Soldner
sagte Dar. »Sie hat wenig Verstand.«
Nagtha-yat lächelte. »Das ist gute Antwort.« Sein Blick richtete sich wieder auf Kovok-mah, der sich im Sitzen verbeugte. »Macht dir ihr Geruch nichts aus?«
»Sie sind sauber«, erwiderte Kovok-mah, »und riechen nicht nach Angst.«
Nagtha-yat beugte sich zu Dar vor und schnupperte. »Und weswegen möchtest du die beiden in deinem Quartier haben?«
»Um Muth’la zu ehren«, sagte Kovok-mah.
»Für Söhne ist es schwierig, Muth’las Willen zu kennen«, sagte Naghtha-yat.
»Deswegen sollten sie auf Mütter hören«, sagte Dar.
Nagtha-yat drehte sich um und sprach zu seinen Begleitern. »In dem, was diese Mutter sagt, ist Klugheit.«
Als er das Wort »Mutter« ausgesprochen hatte, wusste Dar, dass man Twea und ihr nichts tun würde.
27
IM VERSORGUNGSLAGER waren zwei Völkerschaften vertreten, und die Dar betreffende Nachricht verbreitete sich sehr schnell – sowohl bei den Orks als bei den Menschen. Die Orks behandelten Dar von nun an wie eine Kuriosität – eine Mischung aus Mutter und Washavoki. Manche sahen nur ein Washavoki in ihr; andere hingegen akzeptierten sie als Mutter. Einige ärgerten sich über ihre vermeintliche Anmaßung. Unter diesen waren auch ein paar, deren Unmut an Hass grenzte, doch selbst sie fügten sich den Klugen Söhnen, die Dar und Twea erlaubten, in Muth’las Umarmung zu nächtigen.
Bei den Menschen war Dar nun berüchtigt. Den Gerüchten zufolge war sie widernatürlich – höchstwahrscheinlich eine Perverse und ganz bestimmt eine Verräterin an ihrem Volk. Obwohl Dar geächtet war, war sie zu interessant, als dass man sie gänzlich ignoriert hätte. Die schlüpfrigen Geschichten und die Tatsache, dass ein Ork für sie getötet hatte, machte sie exotisch. Während andere Frauen für zusätzliche Rationen mit Söldnern bockten, war sie als »die Ork-Hure« bekannt. Die Spekulationen darüber, was in Kovok-mahs Quartier passierte,
waren so endlos wie phantasievoll. Dar war sich zwar des Geredes bewusst, das man um sie veranstaltete, gab sich aber alle Mühe, es zu überhören.
Ihr Ruf brachte ihr auch einige Vorteile ein: Jeder kannte sie. Wenn die Söldner auch schlecht über sie redeten, sie behielten die Finger bei sich. Einige Männer schüchterte Dar ein; andere erwiesen ihr knurrig Respekt. Sogar Murdant Kol ließ sie in Ruhe.
Auch die anderen Schildronen aus Dars Regiment ließen sich in den folgenden Tagen auf dem Lagerplatz nieder. Neena machte Dar bei den eintreffenden Frauen schlecht, und Murdant Kol sorgte dafür, dass jeder, der ihr freundlich begegnete, grob behandelt wurde. So blieb Dar eine Ausgestoßene. Da sogar Memni ihr aus dem Weg ging, erfuhr sie nie, aus welchem Grund ihre ehemalige Freundin ihre Vorderzähne verloren hatte.
Nachdem das Regiment sich neu formiert hatte, ging alles wieder seinen normalen Weg. Für die Frauen bedeutete dies, dass sie Brennholz sammeln, Wasser schleppen und Grütze kochen mussten. Sonst hatten sie wenig zu tun. Die Männer, die nicht wie die Kavallerie und die Infanteristen gedrillt wurden, lungerten meist nur herum. Viele Regimentsfrauen verbrachten mit ihnen die Tage und überließen jenen, die keinen Geliebten hatten, den größten Teil der Arbeit.
Die Ankunft des Vertreters der Königin brachte Veränderung in Dars Routine. Als er mit dem letzten Ork-Regiment ins Lager ritt, verbreitete sich die Meldung, er wolle seine Truppen inspizieren. Diese Nachricht bewirkte eine dramatische Veränderung im Verhalten der Murdanten, die plötzlich nur noch Disziplin interessierte. Zum ersten Mal seit Dar eingezogen worden war, bemühten sich die Männer, militärisch zu wirken: Die Waffen wurden geschliffen. Wer über einen
Harnisch verfügte, bürstete den Rost ab und polierte ihn. Den Frauen wurde befohlen, das Regimentslager aufzuräumen, sämtliche Zelte abzuschlagen und ordentlich wieder aufzubauen. Die Orks waren von all diesen Vorbereitungen ausgenommen. Eigentlich nahm man sie gar nicht wahr.
Am Tag der Inspektion traten die Offiziere bei Sonnenaufgang auf wie nie zuvor. Sie ließen ihre Untergebenen in ordentlichen Reihen antreten. Auch die Frauen stellten sich auf. Dann wartete man auf das Erscheinen des Vertreters. Er kam am Vormittag und ritt langsam auf einem Pferd heran. Er wurde von Murdant Kol begleitet, der ebenfalls beritten war. Dar sah den General zum ersten Mal. Ihr fiel sofort auf, wie ähnlich er dem Murdanten war. Der Vertreter der Königin war zwar schwerer
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