Soldner
die anderen hießen, wusste Dar nicht. Eine Frau reichte ihr ein Messer, und so tat sie es den anderen gleich. Der bevorstehende Abmarsch hatte die Atmosphäre aufgeladen. Alle Frauen außer Taren unterhielten sich über den Feldzug. Dar entdeckte jedoch, dass niemand etwas über seinen Anlass oder sein Ziel wusste. Das Interesse der Frauen lag anderswo. Eine junge Blondine mit
Hochlandakzent wirkte besonders aufgeregt. »Muut sagt, es wird eine Menge Beute geben.«
»Und er wird jeden Tropfen Beute allein versaufen«, sagte eine andere Frau lachend. »Du kannst dich freuen, wenn du einen Schal kriegst.«
»Ist gar nicht wahr«, sagte die Blonde. »Muut hat mir einen warmen Mantel, Stiefel und Juwelen versprochen. Und …«
»Juwelen!«, sagte die andere Frau. »Neena, du bist ja noch dämlicher, als ich dachte. Ein Söldner schenkt unsereinem doch keine Edelsteine!«
»Jedenfalls nicht, solange er für eine Schale Bier bocken kann«, fügte eine dritte Frau hinzu.
»Ihr seid doch auch nicht besser als ich.«
»Mein Mann ist immerhin Murdant«, erwiderte die erste Frau. »Wenn der Krieg aus ist, werden wir ja sehen, wer besser angezogen ist.«
»In einem Krieg geht es nicht um Kleider«, sagte Taren mit einer Heftigkeit, die alle anderen zum Schweigen brachte. »Kriege handeln vom Töten und Sterben.«
»Aber Beute wird auch gemacht«, sagte Neena.
»Das Töten macht die Männer nicht großzügig«, sagte Taren. »Es macht sie gemein.«
»Vielleicht dir gegenüber«, sagte eine Frau.
»Wer hat denn schon mal eine richtige Schlacht erlebt?« Taren blickte die Frauen mit ernster Miene an. Sie bekam keine Antwort. »Tja, ich habe drei überlebt. Wenn die Sache aus dem Ruder läuft, denken alle nur noch an sich. Merkt euch meine Worte: Wenn dieser Krieg vorbei ist, werden einige von euch Krähenfutter sein.«
»Muut sagt, dass die Kämpfe gar nicht so schlimm sind«, sagte Neena in einem Tonfall, der mehr Hoffnung als Zuversicht ausstrahlte.
»Muut ist auch kein Söldner – er lenkt einen Wagen«, sagte Taren. »Hört euch heute Abend die Orks an. Die wissen, was Krieg ist, weil sie nämlich die echten Schlachten schlagen. Wenn der Mond aufgeht, werden sie das Todeslied singen.«
Tarens Worte ließen die Frauen erbleichen und das Gespräch für eine Weile verstummen. Dar nahm an, dass die Blonde jene Neena war, die zu ihrer Gruppe gehörte, deswegen schaute sie sich ihre künftige Gefährtin genau an. Ihr fiel auf, dass das Brandzeichen auf Neenas Stirn zwar verheilt war, aber noch immer rosa leuchtete. Wie Leela schien auch Neena ihr Heim im besten Gewand verlassen zu haben. Doch inzwischen wiesen ihr Kleid und ihre Schuhe die Abnutzung des Lagerlebens auf. Dar trat zu ihr. »Neffa sagt, du marschierst mit Murdant Teegs Schildron«, sagte sie. »Ich bin auch dabei. Ich heiße Dar.«
»Ich weiß.« Neena schenkte Dar einen erheiterten Blick. »Muut hat mir von deinem Besuch bei Garga erzählt.«
Neenas Lächeln verwirrte Dar, aber sie bemühte sich, es niemanden merken zu lassen. »Er war der erste Ork, den ich gesehen habe. Ich hab gedacht, er würde mich fressen.«
»Dann hast du die Geschichte also auch geglaubt?« Neena lachte. »Auch ich war so dumm wie jeder Schorfkopf.«
»Wann war das?«, fragte Dar.
»Im letzten Herbst«, sagte Neena. Ihr Lächeln verblasste. »Ich habe den Winter in Taiben verbracht.«
»Wo der Palast des Königs ist?«, fragte Dar. »Wie ist es denn da?«
»Ich bin nie in seine Nähe gekommen«, sagte Neena. »Und auch nicht in die Stadt. Wir sind außerhalb ihrer Mauern geblieben, in der Ork-Garnison. Hier ist es besser.«
»Ich hab gehört, dass Muut dein Mann ist«, sagte Dar.
»Einer meiner Männer«, sagte Neena mit aufgesetzt wirkender
Fröhlichkeit. »Es ist besser, wenn man mehr als einen hat.« Dann fügte sie hinzu: »Für dich allerdings nicht. Manche Männer sind habgierig.«
»Und Murdant Kol gehört dazu?« Dar empfand nun keine Überraschung mehr darüber, dass jedermann über ihre Situation Bescheid wusste.
Neena nickte. »Aber sein Beuteanteil ist größer als der eines einfachen Söldners. Wenn du ihm zu Gefallen bist, hast du ausgesorgt.«
Dar schaute weg und sah Loral, die sich mit einer Ladung Feuerholz abplagte. Neena fing ihren Blick auf und sagte leise: »Machst du dir wegen heute Abend Gedanken?«
»Heute Abend? Was weißt du über heute Abend?«
»Morgen geht es los. Da werden alle Männer Männer sein«, sagte Neena. »Heute Abend wird
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