Soljanka (German Edition)
bestimmt ’ne Menge zu
erzählen. Wie geht’s Ihnen, Angela?«
»Sehr gut«, sagte sie mit einem strahlenden Lächeln, das ihr etwas
Engelhaftes gab. »Die Sonne scheint so schön.«
Mit einer knappen Abschiedsgeste hakte sich Corinna bei ihrer
Schwester ein, und sie traten hinaus.
»Ach Birgit«, rief ihnen Bach hinterher. »Geht nicht in den Wald,
ja, da ist es ganz matschig nach der Schneeschmelze.«
»Das macht uns doch nichts aus«, sagte Corinna heiter.
»Bitte, Birgit!«, insistierte Bach. »Es ist wirklich sehr matschig!«
Nach einem prüfenden Blick zu Bach nickte Corinna.
»In Ordnung, wir bleiben oben.«
Bach ging in die Küche, und Stamm folgte ihm. Von einer Anrichte
nahm Bach eine Flasche Wodka und zwei Schnapsgläser und füllte sie bis an den
Rand. Nachdem sie sich an den Tisch gesetzt hatten, hob Bach sein Glas.
»Auf die späte Gerechtigkeit!«
»Prost«, sagte Stamm. Er nippte zunächst nur, während Bach den
Schnaps mit einem Schluck hinunterstürzte.
»Erzählen Sie mir von Dembski!«, forderte Bach Stamm auf. »Was hat
er die ganzen Jahre getrieben?«
»Soweit ich das in Erfahrung gebracht habe, hat er von der Schweiz
aus in Immobilien gemacht. Unter falscher russischer Identität, wie gesagt.
Offensichtlich beherrschte er die Sprache.«
»Natürlich, er war in der Ausbildung ja lang genug in Moskau.«
»Geld hatte er offenbar auch genügend beiseitegeschafft. Ihm
gehörten einige Ferienwohnungen in Kitzbühel, vielleicht auch woanders, die von
seiner Partnerin, einer österreichischen Maklerin, verwaltet wurden.
Anscheinend war ihm dieses Rad aber nicht groß genug. Er fing mit
Projektentwicklung an und hat dabei zumindest zuletzt nicht gekleckert. In
Düsseldorf ging es um ein Hochhaus im dreistelligen Millionenbereich. Dafür
muss er nach menschlichem Ermessen andere Geldquellen angezapft haben,
wahrscheinlich in Russland.«
»Na ja, da gibt es ja genug stinkreiche Verbrecher, die auf einer
Wellenlänge mit Dembski sind.«
Stamm leerte sein Schnapsglas.
»So stelle ich mir das auch vor. Und dann hatte er ja auch noch
einen guten alten Bekannten in der wichtigsten Entscheidungsposition. Die Sache
schien narrensicher zu sein.«
Bach hob die Flasche. »Noch einen?«
Stamm überlegte kurz, dann nickte er. Bach schenkte ein.
»Was ist schiefgelaufen?«, fragte er.
»Tja, so einfach ist das nicht zu erklären. Das Hauptproblem war
wohl, dass es eine konkurrierende Investorengruppe gab, die auch aus ziemlich
grobem Holz geschnitzt war. Die haben Kostedde mit einigen Winkelzügen unter
Druck gesetzt und Dembski einen Privatdetektiv auf den Hals gehetzt. Das hat
der Arme nicht überlebt, aber der Mord war aus Dembskis Sicht ein schwerer
Fehler. Zwar kennt bis heute fast niemand die genauen Zusammenhänge, aber es
gab Vermutungen. Und die reichen bei einem so sensiblen Projekt wie einem
stadtbildprägenden Hochhaus. Dembski wollte die Sache mit Gewalt retten, das
Ergebnis kennen Sie.«
Sie hoben die Gläser und tranken beide aus. Bach nahm den Faden
wieder auf.
»Was ich mich frage: Wusste Dembski, dass Birgit eine enge
Mitarbeiterin von Kostedde war?«
»Nein«, sagte Stamm. »Er wusste vermutlich von van Wateren, dass sie
nach ihrer Flucht aus Waren in Düsseldorf gelandet war. Aber zu jenem Zeitpunkt
war sie noch nicht in der Stadtverwaltung, und van Wateren verschwand ja
urplötzlich von der Bildfläche.« Er machte eine Pause. »Na ja, und Kostedde
hatte keine Ahnung, wer seine Referentin war.«
Bach nahm die Wodka-Flasche in die Hand und betrachtete sie. »Das
ist ein Tag zum Betrinken«, murmelte er. »Aber ich habe wirklich noch viel
Arbeit. Kaffee?«
Stamm atmete erleichtert aus. »Gern.«
Bach stand auf und machte sich an der Kaffeemaschine zu schaffen.
»Ist es da unten im Wald eigentlich wirklich so matschig?«, fragte
Stamm.
»Sicher«, brummte Bach, ohne sich umzudrehen. »Sie haben ja selbst
gesehen, wie viel Schnee hier lag. Ein großer Teil ist jetzt auf einmal
geschmolzen.«
Stamms Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. Bach
drehte sich um, nachdem er die Kaffeemaschine ausgeschaltet hatte.
»Was ist?«, fragte Bach.
»Nichts, ich frage mich nur, ob zwei erwachsene Frauen in diesem
Matsch ertrinken können.«
»War ja bloß ’ne freundliche Warnung. Sie müssen sich ja nicht
komplett einsauen.«
»Sehr fürsorglich«, sagte Stamm. »Mir geht nur der Gedanke durch den
Kopf, dass Ihre eindringliche Warnung mehr mit der Hütte da unten
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