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Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)

Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)

Titel: Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Faras
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hergeholt?“
    „Privatsache“, entgegnete Eva knapp und legte die Stirn in Falten. Wenn Kershin sich aus seinem Büro und nicht aus dem allgemeinen Labor meldete, verhieß das nichts Gutes.
    „Ich komme gleich zur Sache, Eva“, begann er sachlich, „damit Sie wieder mit dem weitermachen können, wobei ich Sie gestört habe ... Patientin S-1100 ist verschwunden.“
    „Was? Solvejg?!“, entgegnete Eva entgeistert und ignorierte Kershins missbilligendes Stöhnen, als sie die Patientin mit ihrem Vornamen erwähnte. „Wie kann das sein?“
    „Das versuchen wir noch herauszufinden. Sie wurde vor etwa einer Stunde zuletzt in ihrem Zimmer gesehen. Offenbar ist sie weggelaufen.“
    „Komisch, sie machte mir einen ganz ruhigen Eindruck, als ich sie heute verlassen habe.“
    „Sie sind die Expertin dafür“, erwiderte Kershin desinteressiert. „Aber diese Klone sind schwer berechenbar, das ist ja nichts Neues.“
    Eva presste die Lippen aufeinander. Sie mochte seine abfällige Art über ihre Patienten zu reden nicht, doch in diesem Fall lag er vielleicht nicht so falsch. Solvejg war auch für sie schwer einschätzbar.
    „Hören Sie, ich wollte Ihnen das nur mitteilen, weil es Ihre Patientin ist, Eva. Ich will Sie wirklich nicht weiter stören an ihrem freien Abend. Sobald ich etwas weiß, werde ich mich bei Ihnen wieder melden.“
    „Danke, Dr. Kershin“, entgegnete sie, zum zweiten Mal an diesem Tag verwundert über seinen Anflug von Höflichkeit ihr gegenüber. „Ich hoffe, Sie haben Erfolg.“
    „Wir tun unser Bestes.“
    Der Comscreen wurde schwarz, als Kershin die Verbindung beendete. Eva schüttelte sich leicht und blickte dann auf die Wasserlache unter ihr. Sie hatte sich nicht die Zeit genommen, sich abzutrocknen, bevor sie den Anruf machte, nur einen Bademantel hatte sie übergeworfen, um das Licht etwas heller schalten zu können. Seufzend ging sie wieder zurück ins Bad und ließ das Wasser aus der Wanne. Der Moment der Zufriedenheit war gewichen, doch auch das Gefühl der Einsamkeit war nicht zurückgekommen.
    Erneut ertönte ein Signal, dieses Mal jedoch von der Hausanlage. Eva zog den Bademantel um ihre Taille fest und kehrte zum Comscreen zurück, um den Ruf des Portiers entgegenzunehmen.
    „Ja?“, meldete sie sich.
    „Entschuldigen Sie, Frau Aden, ich wollte Sie nicht stören, aber eine ... Besucherin ist hier unten bei mir und behauptet, sie wolle zu Ihnen.“ Der Portier war dem Tonfall nach etwas verwirrt.
    „Eine Besucherin?“.
    Eva verengte die Augen, während sie sich fragte, wer sie besuchen kommen könnte. Es kam hin und wieder mal vor, dass einer der Nachbarn bei ihr klopfte und nach einem Päckchen Sahne oder etwas ähnlichem fragte, aber ein Besucher von außerhalb des Hauses kam praktisch nie vor.
    „Sind Sie noch da?“ Der Portier klang ein wenig genervt.
    „Oh, entschuldigen Sie, ja, ich bin noch da. Wer ist die Besucherin denn?“
    „Das ist das Problem. Sie weigert sich mir ihren Namen zu sagen. Sie will überhaupt nur mit Ihnen sprechen. Ich hätte Sie gar nicht damit belästigt, aber sie schein unter ihrem Mantel ein Nachthemd zu tragen, so eins, was man im Krankenhaus bekommt. Ich dachte, es wäre vielleicht eine Patie...“
    „Fragen Sie sie, ob es um S-1100 geht“, unterbrach Eva ihn abrupt.
    „Wenn Sie meinen ...“
    Eva hörte den Portier die Frage stellen, die Antwort konnte sie nicht richtig verstehen, doch der klang der Stimme passte zu Solvejg. Ungeduldig wartete sie, bis sich der Portier wieder meldete.
    „Sie hat bejaht, aber sie ist ganz offensichtlich sehr nervös. Sollte ich nicht doch lieber den Sicherheitsdienst rufen?“
    „Nein!“, entgegnete Eva schärfer als beabsichtigt. „Schon in Ordnung. Ich danke Ihnen, dass Sie mich angerufen haben. Ich kenne sie, lassen Sie sie nach oben und geben Sie ihr meine Appartementnummer.“
    Entgegen ihrem ansonsten sehr höflichen Umgang mit dem Portier trennte Eva die Verbindung ohne ein weiteres Wort. Sie eilte in ihr kleines Schlafzimmer und suchte sich frische Kleidung aus dem Schrank. Sie hatte nur wenige Minuten um sich abzutrocknen und anzuziehen, selbst wenn Solvejg ihre Tür nicht sofort fand.
    Als sie schließlich das zaghafte Klopfen an der Wohnungstür hörte, hatte sie sich gerade den Pullover über den Kopf gezogen. Sie war noch barfuß und ihre Haare waren noch nass und offen. Unter anderen Umständen hätte sie so nie die Tür geöffnet. Sie trug ihre Haare nie offen in der Öffentlichkeit.

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