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Solange es hell ist

Solange es hell ist

Titel: Solange es hell ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Isobel. »Lady Charmington möchte, dass du sie malst.«
    »O Gott!« Er runzelte die Stirn. »Ich bin doch kein Porträtmaler, der gerade in Mode ist.«
    »Aber du wirst es sein. Du wirst der Größte auf diesem Gebiet werden.«
    »Das ist aber nicht das Gebiet, auf dem ich der Größte werden will.«
    »Aber nur so, mein lieber Alan, verdient man Geld wie Heu.«
    »Wer will schon Geld wie Heu?«
    »Ich vielleicht«, sagte sie lächelnd.
    Es tat ihm sofort leid, und er schämte sich. Wenn sie einen anderen geheiratet hätte, hätte sie Geld wie Heu haben können. Und das brauchte sie. Ein gewisser Luxus war nun einmal der ihr gemäße Rahmen.
    »In letzter Zeit ist es uns nicht gerade schlecht gegangen«, sagte er versonnen.
    »Nein, wirklich nicht; aber es sind ständig Rechnungen zu bezahlen.«
    Rechnungen! Immer wieder Rechnungen!
    Er begann auf und ab zu gehen.
    »Zum Henker damit! Ich habe keine Lust, Lady Charmington zu malen«, platzte er heraus wie ein launenhaftes Kind.
    Isobel lächelte leise. Sie stand regungslos am Feuer. Alan unterbrach sein rastloses Auf-und-Ab-Gehen und trat zu ihr. Was war es, was ihn an ihr, an ihrer Gelassenheit, ihrer Trägheit so anzog – ihn anzog wie ein Magnet? Wie schön sie war – Arme wie aus weißem Marmor gemeißelt, das schiere Gold ihres Haares, die roten vollen Lippen.
    Er küsste diese Lippen – spürte, wie sie sich an seine pressten. Spielte denn sonst etwas eine Rolle? Was hatte Isobel an sich, das einen tröstete, das alle Sorgen von einem nahm? Sie zog einen in die ihr eigene wunderbare Trägheit hinein und hielt einen dort fest, ruhig und zufrieden. Mohn und Alraune; man trieb dahin, auf einem dunklen See, schlafend.
    »Ich werde Lady Charmington malen«, sagte er bald darauf. »Was spielt es schon für eine Rolle? Ich werde mich zwar langweilen – aber auch Maler müssen schließlich essen. Genau wie im Kinderquartett: Mr Matz der Maler, Mrs Matz des Malers Frau und Miss Matz des Malers Tochter – alle wollen ernährt werden.«
    »Alberner Junge!«, sagte Isobel. »Da du gerade unsere Tochter erwähnst – du solltest mal wieder Jane besuchen. Sie war gestern hier und sagte, sie hätte dich seit Monaten nicht gesehen.«
    »Jane war hier?«
    »Ja – um Winnie zu besuchen.«
    Alan tat Winnie mit einer Handbewegung ab.
    »Hat sie das Bild von dir gesehen?«
    »Ja.«
    »Wie fand sie es?«
    »Sie sagte, es sei großartig.«
    »Ach!«
    Er runzelte gedankenverloren die Stirn.
    »Ich glaube, Mrs Lemprière hat dich im Verdacht, leidenschaftliche Gefühle für Jane zu hegen«, bemerkte Isobel. »Ihre Nasenflügel zuckten ziemlich oft.«
    »Ein unmögliches Weib!«, sagte Alan voller Abscheu. »Ein unmögliches Weib! Auf welche Gedanken käme die nicht? Auf welche Gedanken kommt die nicht?«
    »Nun, ich denke nichts dergleichen«, sagte Isobel lächelnd. »Also besuche Jane recht bald.«
    Alan blickte zu ihr hinüber. Sie hatte sich auf eine niedrige Couch am Feuer gesetzt. Ihr Gesicht war halb abgewandt, das Lächeln noch nicht verklungen. Und plötzlich ergriff ihn ein Gefühl der Beklommenheit, der Bestürzung, als wäre um ihn herum Nebel aufgezogen, der, jäh aufreißend, ihn einen Blick in ein fremdes Land hatte werfen lassen.
    Irgendetwas sagte zu ihm: »Warum will sie, dass du Jane besuchst? Das muss doch einen Grund haben.« Denn bei Isobel hatte immer alles einen Grund. Spontaneität gab es bei Isobel nicht, nur Berechnung.
    »Magst du Jane eigentlich?«, fragte er unvermittelt.
    »Sie ist ein Schatz«, sagte Isobel.
    »Gewiss, aber magst du sie?«
    »Selbstverständlich. Sie liebt Winnie über alles! Übrigens möchte sie Winnie nächste Woche ans Meer mitnehmen. Du hast doch nichts dagegen, oder? Dann wären wir für Schottland frei.«
    »Das wäre natürlich ungemein praktisch.«
    Genau das wäre es in der Tat. Ungemein praktisch. Er sah mit plötzlichem Argwohn zu Isobel hinüber. Hatte sie Jane darum gebeten? Jane war ja so leicht auszunutzen.
    Isobel erhob sich und verließ, leise vor sich hinsummend, das Zimmer. Nun, egal, es spielte keine Rolle. Jedenfalls würde er Jane besuchen gehen.
     
    Jane Haworth lebte im obersten Stockwerk eines großen Mietshauses mit Blick auf den Battersea Park. Als Everard die vier Treppen hinaufgestiegen war und klingelte, ärgerte er sich bereits über Jane. Wieso konnte sie nicht leichter erreichbar wohnen? Nachdem er, da niemand öffnete, dreimal geklingelt hatte, war sein Ärger noch größer geworden. Wieso

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