Soljanka (German Edition)
wahrscheinlich sagen, sie ist emotional stabil.«
Corinna Metzger lächelte schwach.
»Aber bitte«, fuhr Stamm fort, »das ist mein Eindruck nach einem
einzigen persönlichen Treffen und wenigen Telefonaten. Ich kann mich auch furchtbar
täuschen. Trotzdem finde ich Dr. Terlindens Vorschlag richtig. Wichtig
wäre nur, neben der behutsamen psychologischen Begleitung, dass auch alle
mitspielen.«
Corinna Metzger schwieg lange. Erst nachdem Stamm den Touareg in der
Nähe des Hotels eingeparkt hatte, wandte sie sich ihm zu.
»Ich glaube, ich wäre bereit, auf meine Mutter zuzugehen. Aber ich
habe Angst davor, Angela den Vorschlag zu unterbreiten. Ich weiß einfach nicht,
wie ich es anfangen soll.«
»Darüber solltest du mit Dr. Terlinden reden. Ich kann mir
schon vorstellen, dass ihr da etwas einfällt. Ein größeres Fragezeichen sehe
ich bei Thilo Bach. Ihn kann ich nicht einschätzen. Er scheint mir ein Mann von
sehr starken Überzeugungen zu sein. Wenn er sich sperrt, sehe ich ehrlich
gesagt nicht, wie man diese Hürde überspringen kann.«
»Er ist nicht Angelas Vormund«, sagte Corinna in einem leichten
Anflug von Trotz.
»Mag sein, aber die rechtliche Seite ist auch nicht das Problem. Er
scheint mir psychologisch eine so zentrale Position zu haben, dass es meiner
Meinung nach unverantwortlich wäre, etwas ohne oder gar gegen ihn zu
unternehmen. An Thilo Bach kommt ihr einfach nicht vorbei. Aber wer sagt denn,
dass er gegen Angelas Kontakt zu eurer Mutter ist? Vielleicht ist er Feuer und
Flamme für die Idee. Ich könnte nicht vorhersagen, wie er reagiert. Ich würde
sagen, wir ruhen uns heute ein wenig aus, und morgen fahren wir nach Kargow.
Wenn du möchtest, kann ich versuchen, dich zu unterstützen.«
»Danke«, sagte Corinna und öffnete die Beifahrertür. »Und jetzt lass
uns ins Hotel gehen, ich habe einen Bärenhunger.«
Nach dem Frühstück setzten sie Eva und Wanja am Ufer der Müritz
ab. Die beiden wollten von dort aus einen Spaziergang zurück in die Stadt
machen. Die Sonne schien, ein milder Südwestwind heizte die Luft schon um halb
elf auf vorfrühlingshafte zehn Grad auf. Dann fuhren Corinna und Stamm nach
Kargow.
Thilo Bach hatte die Ärmel seines Flanellhemdes hochgekrempelt und
schraubte an seinem Traktor. Zumindest bis er den Touareg auf das Hofgelände
einfahren sah. Danach erwartete er Corinna und Stamm mit dem Schraubenschlüssel
in der Hand.
»Überraschender Besuch«, brummte er, als sie vor ihm standen. »Vor
allem in dieser Zusammensetzung.«
»Hallo, Thilo«, sagte Corinna. Sie umarmte den stämmigen Mann kurz.
Stamm reichte ihm die Hand. »Wie geht’s Angela?«
»Ganz gut. Sie putzt die Fenster. Will die Sonne reinlassen, sagt
sie.«
»Das ist schön. Sind die ersten warmen Tage, stimmt’s?«
»Mhmm«, machte Bach. »Fast schon übertrieben nach der Schafskälte
der letzten Wochen.«
»Darf ich zu ihr?«, fragte Corinna.
»Sicher. Sie freut sich bestimmt, dich zu sehen.«
Stamm sah Corinna nach, bis sie im Haus verschwunden war. Bach hatte
sich wieder über den Motor seines Traktors gebeugt.
»Sie haben also Birgit gefunden«, sagte er, ohne aufzublicken.
»Tja, das ist witzig«, sagte Stamm beiläufig. »Ich kannte sie schon,
als ich zum ersten Mal hier war, aber ich wusste es nicht. In Düsseldorf heißt
sie Corinna Metzger, was ja genau genommen nicht einmal ein falscher Name ist.
Corinna ist ihr zweiter Vorname, Metzger heißt sie nach ihrem inzwischen
geschiedenen Mann.«
Bach arbeitete schweigend weiter. Stamm setzte sich auf eine Bank
neben der Scheune, lehnte sich zurück, schloss die Augen und hielt die Nase in
die Sonne. Nach ein paar Minuten ließ ihn ein lautes Scheppern hochschrecken.
Durch die zusammengekniffenen Augen sah er, dass Bach die Motorhaube des
Traktors geschlossen hatte. Er wischte sich die Hände an einem öligen Lappen
ab, kam näher und setzte sich neben Stamm auf die Bank.
»Ist einiges los in Düsseldorf im Moment, was?«, sagte Bach.
»Sie sind im Bilde?«
»So halb. Seit Sie hier waren, schau ich ab und zu auf die
Internetseite des Magazins, und inzwischen auch auf andere lokale
Zeitungsseiten. Ich war neugierig, wie sich Dembskis alter Komplize Kostedde
aus diesem Bauskandal rettet. Dem ist schwer beizukommen, was!«
»Kann man sagen. Dreimal chemisch gereinigt, wie es so schön heißt.«
»Und Birgit war wirklich die Assistentin von … so einem?«
»Na ja, Sie werden ja gelesen haben, dass diese Episode
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