Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
geht im Moment nicht so gut. Ist nicht gefragt.«
»Aber ich stehe dabei auf dem Kopf und balancieresechs Bälle mit den Füßen, während ich unten mit den Händen spiele.«
»Ach, wissen Sie«, winkt der Agent wieder ab. »Bälle balancieren! Das ist im Moment auch nicht gefragt. Ich glaube …«
Da unterbricht ihn der Künstler und ruft: »Aber ich bin ein Hund!«
Die folgende Geschichte ist ein Blindenhund-Witz.
Dessen Herr kommt mit seinem Blindenhund in die Gemischtwarenabteilung eines großen Kaufhauses. Er stellt sich hin und beginnt, seinen Hund an der Leine kräftig herumzuschleudern. Immer im Kreis.
Der Abteilungsleiter eilt herbei: »Was machen Sie denn mit Ihrem armen Hund?«
Darauf der Blinde: »Na, man wird sich doch wohl noch mal umschauen dürfen.«
Hunde sind Opfer der Launen und Gebrechen ihrer Herren. Die nächste Geschichte ist eine aus dem Baltikum, wo die adeligen Korffs, die Nimrods des Nordens, große Jäger vor dem Herrn, wohnen. Ihr baltisches Idiom ist inzwischen Historie, doch in den Sechzigerjahren gab es noch viele Kollegen, die es beherrschten, in der Zeit Freunde der Chefredakteurin, Gräfin Dönhoff. Haug von Kuenheim etwa.
Doch jetzt zum Hund:
Ein Besucher kommt zum Baron Korff. Er wird vom Dienstmädchen in die Halle geführt. Sie bittet ihn zu warten. Er setzt sich, bekommt einen Tee, ein Jagdhund des Hauses legt sich ihm zu Füßen. Döst vor sich hin.
Zufällig entfährt ihm ein Wind, als der Baron denRaum betritt und der Hund wie in Panik gejagt den Raum verlässt.
Der Baron droht dem Gast neckisch mit dem Finger.
»Ich weiß, welches Malheurchen Ihnen widerfahren ist. Immer wenn einem von uns das vor Gästen passiert, rufen wir zornig ›Hasso!‹ und verpassen dem Hund einen Tritt.«
Ein anderer Witz erzählt sich im Singsang der Balten besonders gut:
Party bei Baron Korff. Es geht hoch her. Es wird viel gegessen, viel getrunken, viel gelacht, derb, versteht sich, und viel einander zugeprostet. Gegen Mitternacht tritt der Diener mit besorgter Miene zu dem Hausherrn.
»Herr Baron, ich muss Ihnen melden, leider ist der Kaviar ausjejangen. Alle.«
Der Baron schaut ihn kurz an, überlegt und sagt dann: »Macht nix, mischen Sie Schrotkugeln unter die Reste. Die Jäste sind jetzt so besoffen, die merken das nicht mehr.«
Am nächsten Mittag treffen sich zwei Gäste.
»Merkwürdijes Fest beim Baron Korff.«
»Ja«, sagt der andere, »sehr feucht, sehr merkwürdig.«
»Ja«, nimmt der andere langsam den Gesprächsfaden wieder auf. »Und der Kaviar – und der Kaviar.«
»Ja«, ergänzt gedankenvoll wieder der andere. »Ja, der Kaviar. Heute morjen, beim Stiefelanziehen, habe ich meinen Hund erschossen.«
Blähwitze, muss man sagen, haben immer etwas Derb-Befreiendes, vor allem wenn sie an die naturnahe Unbefangenheit dergrob herzlichen Herrschaften und ihre grenzenlose Gastfreundschaft erinnern.
Alle diese Witze haben mit Fäkalischem zu tun, das sich über Hund und Herrchen seinen Weg bahnte, als die gute alte Zeit in die hygienische Moderne mit ihren abgeschirmten Klosetts überging.
Doch deftig ist auch der älteste Hundewitz, der meines Wissens in Deutschland überliefert ist. In dem Zusammenhang ist immer von Martin Luther die Rede, der mit seiner Bibelübersetzung eine neue deutsche Sprache geschaffen hat: bildkräftig und deftig, klangreich und kein Blatt vor den Mund nehmend. Der sogenannte Volksmund zitiert gern aus dem Stegreif einen Ausspruch des Dr. Martin Luther, der, nach dem Mittagessen oder dem Abendbrot, seinen Gästen zurief: »Warum rülpset und furzet ihr nicht! Hat es euch nicht geschmacket?«
Das ist die treudeutsche, altdeutsche behagliche Art, wie sie auch Goethe in »Auerbachs Keller« im Faust festgehalten hat. Man sitzt im eigenen Dunst. Da wird getrunken und geschweinigelt und gesungen, bis man zufrieden sagt: »Uns ist so kannibalisch wohl als wie fünftausend Sauen!« Und so geht auch die Hunde-Fabel Luthers, der sich die Frage stellt, warum alle Hunde einander bei der Begrüßung und beim Kennenlernen am After schnuppern und sich selbst dort beriechen.
Luthers Antwort, echt antipapistisch. Der Papst habe einem von ihnen eine geheime Botschaft in einer Bulle zugesteckt und der habe sie in seinem Gedärm verborgen. Nun würden alle anderen Hunde sich gegenseitig beschnüffeln und versuchen, die geheime Botschaft zu finden.
Bei Goethe versteckt sich der Teufel in einem Hund und knurrt und fletscht die Zähne,
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