Solarstation
Iwabuchi ruhig.
Jay seufzte. »Das versuche ich doch seit Stunden, Ihnen klarzumachen. Genau das müssen wir tun. Wir müssen Zeile für Zeile durchgehen, wir beide, und uns genau klarmachen, was sie tut.«
Dieses Modul war das einzige, das durch keinerlei Trennwand unterteilt war. Der zylinderförmige Raum, der einem das Gefühl vermittelte, sich im Inneren eines Unterseebootes zu befinden, wurde beherrscht von den großen, dunklen Aggregaten in der Mitte, die links und rechts jeweils nur einen schmalen Durchgang freiließen, von armdicken schwarzen Rohren, die sich an grauschimmernden Kühlrippen entlangschlängelten, von wirren Kabelsträngen, die mit dünnen Plastikbändern verzurrt waren, von Schaugläsern und japanisch beschrifteten Signallampen und langen Reihen von winzigen Hebeln und Schaltern. An einer Stelle, die für die Verhältnisse hier besonders geräumig war, stand das Computerterminal, und dort hielten die beiden ihren Kriegsrat ab. Iwabuchi hatte sich mit den Füßen unter einer abgeschirmten Energieleitung verkantet und vergnügte sich damit, während der Unterhaltung mit einem kleinen Schraubenzieher zu spielen, der in seinen gewaltigen Pranken wie ein Kinderspielzeug aussah. Er drehte ihn, wie viele Weltraumingenieure das tun, möglichst schnell um seine Längsachse, indem er den Schaft zwischen Daumen und Mittelfinger zwirbelte, ließ ihn dann los, um ihn nach einigen Augenblicken wilden, schwebenden Tanzes wieder einzufangen. Ich zwängte mich auf der anderen Seite der Aggregate vorbei, um in den hinteren Teil des Moduls zu gelangen.
»Und wenn wir uns doch noch einmal den Energiesender genau anschauen?« fragte Jay vorsichtig. »Vielleicht gibt es doch etwas, das wir übersehen haben… ein winziger Meteoritentreffer am Sensor, irgend etwas in der Art…?«
»Wie oft denn noch?« Iwabuchi schüttelte den Kopf. »Ich war jetzt schon zweimal draußen und habe nichts gefunden. Wir sind mit der Montageplattform um den Sender herumgekurvt und haben jede Ecke mit der Kamera inspiziert und nichts gefunden. Glauben Sie mir, ich habe viel im freien Raum gearbeitet, und ich weiß, wie ein Meteoritentreffer aussieht. Wenn ich irgendeinen Sinn darin sehen könnte, würde ich diese mörderischen hundertfünfzig Meter Kletterpartie auch noch ein drittes Mal auf mich nehmen, aber nicht, wenn ich jetzt schon weiß, daß ich nichts finden werde.«
»Und wenn vielleicht Tanaka oder Kim…«
Iwabuchi fing den Schraubenzieher mit einer kurzen, schnappenden Geste ein und richtete seine Spitze auf Jay, als halte er ein Schwert in der Hand. »Was verbergen Sie, Dr. Jayakar?« fragte er mit gespieltem Groll, der dennoch aufkeimende Verärgerung durchscheinen ließ. »Was haben Sie dagegen einzuwenden, daß wir uns Ihre Programme genauer anschauen?«
»Nichts«, wehrte sich Jay lahm. »Aber ist Ihnen klar, was für eine langwierige Angelegenheit das werden wird? Ich suche doch nur nach einem Strohhalm – einer Möglichkeit, das Rätsel anders und schneller zu lösen…«
»Das gibt es eben manchmal nicht«, erwiderte Iwabuchi. »Außerdem, was regen Sie sich auf? In zwei Monaten kommt Ihr Shuttle, und Sie können den ganzen Mist Ihrem Nachfolger vererben. Ich dagegen habe noch volle vier Monate vor mir…«
Jay stierte eine Weile blicklos vor sich hin. »Morgen«, sagte er dann und begann, die Bücher und Schriftstücke, die um ihn herumschwebten, einzufangen und in Schubladen und an Halteclips zu deponieren. »Lassen Sie uns morgen früh damit anfangen, Iwabuchi. Ich muß erst etwas geistigen Anlauf nehmen…«
»In Ordnung«, sagte der stämmige japanische Ingenieur.
Jay schnallte sich los und verschwand. Iwabuchi wandte seine Aufmerksamkeit einem kleinen Schaltpult zu. Fröhlich summend konsultierte er ein dickes Handbuch, das nicht so wollte wie er und immer wieder davonglitt, bis er es schließlich kurzerhand mit ein paar Klemmen an einem dünnen Querträger befestigte. Dann verstellte er ein paar der Schalter und kontrollierte das Resultat dieser Manipulation auf dem Bildschirm eines kleinen Computermeßgeräts, schüttelte nachdenklich den Kopf und machte die Veränderungen wieder rückgängig, um es mit einer anderen Kombination zu versuchen.
Meine Anwesenheit schien er völlig vergessen zu haben. Und ich fand auch nur noch mit Mühe irgendwelche Stellen, die meiner pflegerischen Hand bedurft hätten. Ich beschloß, daß es an der Zeit war, weiterzuziehen. Was immer der von Moriyama als
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