Soldat des Imperiums
wählte die zweite Möglichkeit, wartete bis er außer Sicht war und stieg die Stufen hinauf. Die Tür glitt auf gut geölten Scharnieren zur Seite, Glocken klingelten, und der Duft von Weihrauch stieg ihr in die Nase.
Der ortolanische Mönch hatte einen langen Schnabel, Schlappohren und zwei tellerförmige Augen. Sein hellblaues Fell biß sich mit dem safrangelben Talar, den er trug. »Kann ich Ihnen helfen?« Seine Stimme war sanft, übertönte aber trotzdem den entfernten Gesang.
Das Rad des Lebens, ein Mönch und der Gesang. Alles paßte zusammen. In diesem Ge-bäude war ein Tempel untergebracht worden. Im Imperium gab es Tausende von Religionen, und obwohl Palpatine viele ablehnte, wurden die meisten toleriert, solange sie unpolitisch blieben. Jan lächelte. »Nein, vielen Dank. Ich habe mich in der Tür geirrt.«
Der Mönch verbeugte sich. »Es gibt viele Türen – und dahinter viele Wege. Gehe in Frieden.«
Jan verbeugte sich. Sie wußte, daß sie in nächster Zeit nicht viel Frieden finden würde, und kehrte auf die Straße zurück. Sie blickte über die Schulter zurück. Was hatte ein Tempel mit Kyle zu tun? Oder mit dem imperialen Todesstern? Sie hätte fragen können, aber was, wenn der Mönch Kyle einen Tip gab? Er würde sie anhand der Beschreibung sofort erkennen.
Nein, es war besser abzuwarten.
Jan machte drei Schritte und hielt inne. Und wenn man sie reingelegt hatte? Wenn Kyle viel besser ausgebildet war, als sie dachte? Wenn er wußte, daß sie ihn verfolgte, und entschlossen war, sie abzuschütteln? Es schien unwahrscheinlich, aber alles war möglich. Besonders für einen Doppelagenten.
Jan fing an zu laufen. Sie rannte die Straße hinunter, bog um die Ecke und gelangte auf die Hauptstraße. Sie hielt an und sah sich in beide Richtungen um. Wohin war er gegangen?
Was hatte er vor? Die Antwort hätte sie enttäuscht. Kyle spazierte anscheinend entspannt auf sein Schiff zu.
Ein Haufen Leute waren während der letzten Stunde ins Blue Moon gekommen. Hauptsächlich Raumfahrer, vereinzelt ein paar Kolonisten und Außerirdische, die nicht wußten, wohin.
Ein Spiegel erstreckte sich über die ganze Länge des Raums, seine mit Insekten übersäte Oberfläche war zwischen den Flaschen, Krügen, Kürbisflaschen, Karaffen und Spritzkolben, die davor aufgereiht waren, kaum zu sehen. Der Inhaber des Clubs trug eine schmutzige Schürze und polierte immer wieder dasselbe Stück Tresen, so als würde es ihm Glück bringen.
Vorn, gegenüber dem Eingang, so daß man sie durchs Fenster sehen konnte, schüttelte und räkelte sich eine Tänzerin durch ihre Zwei-Stunden-Schicht. Ihr Gesicht war völlig ausdruckslos und ihre Augen weit entfernt.
Weiter hinten saß eine Gruppe Farmer-Jungen um einen viel zu kleinen Tisch. Leere Gläser vor sich aufgestellt, machten sie der Tänzerin schöne Augen und prahlten mit Helden-taten, die sie nie vollbracht hatten.
Kyle, der in einer der zehn Nischen Platz genommen hatte, die an der Wand gegenüber der Bar lagen, ließ seine Blicke zwischen der Tänzerin und dem Eingang hin- und herwan-dern. Nicht weil die Tänzerin besonders attraktiv war, sondern weil man sie ungeniert ansehen dufte. Das letzte, was er jetzt brauchte, war ein Streit mit einem dieser »Was starrst du mich so an?«-Besoffenen.
Der Nachmittag und der frühe Abend waren langsam vergangen, sehr langsam, und Ky-le war nervös. So nervös, daß er den Blaster in seinen Schoß legte. Nachdem er sich entschlossen hatte, seinen Freund in Gefahr zu bringen, war der Rest ein Kinderspiel. Funkübertragungen wurden mit Sicherheit überwacht, genau wie E-Mails, also blieb nur eine mündliche Botschaft. Die Tatsache, daß Odom Spiritualist war und gewiß den örtlichen Tempel besuchte, eröffnete einen Weg zur Kommunikation.
Jetzt, da er die Ereignisse in Gang gebracht hatte, fürchtete Kyle, daß etwas schiefgehen könnte. Wenn Odom heute nicht zum Tempel gegangen war? Oder diese Woche nicht ging?
Wie viele Tage konnte er warten? Oder noch schlimmer, was, wenn Odom zum Tempel gegangen war und nun durch die Tür hier kam, unterstützt von einem halben Dutzend Sturmtruppen. Die Leute ändern sich. Odom könnte sich geändert haben. Das Blue Moon hatte einen Hinterausgang, davon hatte er sich überzeugt. Aber der wurde sicher bewacht.
Über eine Stunde verging, Kyle bestellte Runde um Runde alkoholfreier Getränke und lehnte zweimal das Angebot weiblicher Begleitung ab.
Schließlich, als er bereits an dem Punkt
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