Solange es hell ist
bevor sie sich verflüchtigt. Ruf dort an. Sag ihnen, ich sei tot.«
Isobel betrachtete ihn ein Weilchen nachdenklich und ging dann. Sie beherrschte die Kunst, mit einem Genie zu leben, vollkommen. Sie ging zum Telefon und erfand eine plausible Ausrede.
Sie sah sich, leicht gähnend, um. Dann setzte sie sich an ihren Sekretär und begann zu schreiben.
Liebe Jane,
vielen Dank für Deinen Scheck, der heute eintraf. Du bist wir k lich gut zu Deinem Patenkind. Mit den hundert Pfund lässt sich einiges machen. Kinder sind nun einmal schrecklich teuer. Du hast Winnie so gern, dass ich das Gefühl hatte, nichts Unrec h tes zu tun, als ich Dich um Hilfe bat. Wie alle Genies kann Alan sich nur mit dem beschäftigen, womit er sich beschäftigen will – und damit lassen sich leider keine gr o ßen Sprünge machen.
Bis bald!
Isobel
Als Der Connaisseur einige Monate später vollendet war, lud Alan Jane ein, sich das Bild anzusehen. Es war nicht ganz so, wie er es sich vorgestellt hatte – das hatte er auch unmöglich erwarten können –, aber doch beinahe. Er empfand die Freude dessen, der etwas geschaffen hat. Er hatte das Bild gemalt, und es war gut.
Diesmal sagte Jane nicht, dass es großartig sei. Die Röte stieg in ihre Wangen, und ihre Lippen öffneten sich. Sie blickte Alan an, und er sah in ihren Augen, was er zu sehen gehofft hatte. Jane wusste es.
Alan fühlte sich wie im siebten Himmel. Er hatte es Jane bewiesen!
Nachdem er den Kopf wieder für andere Dinge frei hatte, begann er seiner unmittelbaren Umgebung größere Aufmerksamkeit zu schenken.
Winnie hatten die vierzehn Tage am Meer ungeheuer gutgetan, aber er bemerkte, dass ihre Kleidung sehr schäbig war. Er erwähnte es Isobel gegenüber.
»Alan! Ausgerechnet du, dem nie etwas auffällt! Aber ich mag es, wenn Kinder schlicht gekleidet sind. Ich hasse es, wenn sie herausgeputzt werden.«
»Zwischen Schlichtheit und gestopften und geflickten Stellen ist ein Riesenunterschied.«
Isobel sagte nichts, aber sie kaufte Winnie ein neues Kleid.
Zwei Tage später schlug sich Alan mit seiner Einkommensteuererklärung herum. Seine eigenen Kontoauszüge lagen vor ihm. Gerade als er in Isobels Sekretär nach ihren Auszügen kramte, kam Winnie mit einer arg mitgenommenen Puppe ins Zimmer gehüpft.
»Daddy, ich weiß ein Rätsel. Was ist das? ›Hinter einer Wand so weiß wie Milch, hinter einem Vorhang weich wie Seide, schwimmt, in einem Meer so klar wie Kristall, ein goldener Apfel wie Geschmeide.‹ Rate mal, was das ist?«
»Deine Mutter«, sagte Alan geistesabwesend. Er suchte noch immer nach Isobels Auszügen.
»O Daddy!« Winnie kreischte vor Lachen. »Das ist ein Ei! Wieso hast du gedacht, es sei Mami?«
Alan musste ebenfalls lächeln. »Ich hatte nicht richtig hingehört«, sagte er. »Und es klang irgendwie nach deiner Mutter.«
Eine Wand so weiß wie Milch. Ein Vorhang. Kristall. Der goldene Apfel. Ja, es ließ ihn an Isobel denken. Worte waren schon etwas Merkwürdiges.
Er hatte die Auszüge inzwischen gefunden. Er schickte Winnie gebieterisch aus dem Zimmer. Zehn Minuten später blickte er auf, überrascht von einem scharfen Ausruf.
»Alan!«
»Hallo, Isobel. Ich habe dich gar nicht hereinkommen hören. Schau mal, da sind einige Posten in deinen Kontoauszügen, aus denen ich nicht schlau werde.«
»Was fällt dir ein, meine Kontoauszüge anzurühren?«
Er starrte sie verblüfft an. Sie war wütend. Er hatte sie noch nie wütend gesehen.
»Ich dachte nicht, dass du etwas dagegen hast.«
»Und ob ich etwas dagegen habe – sehr viel sogar! Du hast kein Recht, meine Sachen anzurühren.«
Plötzlich wurde auch Alan wütend.
»Ich bitte um Entschuldigung. Aber da ich deine Sachen nun einmal angerührt habe, hättest du vielleicht die Güte, mir den einen oder anderen Posten zu erklären, den ich nicht verstehe. Soweit ich sehe, wurden in diesem Jahr knapp fünfhundert Pfund auf dein Konto eingezahlt, die ich nicht nachverfolgen kann. Woher stammt dieses Geld?«
Isobel hatte ihre Fassung wiedergewonnen. Sie ließ sich in einen Sessel sinken.
»Du brauchst gar nicht so finster zu schauen, Alan«, sagte sie leichthin. »Es handelt sich nicht um Sündenlohn oder dergleichen.«
»Woher kommt dieses Geld?«
»Von einer Frau. Einer Freundin von dir. Es gehört gar nicht mir. Es ist für Winnie.«
»Für Winnie? Heißt das – das Geld stammt von Jane?«
Isobel nickte.
»Sie hat Winnie doch so gern – kann gar nicht genug für
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