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Solar

Solar

Titel: Solar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian McEwan
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abhandeln, ja wir könnten sogar Freunde sein.«
    »Aha.« Die Frage, die er dann an Aldous richtete, kam vollkommen spontan, und während er sie stellte, hoffte er, er könne Aldous damit eins auswischen oder wenigstens sich selbst etwas Zeit zum Nachdenken verschaffen. »Und was ist mit Rodney Tarpin? Was ist aus dem geworden?«
    Aldous gelang die überzeugende Darstellung eines Mannes, der sich unbeeindruckt gibt. Langsam zog er den Gürtel von Beards Morgenmantel abermals fest. »Vor Tarpin habe ich keine Angst. Ich habe zwei seiner Anrufe aufgezeichnet, und eine seiner Postkarten ist jetzt bei der Polizei. Der Mann ist wahnsinnig, ganz offenkundig.«
    Beard sagte: »Er hat Patrice geschlagen.«
    »Das war grotesk«, rief der junge Mann aus, in der Hoffnung auf einen Verbündeten. »Wie konnte dieser Kerl das einer so schönen Frau nur antun?«
    »Und er hat mich angegriffen. Er hat mich ins Gesicht geschlagen.«
    »Den müsste man einsperren.«
    »Jedenfalls wird er jetzt hinter Ihnen her sein, nicht mehr hinter mir. Hat die Polizei Ihnen Schutz angeboten?«
    »Na ja, die haben gesagt, sie hätten zurzeit ziemlich viel zu tun.«
    Von dem Drang, Aldous zu quälen, wurde es Beard so warm ums Herz, dass es sich fast wie Liebe anfühlte. »Ich nehme an, er will Sie töten. An Ihrer Stelle würde ich immer ein Messer bei mir tragen, auch wenn es mir völlig egal ist, was mit Ihnen passiert.«
    Aber Beards Mühe war umsonst; Aldous schien sich von Tarpin nicht einschüchtern zu lassen und sagte bloß: »Der macht mir keine Angst, Professor Beard.«
    »Und ich nehme an, Patrice hat ihm erzählt, wo Sie arbeiten - ich meine, wo Sie gearbeitet haben.«
    Plötzlich war der junge Mann nicht mehr so cool. Sondern wieder der Bittsteller, ein Mann, dessen Job auf dem Spiel stand.
    »O bitte, Professor Beard. Jetzt übertreiben Sie. Kommen wir auf das Wesentliche zurück. Die Vernunft...«
    »Extrem unvernünftig«, sagte Beard, »mit der Frau seines Chefs ins Bett zu gehen.«
    »Ehrlich, es ist viel mehr als das. Ich war dumm, ich weiß, ich habe noch eine Menge zu lernen. Aber ich rede von, von einem Substrat zwingender Logik...«
    Beard lachte laut auf. Substrat! Der Bursche ging wie ein Spieler bis zum Äußersten, um das Schachmatt abzuwenden. Zwar erinnerte Beard sich an nichts Konkretes, aber er wusste, auch er hatte schon in solchen Situationen gesteckt, heruntergemacht von einer seiner Frauen, die gerade seine letzte Ausrede in der Luft zerrissen hatte - und wie er darauf mit einer geistigen Eingebung reagiert hatte, mit einem brillanten Läuferzug in der elften Dimension, einer verblüffenden Aufwärtsprojektion aus der zweidimensionalen Welt des normalen Spiels. Ja, das gefiel ihm, ein Substrat zwingender Logik. Er war ganz Ohr.
    Atemlos fuhr Aldous fort: »Vor drei Wochen habe ich mitbekommen, wie Sie zu einem von uns sagten, abgesehen von der allgemeinen Relativitätstheorie sei die Dirac-Gleichung für Sie das Schönste, was unsere Zivilisation je hervorgebracht habe. Ich bin anderer Meinung. Sie stellen Ihr Licht zu sehr unter den Scheffel. Es geht nichts über Ihr Theorem, nichts über diese Weiterentwicklung der Photovoltaik - nichts ist eleganter, nichts ist zutreffender, Professor Beard. Überall auf der Welt wird das bewundernd anerkannt. Aber niemand hat das mal unter dem Aspekt der angewandten Wissenschaft untersucht, mit Blick auf den Klimawandel. Ich, ich habe erkannt, welches Potential Ihre Arbeit in Bezug auf die Photosynthese besitzt. Tatsache ist doch, dass kein Mensch bis ins Letzte versteht, wie Pflanzen funktionieren, auch wenn alle so tun, als wussten sie es. Niemand versteht wirklich, wie Photonen so effizient in chemische Energie umgewandelt werden. Die klassische Physik kann das nicht erklären. Das Gerede von Elektronentransfer ist Quatsch, das haut nicht hin. Wie irgendein grünes Blatt Energie von einem Molekülsystem auf ein anderes überträgt, ist und bleibt ein Wunder. Aber genau darum geht es - Ihr Theorem zeigt uns den Weg. Quantenkohärenz ist der Schlüssel zur Effizienz, verstehen Sie, das System tastet alle Energietransferwege auf einmal ab. Und so wie die Nanotechnologie vorankommt, könnten wir das mit den richtigen Materialien nachvollziehen und kostengünstig Wasser spalten und Wasserstoff für Haushalte und Industrie speichern. Das wäre doch was! Aber ich bin ein Nichts, ein Niemand. Ich möchte Ihnen meine Ideen vorstellen, und wenn Sie sich damit beschäftigt haben - ich

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