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Solaris

Solaris

Titel: Solaris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Wort. - Aber sag vielleicht, wie du dieses ständige Wiederkommen zu erklären versuchst.
    -    Vielleicht haben die ein Gerät angeschaltet, und das funktioniert nun immer im Kreis herum, wie eine Schallplatte - sagte ich nicht ohne heimliches Gelüstchen, Sartorius zu ärgern.
    -    Wenn ich die Kollegen bitten darf, verzetteln wir uns nicht - deklarierte sich mit näselnder Stimme der Doktor. - Das ist noch nicht alles, was ich sagen wollte. Unter normalen Bedingungen hielte ich die Ablegung auch nur eines vorläufigen Berichts über den Stand meiner Arbeiten für verfrüht, aber mit Hinblick auf die spezifische Situation werde ich eine Ausnahme machen. Ich habe den Eindruck, ich wiederhole, bislang nichts weiter als den Eindruck, daß die Annahme des Herrn Kollegen Kelvin eine Wahrheit in sich birgt. Ich denke an seine Hypothese über den Aufbau aus Neutrinos… Derlei Gefüge kennen wir nur theoretisch, wir wußten nicht, daß sie sich stabilisieren lassen. Hier eröffnet sich eine ganz bestimmte Chance, da ja die Zerstörung dieses Kraftfeldes, das dem Gefüge Dauer verleiht…
    Schon seit einer Weile bemerkte ich, daß diese dunkle Sache, die auf Sartorius’ Seite den Bildschirm abdeckte, sich verschob:
    ganz oben blinkte ein Spalt auf, und etwas Rosiges war zu sehen, was sich dort langsam bewegte. Jetzt plötzlich rutschte die dunkle Fläche weg.
    -    Verschwind! Verschwind!!! - hallte durch den Telefonhörer der markerschütternde Schrei von Sartorius. Auf dem plötzlich erhellten Schirm erglänzte zwischen den mit irgend etwas raufenden Händen des Doktors, die mit gepufften Ärmelschonern
    bekleidet waren, wie man sie in Laboratorien verwendet, - ein großer, goldfarbener, einer runden Scheibe ähnlicher Gegenstand, und alles erlosch, noch bevor ich begriff, daß dieser goldene Kreis ein Strohhut war…
    -    Snaut? - sagte ich nach einem tiefen Atemzug.
    -    Ja, Kelvin - antwortete mir die ermüdete Stimme des Kybernetikers. Ich spürte in diesem Augenblick, daß ich ihn gern mochte. Ich wollte wahrlich lieber nicht wissen, wer mit ihm zusammen war.
    -    Für den Moment reicht es uns, was?
    -    Ich denke schon - entgegnete ich. - Hör zu, wenn du können solltest, schau unten vorbei, oder bei mir in der Kabine, gut? - knüpfte ich eilig an, damit er nicht vorher abhängte.
    -    Ist recht - sagte er. - Aber ich weiß nicht, wann. Und damit endete die Problemdiskussion.
    Ungeheuer
    Mitten in der Nacht weckte mich das Licht. Ich richtete mich auf den Ellbogen auf und deckte mit der anderen Hand die Augen. Harey saß ins Leintuch gewickelt am Fußende des Bettes, zusammengeknüllt, das Haar vors Gesicht geworfen. Ihre Schultern bebten. Sie weinte, ohne einen Ton von sich zu geben.
    -    Harey!
    Sie krümmte sich noch tiefer.
    -    Was ist mit dir?… Harey…
    Ich setzte mich aufs Bett, noch nicht voll bei Sinnen, langsam den Alptraum abschüttelnd, der mich eben noch gewürgt hatte. Das Mädchen zitterte. Ich umarmte sie. Sie stieß mich mit dem Ellbogen zurück. Verbarg das Gesicht.
    -    Liebling.
    -    Sag nur nicht so was.
    -    Aber Harey, was ist denn los?
    Ich erblickte ihr nasses, bibberndes Gesicht. Dicke, kindliche Tränen rollten über die Wangen, glänzten in dem Grübchen über dem Kinn, tropften aufs Leintuch.
    -    Du willst mich nicht.
    -    Was fällt dir nur ein!
    -    Ich habe es gehört.
    Ich spürte, daß mir das ganze Gesicht einfror.
    -    Was hast du gehört? Du hast nicht verstanden, das war bloß …
    -    Nein. Nein. Du hast gesagt, das bin nicht ich. Und ich soll gehen. Ich ginge ja. Gott, ich ginge ja, aber ich kann nicht. Ich weiß nicht, was das ist. Ich wollte und kann nicht. Ich bin ja so gemein!
    -    Kind!!!
    Ich packte sie, drückte sie mit aller Kraft an mich, alles fiel flach, ich küßte ihre Hände, die nassen salzigen Finger, wiederholte irgendwelche Beschwörungen, Schwüre, Entschuldigungen, sagte, das sei ein dummer, ekliger Traum gewesen. Langsam beruhigte sie sich. Hörte zu weinen auf. Ihre Augen waren riesig, lunatisch. Trockneten. Sie wandte den Kopf weg.
    -    Nein - sagte sie - sag das nicht. Nicht nötig. Du bist nicht mehr derselbe gegen mich…
    -    Wer, ich bin nicht derselbe!
    Das brach aus mir wie ein Stöhnen.
    -    Ja. Du willst mich nicht. Ich habe das andauernd gefühlt. Ich stellte mich, als sehe ich es nicht. Ich dachte, vielleicht kommt mir das nur so vor, oder so was. Aber

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