu überweisen?«
    Udo knallte die Hand auf den Tisch und fegte mit einer schnellen Bewegung die Flasche und den Unterteller von der Platte. Die Flasche zersprang auf dem harten Steinboden in tausend Scherben. Asche wirbelte durch die Luft, Zigarettenkippen verteilten sich im Raum.
    Jérôme zuckte kaum merklich zusammen.
    »Darum geht es doch gar nicht! Wenn ich nicht mache, was die von mir verlangen, dann werden sie Ella was antun!«, schrie Udo.
    »Wer sind die?«
    Jérômes Onkel fuhr sich fahrig durchs Haar. »Hab mich da auf was eingelassen … erst lief auch alles ganz gut, aber dann gab es auf einmal Probleme, und die haben mir die Pistole auf die Brust gesetzt.«
    »Und was hat das alles mit Ella und mir zu tun?«
    Udo holte tief Luft.
    Jérôme war sich sicher, dass sein Onkel jeden Moment wieder ausrasten würde. Doch plötzlich schlug er sich die Hände vors Gesicht und fing an zu weinen.
    »I-ich wollte das … das alles nicht. Ich wollte doch nur den Hof nicht verlieren«, schluchzte er.
    Jérôme war völlig perplex. Mit allem hatte er gerechnet, aber nicht damit, dass Udo vor seinen Augen in Tränen ausbrechen würde.
    »Beruhig dich erst mal«, murmelte er betreten.
    Langsam ließ Udo die Hände sinken. Seine Augen waren blutunterlaufen.
    »Du musst mir helfen«, flehte er Jérôme an. »Du musst ein paar Botengänge für die übernehmen. Die fackeln mir sonst den Hof ab …«
    »Hat das Ganze was mit deinen nächtlichen Ausflügen zu tun?«
    Udo nickte schwach und Jérôme schluckte. »Bist du in kriminelle Geschäfte verwickelt?«
    Wieder nickte Udo.
    »Wieso hast du dich denn auf so was eingelassen?«, entfuhr es Jérôme.
    Udo schaute ihn mit wutverzerrtem Gesicht an. »Deine arrogante Art geht mir so was von

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