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Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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Drogen zu tun. Das hätte ich doch mitbekommen. So etwas traute ich ihm einfach nicht zu.
    Dennoch rumorte da etwas in mir, das ich nicht wahrhaben wollte, wofür ich mich schämte. Ein kleiner Hauch von Unsicherheit … und Misstrauen.
    »Wie auch immer«, fuhr Böttcher mit betont sachlicher Stimme fort. »Du wärst nicht die Erste, die sich in jemandem getäuscht hätte. Aber jetzt schildere uns bitte, wann du dich an diesem Abend von Jérôme getrennt hast. Ist dir irgendetwas an ihm aufgefallen? Hat er etwas gesagt, das darauf hindeutete, dass er sich noch mit jemandem treffen wollte?«
    Ich war wie vom Donner gerührt.
Ich muss noch was erledigen
, hallten Jérômes Worte in meinem Kopf wider.
    »Anna«, redete nun auch meine Mutter auf mich ein. »Denk genau nach. Hat Jérôme dir etwas gesagt? Du möchtest doch, dass derjenige geschnappt wird, der ihm das angetan hat, oder?«
    Ich schaute sie mit leerem Blick an und plötzlich, so als ob ein kleiner Schalter in meinem Kopf umgelegt würde, der endlich wieder Ordnung in mein Gedankenchaos brachte, wusste ich die Antwort. »Nein«, sagte ich. »Er hat nichts gesagt. Alles war völlig normal. Keine Ahnung, woher die Drogen kamen, Jérôme hat nichts …«
    »Okay«, fiel mir Böttcher ins Wort. »Wenn das alles ist, was du uns dazu sagen kannst, dann werden wir jetzt mal deine Angaben überprüfen.«
    Er erhob sich und sein Kollege tat es ihm gleich. »Sie hören dann von uns«, wandte er sich an meine Mutter.
    Claudia begleitete die beiden hinaus. Ich nickte nur kurz, als Jansen und Böttcher sich von mir verabschiedeten und mir einschärften, mich bei ihnen zu melden, falls mir noch irgendetwas einfallen würde, was in diesem Fall von Bedeutung sein könnte.
    Dann war ich endlich mit meinen Gedanken allein.
Vertraust du mir, Anna?
, hatte Jérôme mich gefragt und ich hatte Ja gesagt. Und jetzt saß ich hier und zweifelte an ihm.

    Jérôme hatte das Gefühl, aus einem traumlosen Schlaf zu erwachen. Er brauchte einen Augenblick, bis ihm klar wurde, warum es so dunkel um ihn herum war. Immer wieder mussteer dagegen ankämpfen, dass seine Gedanken abdrifteten, wegschwammen, um von einer riesigen Welle Nichts davongetragen zu werden.
    Er musste sich konzentrieren, musste herausfinden, was passiert war.
    Wortfetzen waren zu ihm durchgedrungen.
Koma, Hirntrauma, Frakturen
. Worte, die er kannte und die doch keine Bedeutung für ihn hatten. Und immer dieses gleichmäßige Piepen, dieser stetige Ton, der alles überdeckte und ihn manchmal fast in den Wahnsinn trieb.
    Er glaubte, die Stimme seiner Mutter gehört zu haben und auch Annas. Meinte sich zu erinnern, dass Anna seine Hand gestreichelt hatte. Aber wann war das eigentlich gewesen? Vor wenigen Minuten? Oder waren seitdem Stunden vergangen? Tage, Wochen, Monate?
    Wie lange befand er sich schon in diesem Zustand?
    Und was war davor gewesen?
    Ein kleiner heller Blitz drang zu ihm durch. So als ob jemand die Wand aus Dunkelheit für einen Sekundenbruchteil zur Seite geschoben hätte.
    Jérômes Herzschlag beschleunigte sich. Er spürte, wie eine Spannung durch seinen tauben Körper ging. Ein Anflug von irgendetwas. Fetzen von Erinnerungen. Grelle Bilder, die an ihm vorbeirauschten.
    Ein Mädchen in der Dunkelheit. Sie rannte direkt auf ihn zu.
    War das Anna?
    Sie kam immer näher, schien ihm etwas zuzurufen, doch der Wind verschluckte ihre Worte.
    Jetzt hatte sie ihn fast erreicht. Er sah lange hellblonde Haare und ein schneeweißes, angstvoll verzerrtes Gesicht.
    Das ist nicht Anna, dachte er und war enttäuscht und gleichzeitig erleichtert.
    »Hilfe!«, rief sie. »Bitte hilf mir doch.«
    Alles, was er sah, waren ihre großen, weit aufgerissenen Augen. Sie keuchte schwer.
    »Halt ihn auf. Tu doch was. Du musst ihn aufhalten.«
    Jérôme verstand nicht. Wen sollte er aufhalten? Wovor flüchtete das Mädchen?
    Dann sah er den Schatten, und auf einmal glaubte er zu wissen, wovor das Mädchen Angst hatte, meinte zu erkennen, wer sie verfolgte.
    »Hilf mir doch! Du musst ihn aufhalten. Hörst du?!«
    Der Schatten kam immer näher. Jérôme versuchte, ihm ins Gesicht zu blicken. Auszumachen, wer sich dahinter verbarg.
    »Nimm deine dreckigen Finger von meiner Frau!«, hörte er ihn wie von Sinnen brüllen.
    Jérôme ballte die Hände zu Fäusten und machte sich innerlich hart.
    Das Mädchen war nun bei ihm. Sie zitterte am ganzen Körper, versteckte sich hinter seinem Rücken.
    »Hilf mir«, flehte sie ihn an.
    Die

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