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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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sich umgehend mit der Polizei in Verbindung zu setzen.
    Noch bevor er eine Landkarte von Oberbayern googelte, wusste
Stamm, dass er die Schilderung vom Tod Josef Müllers vor sich hatte. Die Karte
erhärtete die Gewissheit. Annerose Müller hatte ihm erzählt, dass ihr Mann auf
dem Rückweg von Salzburg war, und die B 21 war die direkte Verbindung
von Salzburg nach Kitzbühel. Er sah sich die E-Mail noch einmal an. Ein PHK Franz Maier hatte, »in der Hoffnung, dass Ihnen die
Angaben weiterhelfen«, die Nachricht geschickt. Eine Telefonnummer stand im
Briefkopf. Stamm sah auf die Uhr. Fünf nach drei, da mussten auch die
Öffentlichkeitsarbeiter der Polizei noch im Dienst sein. Stamm griff zum
Telefonhörer.
    »Polizeipressestelle, Maier, grüß Gott.«
    Die Stimme klang tief und angenehm. Stamm stellte sich einen
grauhaarigen Polizisten mit einem buschigen Schnauzbart vor.
    »Guten Tag, Herr Maier, Hans Stamm vom Magazin, Sie haben mir heute
eine Mail geschickt, es ging um einen tödlichen Unfall im Dezember 2000. Dafür
erst mal herzlichen Dank. Ich würde dazu gern noch ein paar Fragen loswerden.«
    »Ah ja, die alte Geschichte. Ich hatte mit Ihrem Anruf schon
gerechnet.«
    »Wieso?«
    »Na, ich nehme doch an, wenn Sie sich nach so vielen Jahren für diesen
Unfall interessieren, dann wollen Sie doch bestimmt nicht die Pressemitteilung
abdrucken.«
    Stamm lachte höflich. »In der Tat. Sie schildern in der Mitteilung
den Stand der Dinge unmittelbar nach der Unfallaufnahme. Gab es denn später
darüber hinausgehende Erkenntnisse? Zum Beispiel zur Unfallursache?«
    »Darf ich zunächst erfahren, warum Sie danach fragen?«
    »Es geht um die Person des Opfers. Ich vermute, dass es sich um
einen Mann namens Josef Müller handelt.«
    PHK Maier zögerte kurz. »Sie wissen,
dass wir zu Identitätsfragen keine Auskunft geben.«
    »Weiß ich, weiß ich. In Bayern werden da sicherlich die gleichen
Regularien gelten wie in Nordrhein-Westfalen. Machen wir’s doch so: Wenn das
Opfer nicht Josef Müller ist, ist der Fall für mich sofort erledigt.«
    Maier schwieg.
    »Wollen Sie immer noch wissen, warum ich mich für den Unfall
interessiere?«
    »Ja.«
    »Okay, also Müller spielte eine gewisse Rolle in einem ungeklärten
Kapitalverbrechen in Mecklenburg. Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass er von
dort stammte und in der DDR eine etwas
undurchsichtige Position innehatte.«
    »Naa, des wussten wir so genau nicht. Nur dass er aus Mecklenburg
kam.«
    »Ja klar, stand ja wahrscheinlich in seinem Ausweis.«
    »Genau.«
    »Haben Ihre Spezialisten denn später noch etwas über die Unfallursache
herausgefunden?«
    »Nichts Genaues. Es konnte nicht geklärt werden, warum der Wagen von
der Fahrbahn abgekommen ist. Ein paar Bremsspuren, die aber viele Deutungen
zulassen. Unangepasste Geschwindigkeit ist eine Möglichkeit. Aber dafür waren
die Spuren eigentlich zu kurz. Kann aber auch sein, dass er die Kurve zu spät
gesehen hat. Sekundenschlaf ist eine weitere Möglichkeit. Reifglätte kann es
auch gewesen sein, obwohl es dafür eigentlich zu früh war. Oder er ist
abgedrängt worden. Einen Zusammenstoß mit einem anderen Fahrzeug hat es aber
mit einiger Sicherheit nicht gegeben. Es gab keine entsprechenden Spuren am
Fahrzeug, das andererseits aber auch ziemlich demoliert war. Mit anderen
Worten: alles offen. Selbst ein Suizid ist nicht ausgeschlossen, wenn auch
unwahrscheinlich.«
    »Warum?«
    »Na eben wegen der Bremsspuren. Es sei denn, er hätte es sich in
allerletzter Sekunde noch anders überlegt. Es wurden natürlich, wie in solchen
unklaren Fällen üblich, Ermittlungen aufgenommen, aber auch im Umfeld des Opfers
ergaben sich keine brauchbaren Ergebnisse. Er kam wahrscheinlich aus Salzburg,
wo er anscheinend Erkundigungen über ein Opfer des Bergbahnunglücks in Kaprun
eingezogen hat. Das war kurz vorher passiert.«
    »Ach ja?«, machte Stamm. »Wie kam man darauf?«
    »Wir haben im Wagen die Benachrichtigung über den Tod eines Mannes
an seine Angehörigen gefunden.«
    »Moment«, sagte Stamm, »ich dachte, der Wagen sei ausgebrannt.«
    »Ja«, bestätigte Maier, »des stimmt, da bin ich erst auch drüber
gestolpert, als ich mir die Akte nach Ihrer Anfrage noch amal gezogen habe.
Aber es gibt da eine einfache Erklärung. Es verhält sich so, dass die Sachen in
so einem metallenen Hartschalen-Aktenkoffer waren, der im Kofferraum lag. Genau
wie seine persönlichen Papiere übrigens, durch die der Fahrer identifiziert
werden

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