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Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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entfuhr es mir.
    Claudia sprang so ruckartig auf, dass der Stuhl laut über den Boden quietschte. Einen Schritt vor mir blieb sie stehen und musterte mich von Kopf bis Fuß.
    »Gott sei Dank ist dir nichts passiert«, stieß sie flüsternd hervor. Dann zog sie mich in die Arme und blieb so einen Moment regungslos stehen.
    »Ich habe dir doch am Telefon gesagt, dass du dir keine Sorgen machen musst.« Behutsam versuchte ich, mich aus ihrer Umarmung zu lösen.
    »Wo ist denn Carsten?«
    Claudia antwortete nicht. Ihr Blick fiel auf Jérôme.
    »Guten Morgen«, murmelte er.
    Meine Mutter ging mit steifen Schritten zur Tür, blieb kurz im Türrahmen stehen und sagte, ohne sich dabei umzudrehen: »Ich mache mich eben frisch. Holt euch doch schon mal Tassen und Teller raus. Dann können wir gleich zusammen frühstücken.«
    Jérôme schaute mich verblüfft an und ich zuckte mit den Schultern.
    »Bislang reagiert sie doch ziemlich cool«, fand er.
    »Ich weiß nicht«, sagte ich. »Für meine Begriffe ist sie zu cool.« Das war die Ruhe vor dem Megasturm, davon war ich überzeugt.
    Kurz darauf kam Claudia wieder in die Küche zurück.
    »Wollt ihr Kaffee trinken oder Tee?«, fragte sie lächelnd. Dann fügte sie erstaunt hinzu: »Ihr habt euch ja noch gar kein Geschirr geholt.« Sofort wandte sie sich um und kramte Teller und Tassen aus dem Schrank hervor.
    »Bitte schön!«, rief sie übertrieben heiter. »Und warum steht ihr hier immer noch so herum? Setzt euch doch!«
    Ich kaufte ihr ihre Fröhlichkeit nicht ab.
    »Claudia, hör mal«, begann ich und rührte mich nicht von der Stelle. »Es tut mir leid, wirklich. Ich wollte dich nicht anlügen, und auf keinen Fall wollte ich, dass ihr euch Sorgen um mich macht. Das musst du mir glauben …« Ich stockte und warf Claudia einen fassungslosen Blick zu, weil sie immer noch unermüdlich zwischen Tisch und Küchenschränken hin und her wuselte. »Sag mal, hörst du eigentlich, was ich dir sage?«
    »Klar doch. Aber gerade habe ich eigentlich keine Lust, mit dir darüber zu reden.«
    Ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen. »Möchtest du denn überhaupt nicht wissen, was los war?«
    Claudia blieb stehen, atmete tief durch und sagte dann scharf: »Wenn ich ehrlich bin, dann möchte ich im Moment überhaupt nichts wissen.«
    »Und warum nicht?«, fuhr ich sie an.
    Claudia warf mir einen warnenden Blick zu. »Lass es gut sein.«
    »Nein, das werde ich nicht«, erwiderte ich trotzig.
    »Anna!« Claudias Stimme wurde schrill. Sie ballte die Hände zu Fäusten.
    Ich wusste genau, dass ich nun besser aufhören sollte, aber ich konnte einfach nicht anders. »Was soll das?«
    Sie riss die Augen auf. »Verdammt noch mal«, schimpfte sie los. »Begreif es doch endlich. Ich bin fast umgekommen vor Sorge. Du bist sechzehn, Anna. Sechzehn! Ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan. Ich bin total fertig und stinksauer auf dich und genau diese Art von Ausraster …« Sie stockte, holte tief Luft und schlug dann so heftig mit der Faust auf den Küchentisch, dass das Geschirr schepperte. »… wollte ich vermeiden.«
    Ich hielt die Luft an. Auch Jérôme schien plötzlich erstarrt zu sein.
    Claudia schüttelte den Kopf und stürmte zur Küchentür hinaus.
    »So hab ich sie noch nie erlebt.« Langsam fand ich meine Sprache wieder.
    Jérôme schaute mich unsicher an. »Ich geh jetzt wohl besser, oder?«
    Ich seufzte. »Ich verstehe das alles nicht. Erst will sie nicht reden und dann flippt sie völlig aus, das ist …«
    »Vielleicht hättest du sie einfach in Ruhe lassen sollen«, sagte Jérôme.
    Ich hatte keine Gelegenheit, etwas darauf zu erwidern, denn Claudia kam in die Küche zurück. Sie wirkte wieder gefasster, hatte sogar etwas Make-up aufgetragen und lächelte mit schmalen Lippen.
    »Okay, dann noch mal von vorn«, sagte sie, setzte sich an den Küchentisch und gab Jérôme und mir mit einem Nicken zu verstehen, es ihr gleichzutun.
    Zögernd kamen wir ihrer Aufforderung nach.
    Dann räusperte meine Mutter sich und sagte mit dünner Stimme: »Eigentlich wollte ich damit warten, bis Carsten zurück ist.«
    »Wo ist er denn?«, wagte ich zu fragen.
    »Er sucht dich. Schon seit Stunden.«
    »Oh«, murmelte ich betroffen.
    »Keine Sorge, er weiß Bescheid, dass du zu Hause bist. Ich habe ihn gerade auf dem Handy angerufen.«
    Als ob er nur auf sein Stichwort gewartet hätte, wurde die Haustür aufgeschlossen und mein Vater stand in der Küche.
    »Na, auf die Erklärung bin ich mal

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