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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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uns an die Arbeit.
    Unser Weg führte uns zuerst in das Büro des Kommandanten, und keinem von uns war nach fröhlicher Konversation zumute. Schweigend nahm ich aus einer Schublade einen Streifen mit zehn Siegeln, kreisrunden, durchnumerierten Aufklebern mit auffallendem Hologrammeffekt, die so beschaffen waren, daß man sie nur einmal anbringen konnte. Sie zerrissen unweigerlich, wenn man versuchte, sie wieder zu entfernen. Der Zoll verwendete sie, und wir klebten sie auf manche Proben aus dem Materiallabor, die einem Shuttletransport für weitere Untersuchungen in ausländischen Forschungsinstituten mitgegeben wurden und die einen größeren materiellen Wert darstellten, etwa weil sie Gold enthielten. Zum Versiegeln eines Tatorts würden sie sich ebenfalls eignen. Ich vermerkte die Nummern der Siegel in dem zugehörigen Buch und auch den vorgesehenen Verwendungszweck und unterschrieb.
    Dann begaben wir uns hinunter ins Erdbeobachtungslabor und schraubten die Nikon-Kamera von einem der kleineren Teleskope ab, nahmen aus den Vorratsschränken im Bordversorgungsmodul einen der großen blauen Plastiksäcke und zwei Paar dünne Laborhandschuhe und gingen anschließend in das biologische Labor, um Obas Arztkoffer zu holen. Jayakar beachtete uns nicht. Er schwebte bereits hinter Gittern, hatte eine Meditationsstellung eingenommen und die Augen geschlossen. Der Käfig, eigentlich für Menschenaffen gedacht, war kaum so groß wie eine Telefonzelle.
    Es war mehr als ein Gefühl, das mir sagte, daß Jayakar nicht der Mörder sein konnte. Mir war, als gäbe es einen handfesten Beweis dafür. Er wollte mir nur nicht einfallen.
    Es war gespenstisch, in das Wohnmodul zurückzukehren und schon genau zu wissen, was einen erwartete.
    Wir sprachen nicht viel. Ich fotografierte alles, was mir einfiel – den Anblick des Toten durch die geöffnete Tür, den Gang davor, jeden Winkel der Kabine, den Leichnam, die Einschußlöcher im Körper und die Durchschußlöcher im Schlafsack. Dann klebte ich das erste Siegel auf den Verschluß der Kamera und deponierte sie in der Kabine.
    Die Leiche herauszuholen war die unangenehmste Aufgabe. Wir streiften die Handschuhe über, schlossen dem Toten die Augenlider und zogen ihn dann behutsam aus dem Schlafsack, bemüht, nirgends anzustoßen und nichts zu berühren. Als wir ihn aus der Kabine hatten, bugsierten wir ihn den Gang entlang in den Gemeinschaftsraum, wo Platz genug war, ihn auszustrecken. Während Oba ihren Arztkoffer öffnete, kehrte ich zurück zur Kabine, schloß die Tür und brachte insgesamt fünf Siegel auf dem Türspalt an.
    »Das habe ich nie leiden können«, murmelte Oba, als ich wieder neben ihr war. Sie hatte den Leichnam herumgedreht, so daß er mit dem Rücken nach oben schwebte, zog die Schlafanzugshose herunter und führte ein Thermometer rektal ein. Während sie auf die Temperatur wartete, betastete sie die Haut des Toten und schüttelte dabei nachdenklich den Kopf.
    Das Thermometer piepste. Sie zog es heraus und vermerkte den angezeigten Wert auf einem Notizblock, zusammen mit der Uhrzeit. »Die Polizei hat Tabellen, um daraus den Todeszeitpunkt abzulesen«, erklärte sie mir. »Ich denke, es war irgendwann zwischen drei und sechs Uhr.«
    Sie streifte die Hose wieder hoch, drehte den Körper auf die andere Seite und leuchtete mit einer Taschenlampe in die Augen und in die Mundhöhle. Dann nickte sie mir zu, daß sie fertig sei. Während sie ihre Notizen machte, hüllte ich den Toten in den großen blauen Plastiksack. Es sah nicht sehr würdevoll aus. Als ich den Verschluß zuzurrte und meine Siegel darauf anbrachte, ähnelte das Ganze einer schrecklich mißglückten Mumie.
    Das Reglement der Raumfahrtbehörde, das wir alle hatten lernen müssen, enthielt natürlich ausführliche Vorschriften für Todesfälle an Bord – schließlich galt die Arbeit im Weltraum bei Lebensversicherungen als ›hochgradig gefahrgeneigte Tätigkeit‹, und die Prämien fielen entsprechend deftig aus. Diese Vorschriften besagten im Kern, daß ein Toter in einem verschlossenen Plastiksack tiefgekühlt aufbewahrt werden muß, bis er zur Erde gebracht werden kann. Nur wenn dies nicht möglich oder nicht zumutbar war, erlaubten die Vorschriften eine Raumbestattung.
    Als ich die Tür zu einem der beiden großen Tiefkühlschränke öffnete, die sich an der Wand gegenüber der Küche befanden, fragte Oba entsetzt: »Sie wollen ihn doch nicht etwa dort…?«
    »Kennen Sie einen anderen

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