Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
Mäuse, die Kafka sich als Tiervolk für die Juden ausgedacht hat. Wir finden sie in dem kruden und bösen Comic von Art Spiegelman, Maus , wieder.
Hier wird eine furchtbare Tendenz deutlich, denn was man zu Tieren macht, darf man ja auch vertilgen, auslöschen. Wie im Märchen von »Rotkäppchen und dem bösen Wolf«: »AberGroßmutter, warum hast du einen so großen Mund?« Antwort: »Damit ich dich besser fressen kann.« Fressen und gefressen werden, das ist die große Botschaft dieser Tierparabeln.
Auch das Phänomen der unaufhaltsam in Panik sich selbst vernichtenden Massen, der Massenhysterie, der Massenflucht, die einer Stampede wilder Rinderherden gleicht, wird so satirisch wiedergegeben. In Eugène Ionescos Stück Die Nashörner .
Wie sehr sich Freud in seiner Seelentheorie von Darwins Muster speiste, zeigt sein Regress auf die Urhorde, die an heutige Affenfamilien erinnert. Dort ist er, noch vor dem griechischen Mythos von Ödipus, dem Vatermord der herrsch- und eifersüchtigen Söhne begegnet.
Als Darwins Theorie Schulstoff wurde, kursierte der folgende Witz:
Der Sohn kommt aus der Schule und sagt zu seinem Vater:
»Du Vater, der Lehrer hat gesagt, dass wir vom Affen abstammen!«
Darauf der Vater erbost: »Du vielleicht!
Ich bestimmt nicht!«
Die blinde Empörung ist tiefer, als es auf den ersten Blick scheint.
Wilhelm Busch kennt eine ganze Reihe solcher Kolonisations- und Tiergeschichten. Die vielleicht deutlichste ist die von Fipps, dem Affen, der in Afrika hinterlistig gefangen wird, um nach Europa verschifft zu werden, und sich dort mit seinem tierisch unschuldig-schuldigen Wesen rächt. Als Busch seine Tierbild-Geschichten Fipps der Affe , Hans Huckebein der Unglücksrabe und Schnurrdiburr oder die Bienen schrieb, war er sicher nicht nur mit Darwins »Kampf ums Dasein«-Thesen und Darwins Evolutionstheorie bekannt geworden, sondern auch mit Brehms Tierleben .
Alfred Brehm war 1863 Direktor des Zoologischen Gartens in Hamburg geworden und hatte das Berliner Aquarium erschaffen und bevölkert, er schrieb von 1864 bis 1869 sein berühmtes Brehms Tierleben , das bald darauf die »Tierbibel des deutschen Volks« genannt werden sollte. So wie Wilhelm Buschs Bildergeschichten-Sammlung, könnte man in einer Analogie sagen, zur »Humorbibel der Deutschen« wurde. Beides jedenfalls Volksbücher von immenser Wirkung, wobei Busch von Brehm wie von Darwin sehr beeindruckt war, wie auch von den »Zoologischen Gärten«, die damals in Europa aufkamen. Sie spiegelten die Kolonialwelt und waren, so wie Gewürze, Erze und Edelhölzer, ein Ausdruck des kolonialen Zeitalters. »Kolonialwarengeschäfte« hießen in meiner Kindheit Geschäfte, in denen es Zimt und Koriander, Pfeffer und Vanille gab.
Bei Zimt muss ich an einen Witz denken, der mir in der Zeit sehr übel genommen wurde, als Erhard Kortmann ihn auf seiner Witzseite abdruckte. Ich bekam, wie damals ( 1970 ) üblich, für diesen Witz, den Kortmann als abdruckenswürdig erachtete, eine Flasche Scotch als Naturalienhonorar. Und ziemlich viel Ärger mit »der Gräfin«, der Chefredakteurin. Hätte es damals schon die Phrase »menschenverachtend« gegeben, hätte ich sie zu hören bekommen. So blieb es bei einem Rüffel, den ich mit einem Gläschen aus der gewonnen Whiskyflasche hinunterspülte. Ich fühlte mich verkannt. Nicht über ein Leiden hatte ich mich lustig machen wollen, sondern nur über ein surreales Verb erfreuen, das dabei herauskam. Die Geschichte ging so:
Was ist der Unterschied zwischen einem Epileptiker und einem Grießbrei?
Antwort: Der Grießbrei liegt in Zucker und Zimt. Der Epileptiker liegt im Zimmer und zuckt.
Ach, der zimmende Grießbrei. Kein Fall für den Doktor, eher ein Verwandter des Wackelpuddings. Kolonialware!
Und da dieser Witz wirklich an den Zimt-Haaren herbeigezogen ist, möchte ich gleich noch einen Tierwitz an den Haaren herbeiziehen, bei dem das An-den-Haaren-Herbeiziehen zum Prinzip wird.
An der Dresdner Uni sind Examensprüfungen in Zoologie. Alle Studenten haben sich nur auf die Würmer vorbereitet, die, so weiß man seit Jahren, ein Steckenpferd des Professors sind, auf dem er bei Prüfungen gern herumreitet. Sein Spezialgebiet.
Die Prüfung beginnt. Der erste Prüfling kommt herein. Zu seinem Entsetzen fragt ihn der Professor nach Singvögeln. »Was wissen Sie von Singvögeln?«
Schwitzend und stotternd beginnt der Student: »Die Singvögel verlassen im Herbst Mitteleuropa und kommen
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