Solar
zufriedenzugeben. So mancher Mann wäre schwach geworden, Vasco da Gama persönlich hätte sich glücklich geschätzt angesichts einer solchen Abschiedsfeier. Und anfangs war auch Beard zufrieden. Melissa legte sich schwer ins Zeug. Selbst Catriona verstand, dass er nach Amerika fuhr, um etwas einzuschalten, und dass die Welt dann gerettet wäre. Mutter und Tochter hatten sich hübsch gemacht und ein frühes abendliches Festmahl zubereitet, dessen Hauptattraktion eine von Catriona eigenhändig geformte Kugel darstellte, gehüllt in blauen Zuckerguss mit grünen Flecken. Das war die Erde, und obendrauf stand eine Kerze, die er zur hellen Freude der Kleinen im ersten Anlauf auspustete. Melissa und Catriona sangen ein Lied über Entchen, Beard sang die ersten Strophen von >Ten Green Bottles<, dem einzigen Lied, das er komplett auswendig kannte. Fast während der ganzen Feier hielt seine Tochter ihre Ärmchen um seinen Hals geschlungen. War das nicht der siebte Himmel? Nun ja. Er hatte vergessen, seinen Palmtop auszuschalten, und gerade als Melissa den Kuchen anschnitt, kam ein Anruf von Darlene. Ohne groß nachzudenken, ging er ran und sagte ein wenig zu barsch über ihre Begrüßung hinweg: »Ich ruf dich zurück.« Er wusste, dass Melissa eine Frauenstimme gehört hatte, auch seine Anspannung konnte ihr nicht entgangen sein, doch er nahm keine Veränderung an ihr wahr, keinerlei mühsam unterdrückte Wut, von der Catriona nichts mitbekommen sollte, er aber schon. Sie sah ihm in die Augen, sie lächelte ihn freundlich an, sie schenkte ihm Wein nach, sie feierte ihn.
Als Catriona im Bett lag und sie allein waren, goss er sich einen extragroßen Whisky ein und machte sich auf eine Szene gefasst. Sie kamen nicht daran vorbei, sie sollten das jetzt ausfechten. Aber sie schleuderte nur ihre Schuhe von den Füßen, setzte sich dicht neben ihn, küsste ihn und sagte, er werde ihr fehlen. Dann sprachen sie von anderen Dingen, von Reisevorbereitungen, von seiner Rückkehr, und seine Verärgerung nahm mit jeder Minute zu. Sie spielte mit ihm, sie ließ ihn in seinen Schuldgefühlen schmoren. Aber warum sollte er sich schuldig fühlen? Konnte ihm das vielleicht mal jemand sagen? Er war nicht ausschließlich an sie gebunden, sie hatten eine klare Abmachung. Er fand es nicht richtig, dass sie ihre Eifersucht mit Freundlichkeit und verführerischem Getue kaschierte. Sie schenkte ihm Whisky nach, sie rückte noch näher, stupste ihn mit der Nase an, schob ihm die Zunge ins Ohr, legte ihre Hand zwischen seine Beine, streichelte ihn, küsste ihn wieder. Unerträgliche Heuchelei! Sie musste doch spüren, dass er nicht erregt war. Wie konnte sie so tun, als habe sie Darlenes Stimme nicht gehört, wenn sie wusste, dass er wusste, sie hatte sie gehört?
Während sie ihm irgendetwas Langweiliges von Catriona erzählte, kam ihm die Erkenntnis, so schlicht und einleuchtend wie nur selten eine zuvor: Melissa war überhaupt nicht eifersüchtig, sie war ungerührt, sie war gleichgültig. Und dafür konnte es nur eine Erklärung geben.
Er rückte von ihr weg und sagte, so ruhig er konnte: »Du hast einen anderen?«
Stumme Wut hatte ihm diese Frage eingegeben. Ein anderer Teil von ihm, der Teil, der noch nüchtern war, traute ihr das mitnichten zu. Die Frage war als reine Provokation gemeint, er ging davon aus, dass Melissa sie empört verneinen werde.
Doch sie tat beleidigt. Sie machte den Schmollmund, den er so liebenswert fand, und sagte fassungslos: »Du etwa nicht? Michael, natürlich habe ich einen anderen.«
Ach, das war's also. Die alte Leier von der Gleichberechtigung. Gleiches Recht für alle. Die letzte Flause des Feminismus, bar jeder Vernunft.
Er sortierte seine Gedanken und sagte schließlich: »Wie heißt er?«
Sie wandte den Blick ab. »Terry.«
»Terry?«, fragte er ungläubig. Ihre versammelte Unvernunft zeigte sich in diesem idiotischen Namen. »Und was macht dieser Terry?«
Sie seufzte. Es musste ja rauskommen. »Er ist Dirigent.«
»Nein! Was dirigiert er denn?«
»Orchester, Symphonien. So klassische Sachen eben.«
Sie konnte klassische Musik ebenso wenig ausstehen wie er, kein Rhythmus, sagte sie immer, nicht heißblütig genug, da steckten für ihren Geschmack zu wenig Tobago und Venezuela drin. Sie saß jetzt am anderen Ende des Sofas und machte ein Gesicht, als bedauerte sie, ihm die Wahrheit gesagt zu haben.
Er fragte: »Und hat Terry schon Catriona kennengelernt?«
Nun wurde sie wütend. »Halten wir uns
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