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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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unwahrscheinlich, geradezu abstrus konstruiert. Sie sind verrückt, verrücken die Realität, um zu ihrer pointierten Wahrheit, zu ihrem pointierten Elend zu kommen. Zum tragikomischen Schluss. Also:
     
    Ein Häftling, der zu einer lebenslangen Haft verurteilt worden ist, kommt nach zwölf Jahren frei. Er erblickt das Licht der Freiheit mit einer großen Hoffnung, einer glänzenden Perspektive. Es ist ihm nämlich gelungen, in den vielen Jahren seiner Haft einer Fliege, die im Witz ein für Insekten unglaublich langes Leben hat, das Klavierspielen beizubringen. Ebenso hat in seiner Einzelzelle wundersamerweise die ganzen zwölf Jahre ein Konzertflügel von Bechstein gestanden. So geht’s eben zu in Witzen. Diese Fliege kann virtuos Klavier spielen, Liszt, Chopin, Rachmaninow.
Jetzt ist er also frei und sie mit ihm. Er zieht sich fein an, grauer Anzug, scheitelt sein Haar und macht sich auf den Weg zu einem berühmten Impresario. Er wartet zwei Stunden im Wartezimmer, das natürlich wegen des Rufs des Impresarios gut gefüllt ist. Die Fliege sitzt geduldig auf seinem Jackenrevers. Ihre Stunde wird kommen.
Endlich ist der Mann dran. Er wird zum Impresario ins Zimmer geleitet. Der ist nach einem langen, anstrengenden Arbeitstag schon ziemlich nervös und gereizt und etwas fahrig.
»Ja, und Sie?«, sagt er und geht im Zimmer auf und ab.
»Was haben Sie mir zu bieten?«
»Ja«, fängt der Mann an, »ich war viele Jahre im Gefängnis, genau gesagt zwölf Jahre, und habe dort –«
    »Aha«, unterbricht ihn der Impresario. »Entschuldigung, auf Ihrem Revers sitzt eine Fliege.« Der Impresario drückt impulsiv auf die Fliege. Fliege tot!
»So, jetzt können Sie fortfahren.«
     
    So kann die Zukunft mit einem jähen Schlag beendet sein. Wie Künstler ihre Hoffnung auf Impresarios setzen, so versuchen Tüftler, ihre Erfindungen beim Patentamt schützen zu lassen, um später richtig Kohle damit zu verdienen.
    Es gibt Patentamt-Witze, wo Erfinder abgeschieden von der Welt und siegesgewiss das Farbfernsehen, das Handy oder den Dosenöffner neu erfunden haben, ohne zu wissen – die armen eremitischen Narren –, dass das, was sie erfunden haben, schon längst erfunden worden ist.
    Jetzt aber zu einem Mann, der etwas gegen Fliegen erfunden hat. Ein todsicheres Pulver.
     
    Er kommt zum Patentamt. Ein freundlicher, verständnisvoller Patentbeamter empfängt ihn, verschränkt die Hände ineinander, lehnt sich zurück und fragt:
    »Nun, was haben Sie uns denn Schönes, Neues und Überraschendes zu bieten?«
    Der Mann klappt seine Aktentasche auf und entnimmt ihr eine blecherne Streudose.
    »Ich habe hier«, erläutert er, »ein absolut todsicheres und umweltverträgliches Fliegenpulver. Hier!« Er schüttelt die Büchse, ein feiner Pulverstrahl fällt auf eine von dem Mann vorsorglich auf dem Demonstrationstisch ausgefaltete Zeitung.
    »Also«, fährt der Mann fort. »Sie haben eine Fliege. Sie fangen sie mit der Hand.« Der Mann stellt das pantomimisch dar. »So etwa. Dann nehmen Sie die Fliege vorsorglich zwischen zwei Finger. So!« Er demonstriert das. »Drücken die Fliege leicht, bis ihr die Augen vorquellen.« Er zeigt das mit Fingerdruck zwischen Zeigefinger und Daumen, und er versucht, Glupschaugen zu machen.
    »Wenn Sie so weit sind, dass die Augen hervorstehen, nehmen Sie die Streudose.« Er nimmt sie. »Und streuen ihr leicht eine Prise Pulver in die Augen. So.« Er zeigt es. »Und, was soll ich Ihnen sagen! Schon ist die Fliege tot!«
    Der Patentbeamte guckt ihn an. »Gut«, sagt er.
»Aber ich hab da eine Frage! Wenn Sie die Fliege so zwischen zwei Fingern haben«, er wiederholt das Spiel des Mannes zwischen seinem Daumen und Zeigefinger, »dann können Sie doch gleich kräftig zudrücken.« Er drückt Daumen und Zeigefinger zusammen. »Dann ist die Fliege doch auch tot.«
    Der Mann nickt. »Sie haben recht.«
     
    Bei Wilhelm Busch werden Fliegen mit der Klatsche auf dem Babykopf totgeklatscht. Es gibt bei ihm den Bienenstaat und den der Ameisen. Und Joachim Ringelnatz hat diesen kleinen emsigen Tieren ein witzig-philosophisches Gedicht gewidmet. Es heißt »Die Ameisen«.
    In Hamburg lebten zwei Ameisen,
Die wollten nach Australien reisen.
Bei Altona auf der Chaussee,
Da taten ihnen die Beine weh
Und da verzichteten sie weise
Dann auf den letzten Teil der Reise.

So will man oft und kann doch nicht
Und leistet dann recht gern Verzicht.
     
    Es ist »die Moral von der Geschicht«, die dieses Gedicht so

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