Solarstation
mich herauszuhalten. »Lassen Sie, Leonard, das ist jetzt meine Sache. Mister Jayakar, was sagen Sie dazu?«
Jay war blaß geworden. Er hatte schon den ganzen Morgen nicht gut ausgesehen; jetzt sah er entschieden schlecht aus. »Es kommt mir so vor, als seien Sie gerade dabei, eine Anschuldigung gegen mich zu formulieren.«
»Ach, kommt es Ihnen so vor?« fragte Moriyama mit einem Hohn in der Stimme, der einem sadistischen Wildwest-Sheriff gut zu Gesicht gestanden hätte und der aus dem Mund eines Japaners regelrecht erschreckend wirkte. »Warum haben Sie Iwabuchi vertröstet, Jayakar?«
Jay hob in einer hilflosen Geste die Hände. »Weil… weil man eine solche Riesenarbeit nicht aus dem Stand heraus in Angriff nimmt. Das braucht Anlauf. Haben Sie eine Ahnung, wieviel Programmcode das ist? Wieviel hunderttausend Programmzeilen? Ich wollte vorher noch alle Aufzeichnungen analysieren, um irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, der die Suche hätte einschränken können…«
»Und das haben Sie heute nacht gemacht?«
»Ja.«
»Aber Sie sagten, zu dem Zeitpunkt, als Sie das mit Iwabuchi ausmachten, sei Ihnen nicht gegenwärtig gewesen, daß Sie Nachtwache hatten. Hätten Sie auf jeden Fall durchgearbeitet, um die Aufzeichnungen zu analysieren?«
»Ja, wahrscheinlich.«
»Und wann hatten Sie Ihren Schlaf eingeplant?« Moriyamas Stimme war jetzt so scharf wie die Klinge eines Henkerbeils. »Ihnen muß doch klar gewesen sein, daß Sie nicht die Nacht durcharbeiten und sich dann am Morgen mit Iwabuchi treffen konnten.«
»Na ja…«, wand sich Jay unbehaglich. »Vielleicht hätte ich die Aufzeichnungen auch später analysiert… Ich wollte mich nur ein wenig vorbereiten auf den Programm-Check…«
»Nach dem, was Sie mir erzählt haben, analysieren Sie Ihre Aufzeichnungen schon seit Wochen. Ich glaube nicht, daß das heute nacht Ihre dringendste Beschäftigung war, als Sie Nachtwache hatten. Als Sie sieben Stunden lang allein waren, während jeder sonst in der Station schlief – Zeit genug, um alles vorzubereiten, die Funkgeräte zu verminen, die Notfunkgeräte zu zerstören…«
»Unsinn«, wehrte sich Jay. »Völliger Unsinn. Ich bin kein Techniker, ich… ich könnte das überhaupt nicht!«
»Zeit genug, Iwabuchi zu töten…«
»Ich habe Iwabuchi nicht getötet!« Jetzt schrie Jayakar. »Das ist doch alles an den Haaren herbeigezogen! Kommandant, Sir… das sind alles bedeutungslose Zufälligkeiten. So ein Verdachtsgebäude könnten Sie gegen jeden hier errichten, wenn Sie wollten. Nehmen Sie Carr: er kann sich überall in der Station bewegen, ohne verdächtig zu wirken – er könnte die Notfunkgeräte viel unauffälliger zerstören. Und er hat Iwabuchi gefunden. Warum verdächtigen Sie ihn nicht?«
Moriyama sah den wild gestikulierenden Kybernetiker dumpf brütend an, wie ein Raubtier, das darauf wartet, seiner Beute den tödlichen Schlag zu versetzen.
»Ich habe«, erklärte er schließlich düster, »eine Überprüfung jedes Crewmitglieds durch den Sicherheitsdienst in die Wege geleitet. Die Ergebnisse dieser Überprüfung sind mir als verschlüsselte Akte übermittelt worden, und der Teil der Akte, der am dicksten ist, betrifft Sie, Professor Jayakar.«
So hatte er ihn noch nie genannt. Der Gipfel der schlechten Laune des Kommandanten war bisher immer gewesen, mit Mister angeredet zu werden.
»Diese Akte könnte nicht so dick sein, wie sie ist, wenn Sie alle bei der Einstellung vorgeschriebenen Angaben zu Ihrer Person und Ihrem Lebenslauf gemacht hätten. Aber Sie haben eine Menge Dinge verschwiegen. Zum Beispiel, daß Sie im Jahre 1997 bei der Stadtverwaltung von Cambridge einen Waffenschein für einen Revolver beantragt haben.«
»Ich war damals mehreren ausländerfeindlichen Übergriffen ausgeliefert gewesen und fühlte mich nicht mehr sicher.«
»Und Sie haben auch verschwiegen, daß Sie, ehe Sie 1996 den Ruf nach Cambridge erhielten, für die British Petroleum Company arbeiteten.«
»Ich habe für Geoscope Inc. gearbeitet. Ich habe Analysealgorithmen für geologische Untersuchungen entwickelt, nichts weiter.«
»Sie wußten, daß Geoscope eine hundertprozentige Tochter der British Petroleum war. Das hätten Sie angeben müssen.«
»Mein Gott!« begehrte Jay auf. »Hören Sie endlich auf mit Ihren haltlosen Verdächtigungen. Sie beleidigen meine Intelligenz. Wenn ich Iwabuchi hätte umbringen wollen, glauben Sie, ich hätte mir nicht etwas weniger Plumpes ausdenken können als einfach mit dem
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