Solar
Hände drin, wurde er, so schien es ihm, am ganzen Leib unsichtbar, unbesiegbar. Wenn das nicht schon alles über seinen Geisteszustand aussagte, was dann? Er hatte keinen Plan, er setzte nur einfach einen um. Sein Körper hatte einen Plan. Und den führte er aus wie ein Experiment, in dem Glauben, es jederzeit abbrechen und von vorne anfangen zu können, ohne Verluste, ohne Risiko. Alles, was er jetzt tat, waren lediglich vorbeugende Maßnahmen. Er konnte jederzeit ans Telefon gehen und den Notarzt rufen. Aber für den Fall, dass er das nicht tat, musste er Vorkehrungen treffen. In seinem benommenen Zustand dachte er durchaus klar. Er ging durch die Küche zur Hintertür und betrat den fensterlosen Verschlag, in dem Glühbirnen und Ausrangiertes lagerten. Die schmutzige Werkzeugtasche stand noch genau an derselben Stelle an der Wand. Er wühlte darin herum und fand einen Hammer mit schmalem Kopf, der ganz gut geeignet schien. Beim Stöbern entdeckte er andere Gegenstände, für die er vielleicht Verwendung haben könnte. Den Kamm, das gebrauchte Papiertaschentuch, den vertrockneten Apfelbutzen. Den Rest verstaute er so in der Tasche, dass sie unberührt aussah, dann brachte er die vier Fundstücke in die Küche und steckte sie in eine Plastiktüte. Er nahm etwas Küchenpapier, befeuchtete ein paar Blätter davon und wollte gerade damit ins Wohnzimmer, als ihm noch etwas einfiel. Er holte die Werkzeugtasche aus dem Verschlag, trug sie in den Flur und stellte sie neben der Haustür ab.
Tom Aldous hatte sich nicht verändert, doch als Beard sich neben die Leiche kniete, kam ihm das erstarrte Lachen des Eisbären unheimlich vor. In seinen glasigen, blutrünstigen Augen spiegelten sich als verzerrte Parallelogramme die Wohnzimmerfenster. Die toten Eisbären waren die gefährlichen. Er nahm die vier Gegenstände aus der Plastiktüte, legte sie in einer Reihe nebeneinander und fragte sich, während er den braunen Apfelbutzen anstarrte, was er damit anfangen könnte. Ihm fiel nichts ein, also tat er ihn in die Tüte zurück. Während er den Hammer in beiden Händen wog, ging ihm auf, dass er sich geirrt hatte: Von vorbeugenden Maßnahmen konnte keine Rede mehr sein, unmöglich, von vorne anzufangen, jetzt noch ans Telefon zu gehen. Was er vorhatte, war nicht rückgängig zu machen. Mit seiner Unschuld wäre es vorbei. Er tauchte den Kopf des Hammers in die Blutlache, beschmierte den Stiel und legte ihn zum Trocknen beiseite. Als Nächstes nahm er das gebrauchte Papiertaschentuch, benetzte auch das mit Blut und schob es tief unters Sofa. Mit dem Kamm war es kniffliger, genau wie er vermutet hatte. Er zog ein dünnes Büschel Haare aus den Zinken und schaffte es, Aldous einige davon zwischen die Finger zu stecken. Andere blieben an den Handschuhen haften, aber das war Beards geringste Sorge. An dem inzwischen halb angetrockneten Blut am Hammerkopf ließ sich mühelos ein Haar anbringen, ebenso am Stiel. Ein weiteres Haar platzierte er auf der Armlehne eines Sessels. Dann wischte er mit dem Küchenpapier die Kante und die Ecke des Glastischs gründlich ab, obwohl mit dem bloßen Auge kein Blut zu sehen war.
Schließlich stand er auf und überlegte, ob er irgendetwas übersehen hatte. Nein, bis jetzt nicht. Er stopfte Hammer, Kamm und Küchenpapier in die Tüte und ging zur Haustür. Die Handschuhe ließ er an, als er ohne Eile auf dem Gartenweg zum Tor vorlief und sich umschaute. Kein Mensch zu sehen. Er nahm den Hammer und schleuderte ihn ins Gebüsch an der Mauer, ging ins Haus zurück, zog die Handschuhe aus, legte sie zu Apfelbutzen, Kamm und Küchenpapier in die Tüte, die er achtsam so zusammenfaltete, dass die blutbeschmierten Tragegriffe nach innen zu liegen kamen, und schob sie in ein Außenfach seines Koffers.
Soweit er es beurteilen konnte, klebte weder an ihm noch an seiner Kleidung oder seinen Schuhen Blut. Er nahm sein Gepäck und die Werkzeugtasche, trat ins Freie und zog mit einem Fuß die Haustür zu. Dank der Yuppies, die von Belsize Park Besitz ergriffen, fand er nach wenigen hundert Metern einen Müllcontainer. Er warf die Werkzeugtasche hinein. Einige Minuten später stieg er an der Haverstock Hill Road in ein Taxi und ließ sich zur Portland Place fahren.
Er nahm an, sein Zustand emotionsloser Ruhe sei auf den Schock zurückzuführen und werde bald verlorengehen. Vorher hoffte er jemandem zu begegnen, der ihn kannte. Das Taxi setzte ihn vor dem Physikalischen Institut ab dessen Vizepräsident er
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