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Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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gewonnen«, murmelte ich. »Lass mich einfach gehen, ja?«
    Blitzschnell umfasste er meinen Jackenkragen und zog mich zu sich heran. Sein Gesicht war meinem so nahe, dass ich seinen Atem auf der Haut spürte, und ich musste mich zusammenreißen, um nicht angewidert das Gesicht zu verziehen. »Ich bin nicht dafür verantwortlich, dass dein Jérôme mit eingeschlagener Birne im Krankenhaus liegt! Kapier das endlich!«
    Er ließ meine Jacke so jäh wieder los, dass ich mit Wucht auf den Asphalt aufschlug und vor Schmerz laut aufschrie. Im nächsten Augenblick verschwamm alles um mich herum und dann herrschte nur noch Dunkelheit.
    Als ich wieder zu mir kam, blickte ich in das besorgte Gesicht meiner Mutter. »Gott sei Dank«, stöhnte sie.
    »Was … ist los?«, fragte ich benommen.
    Claudia strich mir über die Wange. »Konstantin hat dich mit seinem Auto gebracht. Er sagte …«
    Plötzlich war alles wieder da. »Was?«, fuhr ich hoch, ließ mich aber direkt wieder zurücksinken, als es schmerzhaft in meinem Kopf zu pochen begann.
    »Schatz, alles okay?«, fragte Claudia. »Bleib besser noch liegen. Du warst ein paar Minuten wie weggetreten. Am liebsten würde ich den Arzt anrufen. Konstantin meinte, du wärst auf den Kopf gefallen …«
    »Hat er auch gesagt, wie es dazu gekommen ist?«, fragte ich.
    Claudia seufzte tief. »Ja. Er sagte, er hätte dich versehentlich mit dem Auto gestreift, und hat mich angefleht, nicht seine Eltern zu verständigen. Aber so weit kommt es noch, es hätte ja sonst was passieren können.«
    Sie wollte aufstehen, doch ich hielt sie am Arm fest. »Mir ist so kalt«, krächzte ich. Ich zitterte am ganzen Körper.
    Claudia schüttelte den Kopf. »Oh Gott, ja, du musst aus den nassen Klamotten raus. Sofort!« Sie sprang auf und half mir hoch. »Komm, ich lasse dir jetzt erst einmal ein warmes Bad ein. Und dann rufe ich beim Arzt an.«
    Gemeinsam gingen wir die Treppe hoch. Ich musste mich schwer auf meiner Mutter abstützen. Als mich ein erneuter Schwindelanfall überkam, hörte ich mit einem Mal eine Stimme.
    Hau ab! Hau endlich ab!
    Kaum hatte ich die Worte vernommen, ging ein stechender Schmerz durch meinen Kopf. Er traf mich völlig unvorbereitet. Ich verzog das Gesicht und presste die Fingerspitzengegen die Schläfen. Es fühlte sich an wie Nadeln, die sich in mein Gehirn bohrten.
    Hau ab! Hau endlich ab!
    Ich stöhnte auf. Vor meinen Augen begann es zu flimmern. Ich konnte nur noch grelle Lichtpunkte und schemenhafte Umrisse erkennen.
    »Anna, was ist mit dir?« Claudias Worte drangen wie durch Watte zu mir durch. Ich hörte, dass sie etwas rief, vernahm die Panik in ihrer Stimme. Aber all das prallte an mir ab, schien weit, weit entfernt aus einer anderen Welt zu kommen.
    Wieder fuhr ein Stich in meinen Kopf. Der Schmerz war unerträglich. Dann kamen die Bilder. Das blonde Mädchen, das in der Dunkelheit vor dem Schatten floh.
Nimm deine dreckigen Finger von meiner Frau!
    Mehr konnte ich nicht erkennen. Die Bilder waren zu schnell. Zogen an mir vorbei, bevor ich sie zu fassen bekam. So als ob jemand in Windeseile durch sämtliche Fernsehkanäle zappen würde. Ich hörte Jérôme lachen. Sein lautes kehliges Lachen direkt in meinem Ohr.
    Wieder und wieder durchfuhr mich der stechende Schmerz, und da wurde mir plötzlich klar, dass das alles nicht meine Eindrücke waren. Es waren Jérômes Bilder und Jérômes Schmerzen, die ich durchlebte!
    »Anna! Anna! Hör auf damit!« Claudia hatte meine Schultern umfasst.
    »W-was …«, murmelte ich.
    »Beruhig dich, ganz ruhig.« Meine Mutter redete auf mich ein, als ob sie eine Nervenkranke vor sich hätte. Sie zog mich in die Arme und ließ ihre Hände über meinen Rücken gleiten. »Das ist alles zu viel für dich. Du brauchst Ruhe. Gleich schläfst du dich erst mal richtig aus.«
    Ich ließ alles willenlos über mich ergehen. Meine Angst war verflogen. Genauso wie der Schmerz. Weg … als wäre er niemals da gewesen … Jetzt fühlte ich mich nur noch leer, innerlich wie abgestorben. Da waren keine Gefühle mehr. Kein Schmerz, keine Trauer, keine Freude – nichts.

    Ein greller Blitz durchzuckte die Dunkelheit und erhellte alles um ihn herum. Es war nur der Bruchteil einer Sekunde, aber es reichte aus, um Jérôme brennen zu lassen.
    Sein Herzschlag beschleunigte sich. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Er hörte es piepen. Laut und alarmierend.
    Und ihm wurde heiß. Glühend heiß.
    Ich verbrenne, dachte er.
    Immer schneller und schneller

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