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Soldner

Soldner

Titel: Soldner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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ein Schwerthieb konnten ihr und Twea ihren Beschützer nehmen. Wenn dies passierte, würde Murdant Kols Rache sicher schnell über sie hereinbrechen – zuerst über Twea, dann über sie selbst.
    Wäre Dar keine Hochländerin gewesen, hätte sie sich ihrer Verzweiflung bestimmt ergeben. Doch ihr bisheriges hartes Leben hatte sie gelehrt, sich an jedes Glück zu klammern, das die Gegenwart bot. Sie richtete zwar ein argwöhnisches Auge auf die Zukunft, ließ sich von ihren bösen Vorahnungen aber nicht die Laune verderben. Sie machte sich Sorgen, aber sie lächelte auch. Manchmal, wenn Twea ihrem Spieltrieb frönte, wirkte Dar so unbekümmert wie ein Mensch bei einem Ausflug.
     
    Die Straße führte zur breiten Überflutungsebene des Turgen hinab. Obwohl man den Fluss noch nicht sah, war die fruchtbare schwarze Erde, die die Straße flankierte, ein Beweis seiner Nähe. Die Üppigkeit der Landschaft kontrastierte mit dem Zustand ihrer Gehöfte. Vorbeiziehende Truppen hatten wenig übrig gelassen. Die Häuser, die sie passierten, waren leere Ruinen. Horden von Soldaten hatten sie ausgeplündert. Ohne requirierbare Vorratskammern kürzte Murdant Teeg an diesem Abend die Kornrationen. Tagelang hatte man nur Grütze gegessen. Von nun an würden die Mahlzeiten so mager wie eintönig ausfallen.
    Nachdem Teeg die Neuigkeit verkündet hatte, sagte Taren leise zu Neena: »Die Männer werden es an uns auslassen.«
    »Dann lass Schorfkopf auftischen«, sagte Neena. »Wo ist sie überhaupt?«
    »Mit Dar unterwegs«, erwiderte Taren. »Sie sammeln Brennholz.«
    Als Neena Dars Namen hörte, verfinsterte sich ihre Miene.
»Ich habe dich gestern Abend mit der Schlampe reden hören. Ich dachte, wir hätten beschlossen, sie zu schneiden.«
    »Vielleicht haben wir uns in ihr geirrt«, sagte Taren.
    »Haben wir nicht. Ich kenn’ ihre Art. Sie hat einem Murdanten für einen Ork den Laufpass gegeben. Sie würde auch dem Ork für was Besseres den Laufpass geben.«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Taren.
    »Du solltest dir genau überlegen, auf wessen Seite du stehst«, sagte Neena. »Entweder bist du für oder gegen uns. Und vergiss nicht: Kein Ork beschützt dich. «
    Taren gab keine Antwort. Trotzdem war Neena sicher, dass sie ihre Drohung genau verstanden hatte.
     
    Twea und Dar bedienten die Orks spät, da Twea zuerst den menschlichen Soldaten auftischen musste. Wie am Abend zuvor aß Twea in Muth’las Umarmung. Dar ließ sie bei Kovok-mah, bis sie mit ihren Aufgaben fertig war. Als sie zu seinem Quartier zurückkehrte, hatte Twea sich auf seinem ausladenden Schoß zusammengerollt und schlief tief und fest.
    Kovok-mah sagte leise auf Orkisch: »Wir müssen über morgen sprechen, Dargu. Bald ist die Zeit zum Töten gekommen. «
    »Hai«, sagte Dar. In Ihrer Magengrube breitete sich ein kaltes Gefühl aus.
    »Bald werden viele Urkzimmuthi sich versammeln. Sie werden dich und Vögelchen anschauen und nur Washavoki sehen – keine Mütter. Es kann gefährlich werden.«
    »Es ist überall gefährlich«, sagte Dar leise.
    »Aus dir spricht Klugheit.«
    Während Dar und Kovok-mah leise miteinander sprachen und immer dann verstummten, wenn Twea sich rührte, wurde Dar bewusst, dass sie bald neuen Ork-Einheiten begegnen
würde, bei denen keineswegs feststand, dass man sie akzeptierte. Ihr fiel ein, dass Zna-yat sie beinahe getötet und der Wachtposten ihr beinahe die Kehle aufgeschlitzt hätte. Unser beider Schicksal liegt in den Händen der Orks. Und es ist zu spät, daran etwas zu ändern. Sie konnte nur eins tun: warten, um in Erfahrung zu bringen, was das Schicksal für sie bereithielt.

26

    DIE SCHILDRON erreichte den Turgen am Morgen des folgenden Tages. So breit wie er hier war, bildete er eine mächtige Grenze. Sein Wasser – grau von den Sedimenten der nahen Berge – strömte schnell, und er war so kalt, dass er sogar die Luft in seiner Umgebung abkühlte.
    Dar empfand beim Anblick des Flusses Ehrfurcht. Es faszinierte sie, dass kaltes Wasser in einer starken Strömung so aussehen konnte, als koche es.
    Die Straße folgte dem Flussufer. Nachmittags sichteten sie eine gewaltige Steinbrücke, deren Bögen den Fluss überspannten und felsige Inseln miteinander verbanden. Das Gestein war so verwittert, dass man kaum erkennen konnte, wo die Inseln endeten und das Mauerwerk begann. Die Brücke war das beeindruckendste Bauwerk, das Dar je gesehen hatte. Sie blieb stehen, um es sich anzuschauen. Auch Kovok-mah hielt an. »Das ist Flis

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