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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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melancholisch weise macht. Oder, wie es bei Wilhelm Busch heißt:
     
    Bescheidenheit ist das Vergnügen
An Dingen, welche wir nicht kriegen.
AFFE UNTER AFFEN
ODER: DARWIN, BREHM UND BUSCH
    Der Mensch, die »Krone der Schöpfung«, und der Mensch als »Ebenbild Gottes« rangierte nach der jüdischen und der christlichen Religion vor allen anderen Lebewesen. Auf Gottes Geheiß, als dessen edelstes Geschöpf, machte er sich die Erde untertan.
    Der erste Zacken fiel den Erdbewohnern, die sich als Mittelpunkt der Schöpfung wähnten, durch Kopernikus und Galilei aus der Krone. Auf einmal drehte sich nicht mehr alles um die Erde, nicht mehr alles um sie. Zu Beginn der Neuzeit war der Egozentrismus des Menschen zum Witz geworden. Auch wenn er es nicht gleich kapierte.
    Darwin sorgte für den zweiten Schlag ins Kontor. Die Menschen waren auf einmal keine Sonderanfertigung Gottes mehr, der sie nach seinem Bilde geformt hatte, sondern Tiere unter Tieren, Primaten unter Primaten. Wir stammen vom Affen ab. Und statt Gott hat uns die Evolution so geschaffen, wie wir sind, durch die »natürliche Zuchtwahl«. Durch ein brutales, gnadenloses Auswahlprinzip: den »Kampf ums Dasein«. Den Kampf, in dem der Stärkere überlebt. »The survival of the fittest.« Auch das war ein schwer zu ertragender Witz, wir lebten nicht mehr vonGottes Gnaden, nicht mal unsere Herrscher, die sich heute noch, wenn auch ein wenig kleinlaut, darauf berufen. Der Souverän, das Volk hat gewählt.
    Den dritten Schlag bereitete Freud unserem Selbstverständnis. Auch unsere Seele, unser »Ich« war auf einmal nicht mehr aus sich selbst geboren und autark, sondern ein Produkt von Erbanlagen, Umwelt, Erziehung, Zeitumständen, kurzum: Wir waren auch in dieser Hinsicht in unserem Selbstvertrauen und Souveränitätsglauben ein Witz. Auch hier wird das Animalische zum entscheidenden Trieb, zur entscheidenden Antriebskraft. Instinkte, wie bei Darwin, beherrschen den Menschen.
    Darwins Erkenntnis von der tierischen Natur des Menschen fiel in die Zeit, als Wilhelm Busch seine Gedichte und Bildergeschichten schuf. Und es gibt ein Gedicht von ihm, das die Evolution zum Menschen in der Regression zum grunzenden, auf allen vieren kriechenden Tier beschreibt, nachdem die damalige Darwin-Debatte auf Biertische und Weinabende heruntergekommen war.
     
    Sie stritten sich beim Wein herum,
Was das nun wieder wäre;
Das mit dem Darwin wär gar zu dumm
Und wider die menschliche Ehre.

Sie tranken manchen Humpen aus,
Sie stolperten aus den Türen,
Sie grunzten vernehmlich und kamen zu Haus
Gekrochen auf allen vieren.
     
    Tierwitze handeln, wie Busch beweist, auch von der Rückverwandlung des Menschen in ein Tier. Circe, die Odysseus’ Gefährten zu Schweinen verwandelt. Einer der schrecklichsten Witze von vermenschlichten Tieren und vertierten Menschenist 1726 , lange vor Darwin, erschienen und noch länger vor Freud. Scheinbar – und das ist ein geheimer Witz dieses großen Werkes – ein Kinderbuch, aber in Wahrheit von abgrundtiefer misanthropischer Einsicht, darin den finstersten Märchen, in denen Menschen mit Tieren zusammenstoßen, ähnlich – eine literarische Schreckenskammer der verächtlichen tierischen Seiten des Menschen.
    Solche Geschichten vertierter Menschen und vermenschlichter Tiere gibt es zuhauf – oft sind es Märchen und Sagen, immer mythologische Überlieferungen ihr Ursprung, es gibt den Satyr mit dem Bocksleib, den Teufel mit dem Pferdefuß, wobei der Satyr mit seinem menschlichen Oberbau (dem Oberkörper und Kopf mit Bockshörnern) wie eine vorweggenommene Spiegelung des Freud’schen Seelenmodells später psychologische Erkenntnisse zu reflektieren scheint.
    Shakespeares Sommernachtstraum ist so ein albtraumartiger Witz, wo sich die edle Titania in einen Esel verliebt. Und Wilhelm Hauffs Geschichte von dem jungen Engländer, der eine Gesellschaft verzückt und dessen Onkel alle warnt, dem Neffen nur ja nicht die Krawatte zu lockern. Und als sie diese Warnung in den Wind schlagen, erleben sie den Ausbruch des Affen aus seiner zivilisatorischen Zähmung und Fessel. Kafkas Bericht für eine Akademie zeigt einen Affen, der die Zähmung und Zerstörung seiner Urnatur artig vor einer »Akademie« vorträgt (ein böses, nachhallendes Echo auf Swift wie auf Hauff). Es gibt Kafkas Geschichte Die Verwandlung , in der der Held als Käfer, als Insekt aufwacht. Es gibt die Künstlergeschichte von Josephine, der Sängerin, die unter Mäusen spielt –

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