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Soldner

Soldner

Titel: Soldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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Stille. Dar spürte die Feierlichkeit des Anlasses. Sie ging zum Scheiterhaufen hin und fügte ihm ihre gesammelten Äste hinzu. Twea tat das Gleiche. Dann suchten sie nach Kovok-mah. Die meisten Orks, die ihnen begegneten, verhielten sich
zwar eigenartig, doch alle schienen sie zu erkennen. Im Vorbeigehen vernahm Dar andauernd die gemurmelte Formulierung »Muth velavash«, wusste aber nicht, was sie bedeutete.
    Schließlich erspähte sie Kovok-mah, der einen Haufen Äste zum Scheiterhaufen schleppte. Sie wartete, bis er ihn abgeladen hatte, dann trat sie auf ihn zu. Zu ihrer Erleichterung schien er unverletzt zu sein. Als er sie sah, lächelte er traurig und deutete auf das Lager der Menschen. »Washavoki sind glücklich«, sagte er auf Orkisch.
    »Diese Mutter hier aber nicht.«
    »Weil du nicht grausam bist.«
    »Kovi!«, sagte Twea. »Ich habe auf einem Baum geschlafen! «
    Kovok-mah lächelte, diesmal ohne Trauer. »Baum ist guter Platz für Vogel.«
    »Aber nicht für einen kleinen Vogel«, sagte Twea. »Es war hart und kratzig.«
    »Für Vögelchen Schoß ist besser«, sagte Kovok-mah.
    »Was werden Urkzimmuthi jetzt tun?«, fragte Dar.
    »Wir werden ruhen«, sagte Kovok-mah.
    »Können wir eine Weile mit euch ruhen?«, fragte Dar. »Ich habe letzte Nacht nicht geschlafen.«
    »Dar hat geweint«, sagte Twea.
    »Was ist weinen?«, fragte Kovok-mah.
    »Das Geräusch, das Washavoki machen, wenn sie traurig sind«, sagte Dar.
    »Hai«, sagte Kovok-mah. »Ich habe gehört dich machen das Geräusch. Warst du traurig wegen tote Washavoki?«
    »Ich hatte wieder eine Vision«, sagte Dar. »Ich habe sie zwar nicht verstanden, aber sie hat mich zum Weinen gebracht.«
    Kovok-mah musterte Dar mit einem geheimnisvollen Ausdruck, dann hob er eine Hand vor seine Brust und machte
Muth’las Zeichen. Dar wusste, dass er nicht mit ihr über ihre Vision sprechen würde, deswegen wechselte sie das Thema. »Was bedeutet ›Muth velavash‹?«
    »Gesegnete Mutter«, sagte Kovok-mah. »Alle, die du gesegnet hast, leben noch.«
    »Als ich sagte ›Muth’la möge dich beschützen‹, war es ein Wunsch, kein Segen.«
    »Das sind die Worte für einen Segen«, sagte Kovok-mah. »Muth’la sie dir vielleicht in Brust gelegt.«

35

    DAR SCHLIEF TRAUMLOS und erwachte mit einem Zucken. Kovok-mah schlief noch, doch Twea war fort. Dar lugte schnell hinaus. Die Sonne stand schon am Himmel. Sie hatte verschlafen. Sie verließ das Quartier und schaute sich vor der Umzäunung um. Twea war nirgendwo zu sehen. Dar kehrte in den Kreis zurück und rüttelte Kovok-mah wach. »Wo ist Vögelchen?«
    Kovok-mah blinzelte verschlafen. »Vögelchen?«
    »Sie ist weg. Weißt du, wohin sie gegangen ist?«
    »Thwa.«
    »Vielleicht macht sie sich für die Arbeit fertig.«
    »Wir essen heute nicht – weil Gefallene zu Muth’la gehen.«
    »Dann sollte ich sie wohl lieber suchen.«
    Dar ging hinaus und eilte zum anderen Lager. Unterwegs sammelte sie ein paar Äste zum Feuermachen. Der aus dem Lager kommende Lärm war zu einem dumpfen Brüllen angeschwollen. Dar geriet in eine chaotische Szenerie. Alle feierten. Niemand, der ihr über den Weg lief, wirkte nüchtern. Nach Tagen knapper Rationen schöpfte man nun aus dem Vollen.

    Dar bahnte sich einen Weg zur Kochgrube. Ihr Trick mit dem Brennholz erwies sich als unnötig, denn die Disziplin schien zusammengebrochen zu sein. Niemand führte Aufsicht. Ein Ferkel verkohlte auf einem Bratspieß, niemand kümmerte sich darum. Der Boden wimmelte von halb leeren Flaschen, Brotkrusten, Käserinden und anderen nur teilweise verzehrten Happen. Am Tag zuvor hätte man diese Abfälle noch für ein Festmahl gehalten.
    Nur wenige Frauen waren zu sehen. Die, denen Dar begegnete, wirkten so betrunken wie die Söldner. Einige trugen neue Kleider. Eine Frau wankte zwar im Brokatkleid einer vornehmen Dame an ihr vorbei, doch ihre Unterlippe war blutig und geschwollen. Eine andere taumelte nackt umher.
    Während Dar Twea suchte, hob sie eine Brotrinde vom Boden auf und verzehrte sie. Aus Angst, das Mädchen könne sich in einem Söldnerzelt aufhalten, schaute sie sich zuerst in diesem Bereich um. Da die Zeltklappen meist fehlten oder die Eingänge offen waren, konnte sie die dort stattfindenden Aktivitäten beobachten. Die meisten Soldaten waren zu betrunken, um sich Gedanken über etwaige Beobachter zu machen. War eine Zeltklappe zu, zog Dar sie auf, schaute hinein und eilte weiter. Als sie von einem Zelt zum anderen ging, nahm

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