Soldner
vielleicht sogar Taren die Beine spreizen.«
»Karm steh mir bei!«, sagte Dar.
»Hast du etwa noch nie gebockt?«, fragte Neena. »Na ja, mach dir keine Sorgen. Oft ist es auch schön.«
»Ich habe meine Mutter bei einer Geburt sterben sehen, und danach …« Dar errötete. »Ich weiß, was bocken ist. Erzähl mir nicht, dass es Spaß macht.«
»Du hattest einfach nur den falschen Mann«, sagte Neena.
»Ich möchte nicht darüber reden!«
Neena schaute sie verärgert an. »Ich will dir doch nur helfen. Du bist nämlich auch nichts Besonderes. Wir alle tun manche Dinge nur, weil wir überleben wollen, ob wir es nun wollen oder nicht.«
Im weiteren Verlauf des Tages zog Dar sich immer mehr in sich selbst zurück. Sie dörrte Fleisch, bis es an der Zeit war, das Abendessen zuzubereiten. Es bestand aus Nahrungsmitteln,
die zu verderblich waren, um verpackt werden zu können. Wie üblich wurde Dar eingeteilt, um die Orks zu bedienen. An diesem Abend freute sie sich darüber, weil es bedeutete, den Männern für eine Weile zu entkommen. Sie liefen schon um die Feuerstellen herum. Die meisten hatten getrunken, was zur Folge hatte, dass sie derbe Reden führten. Sogar die wenigen nüchternen Männer hatten ein lüsternes Glitzern in den Augen. Dar kannte diesen Blick; er machte sie ängstlich.
Während sie kochte, suchte sie in der Menge nach Murdant Kol. Als sie zum Baden ging, da sie anschließend auftischen musste, hatte sie ihn noch immer nicht erspäht. Es überraschte sie nicht. Sie ging davon aus, dass er sich Zeit ließ, weil er davon ausging, dass sie sich ihm fügen würde.
Das Warten war eine Qual. Dar stellte sich fortwährend vor, wie Kol zu ihr kam und erwartete, dass sie mit ihm bockte. Wenn nicht, bin ich die Beute aller anderen. Die Frauen gingen davon aus, dass sie Murdant Kol zu Willen sein würde. Dar wusste zwar, dass es am besten wäre, wenn sie ihm nachgab, doch der Gedanke daran rief Erinnerungen an die nächtlichen Besuche ihres Vaters wach. Die alten Gefühle von Demütigung und Ekel wallten in ihr auf – Emotionen, die nur von ihrer Wut in Schach gehalten wurden. Es war Wut gewesen, die sie schließlich angetrieben und zum Messer hatte greifen lassen, um die Gewalttaten zu beenden. Jene Nacht markierte den einzigen Sieg in ihrem Leben. Und jetzt soll ich mich wieder unterwerfen?
Trotz allem fürchtete sie sich davor, sich ihm zu verweigern. Bei der Erinnerung daran, wie Varf ihr Kleid hochgezogen und den glühenden Stock gepackt hatte, zitterte sie. Sie empfand Trotz, aber sie wollte nicht sterben. Im Tod lag kein Triumph. Dar wusste, dass er auch keine Würde schenkte. Sie wollte nur, dass man sie in Ruhe ließ, doch das war die einzige Wahl, die man ihr versagte.
8
GESCHRUBBT UND IN EIN sauberes Gewand gekleidet, ging Dar mit den anderen Frauen los. Sie trug einen schweren Korb mit gekochtem Gemüse; heißes Wasser tröpfelte heraus, das ihre Füße benetzte. Als sie den Kreis aus Ästen betrat, fiel ihr auf, dass er innen verändert war. Die konisch zulaufenden Grasgebilde waren fort. Auf dem außer einem großen Haufen Feuerholz nun kahlen Hügelkamm saßen die Orks. Dar sah sie erstmals in Kampfkleidung. Eiserne Helme bedeckten wuchtige Schädel. Rüstungsteile waren an ihre Schultern, Arme und Beine geschnallt. Sie trugen dick besohlte Sandalen. Auf dem Schoß jedes Einzelnen lagen neben einer Metallschale klobige Waffen: Kampfäxte, schwere Säbel und Eisenkeulen, die keinerlei Verzierungen aufwies. Alles was Dar sah – Helme, Harnische und Waffen – war streng dem Verwendungszweck untergeordnet.
Der Dunkle Pfad kann nicht mehr fern sein, dachte sie und nahm eine blutbefleckte Axt in Augenschein. Wie schnell man doch vom Leben auf den Sonnenlosen Weg tritt. Während sie die Orks verpflegte, dachte sie über den Tod nach. Er erschien ihr unausweichlich – es sei denn, sie konnte sich überwinden, mit
Murdant Kol zu bocken. Ich muss es tun. Ich habe keine Wahl. Ihr fielen die am Tag ihres Einrückens gefallenen Worte des lüsternen Söldner ein: »Für eins bist du bestimmt gut.« Hatte der Mann recht gehabt? Bei dem Gedanken zuckte Dar innerlich zusammen. Es ist besser, zu gar nichts zu taugen, als nur dazu! Obwohl es ihr ganz und gar nicht behagte, mit ihrem Körper für ihre Sicherheit zu zahlen, begriff sie, dass Verweigerung sie auch nicht retten würde. Was ich auch tue, ich werde verlieren. Sollte sie vielleicht weglaufen? Mit ihrem Brandzeichen war sie dann eine
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