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Solarstation

Titel: Solarstation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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spürbarer Hauch stickiger, heißer Luft aus der Schleuse.
    Ich berichtete so kurz wie möglich, was geschehen war. Meine Wunde begann, wie um mich Lügen zu strafen, schmerzhaft zu pochen, aber ich versuchte, nicht darauf zu achten.
    »Das heißt«, faßte Moriyama zusammen, »wir müssen noch die Brücke zurückerobern. Das sollte kein großes Problem sein.«
    Tanaka verzog das Gesicht. »Aber die beiden sind bewaffnet.«
    »Wir auch.« Moriyama fing den Revolver ein, der immer noch taumelnd umhertrieb, neben dem Seil, den Schrauben und dem Deckel der Wartungsluke. »Und wir sind in der stärkeren Position. Wir werden die Brücke einfach mit reinem Stickstoff fluten, und kurz bevor sie ersticken, öffnen wir das Schott und überwältigen sie.«
    »Haben sie nicht Raumanzüge an?«
    »Ja, aber keine Helme.« Die Helme hatten die Piraten in ihrer Kapsel zurückgelassen.
    Yoshiko war in das biologische Labor gegangen und hatte den Verbandskasten geholt. Sie war sehr blaß, als sie zurückkam, aber sie kümmerte sich trotzdem fürsorglich um meine Wunde. Inzwischen hatten auch Jayakar und Kim die Schleuse passiert. Moriyama wandte sich an seinen Stellvertreter. »Tanaka, Sie und Kim kümmern sich bitte um die Belüftung der Kommandozentrale. Leonard-san hat schon genug geleistet. Und besorgen Sie auch gleich ein paar Stricke, damit wir die Ganoven fesseln können, falls sie den Stickstoff überleben.« Er sagte das in einem Ton, als sei ihm das Schicksal der beiden letzten Piraten mehr als gleichgültig.
    »Gehen Sie möglichst nicht ins materialwissenschaftliche Labor«, warf ich müde ein. Yoshiko hatte mir den Ärmel des Overalls aufgeschnitten und war dabei, die Einschußlöcher mit einer scharf brennenden Flüssigkeit zu desinfizieren.
    Tanaka sah mich verwundert an.
    »Warum nicht?«
    »Es ist dort gerade etwas unaufgeräumt.«
    Der Energieingenieur nickte, immer noch verständnislos, und setzte sich zusammen mit Kim in Bewegung. »Bringen Sie auch Khalids Revolver mit!« rief Moriyama ihnen nach.
    Dann musterte der Kommandant mich aufmerksam. »Wir gehen jetzt kein Risiko mehr ein«, sagte er grimmig. Ich nickte nur matt, während Yoshiko anfing, meine Wunde zu verbinden. Schließlich hatte ich alle nur denkbaren Risiken bereits hinter mir, erledigt und abgehakt. Das einzige Risiko, das man jetzt noch hätte eingehen können, wäre gewesen, das Schott zur Brücke aufs Geratewohl zu öffnen und es auf eine wilde Schießerei ankommen zu lassen.
    In diesem Augenblick hörten wir Tanaka von den unteren Decks her etwas rufen, was wir nicht verstanden. »Kommandant!« hörte ich heraus, und wir sahen ihn uns heftig zuwinken, wir sollten kommen.
    Ich schnallte mich los und folgte den anderen, die sich eilig den Tunnel hinabhangelten. Und ich war noch nicht ganz unten, da verstand ich schon, was Tanaka so aufgeregt hatte werden lassen, und auch mir wurde plötzlich heiß und kalt zugleich.
    Das, was ich vorhin für Khalids Leichnam gehalten hatte, war in Wirklichkeit nur sein Raumanzug. Sein leerer Raumanzug. Khalid selbst war verschwunden.

KAPITEL 33
    Der Raumanzug hing leer und verlassen in der Luft, und die beiden Teile, Oberteil und Beinteil, wurden nur noch vom Rückentornister zusammengehalten, den abzulegen Khalid sich nicht die Mühe gemacht hatte. Er schien es ziemlich eilig gehabt zu haben.
    Moriyama packte den Revolver fester. »Gehen Sie in Deckung«, befahl er halblaut. »Er muß sich irgendwo hier versteckt haben.«
    Ich warf einen Blick in die Runde. Die vier Schotten zu den angrenzenden Modulen des Maschinendecks wirkten plötzlich wie die geschlossenen Augen einer schlafenden Bestie.
    »Leonard?« fragte der Kommandant. »Haben Sie den Schraubenzieher noch?«
    »Ja«
    »Schrauben Sie die Wartungsklappen ab. Blockieren Sie alle Schotte auf dieser Ebene.«
    »Und dann?«
    »Wir nehmen uns ein Modul nach dem anderen vor. Und ich will nicht, daß er uns dabei in den Rücken fallen kann.«
    Ich nickte langsam. Die anderen hatten in der Nähe der Wände Schutz gesucht, und in ihren Augen sah ich Angst. Sie waren Wissenschaftler, keine Soldaten. Das Ganze begann, über ihre Kräfte zu gehen. Und mit meinen eigenen Kräften war es auch nicht mehr so weit her. »Khalid kann sich in keinem der Module versteckt halten«, erklärte ich.
    Tanakas Stimme bebte vor Anspannung. »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Als ich aus der Bewußtlosigkeit erwachte, war die Alarmblockade aller Schotte noch wirksam. Sie wurde

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