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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmuth Karasek
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gestoppt. Der Papst öffnet sein Fenster, der Polizei-Sergeant schaut ihn an, dreht sich um und geht zu seinemStreifenwagen zurück. Von dort aus ruft er seine Polizeistation an:
»’tschuldigung, Lieutenant, ich habe da einen Wagen gestoppt. Geschwindigkeitsüberschreitung!«
»Warum rufen Sie mich deshalb an?«, bellt der Lieutenant durch den Hörer. »Verpassen Sie ihm doch einfach einen Strafzettel!«
»’tschuldigung, Lieutenant, aber ich glaube, der Wagen gehört zu einem hohen Tier!«
»Nun«, knurrt der Lieutenant am anderen Ende der Leitung, »ist der höher als ich?«
»’tschuldigung, ich glaub schon, Lieutenant«, sagt der Sergeant höflich.
»Hm«, knurrt der Lieutenant, »hm. Ist der höher als der Polizeiminister in Ottawa?«
    »’tschuldigung, Sir«, sagt der Polizist, »ich glaub schon!«
    »Wer zum Teufel ist es denn?«, bellt der Lieutenant durch das Telefon.
»Keine Ahnung«, antwortet ihm der Sergeant. »Aber der Papst ist sein Chauffeur.«
     
    Auch dieser Witz handelt von einem hierarchischen Zwischenfall, von einer Störung in der Hackordnung im Oben-und-unten-Getriebe. Wie die über einen Minister, der, obwohl Freiherr, beim Abkupfern seiner Dissertation erwischt wird. Was für ein gefundenes Fressen für einen Witz. Daher noch ein letzter.
     
    Warum will Ursula von der Leyen nicht mehr neben Guttenberg am Kabinettstisch sitzen?
Weil der immer abschreibt.
     
    Hier wird die hohe Welt der Politik, die Erhabenheit der Kabinettssitzungen (Westerwelle, als er noch Vizekanzler war, kriegte sich überhaupt nicht ein, als er – die Kanzlerin war im Urlaub – einmal eine Kabinettssitzung leiten durfte. Er inszenierte das fürs Fernsehen und genoss die Inszenierung in vollen Zügen) auf die Schulbank-Banalität von Erstklässlern reduziert, die schielend beim Nachbarn abgucken und abschreiben. Zu dieser Szene denkt man sich Westerwelle hinzu, der die Finger schnippend hebt: »Herr Lehrer, ich weiß was!«
    Deutschland aber ist ja nicht nur das Land der Dichter und Denker, sondern auch das der Titel und Auszeichnungen. »Heiße Magister, heiße Doktor gar«, stöhnt Faust in Goethes Drama, und sein Famulus Wagner kann sich gar nicht halten, weil er mit dem Herrn Doktor Faust nicht nur parlieren, sondern auch beim Osterspaziergang das Bad in der Menge mit ihm genießen darf.
    Es gibt einen Witz, den sich die Besatzer nach der Stunde null, in der Trümmerlandschaft der zu Schutt und Asche gebombten deutschen Städte erzählten. Da gab es nicht nur die mit Recht berühmt gewordenen Trümmerfrauen, die im Schutt des zerstörten Deutschlands die Ärmel hochkrempelten und damit einen ersten Emanzipationsschub durch das Land schickten, es gab auch die ausgemergelten Hunger- und Elendsgestalten der daheimgebliebenen Männer, die im Volkssturm oder als Unabkömmliche den Krieg überstanden hatten.
     
    Aus den Trümmern hört man ein Rauschen und Murmeln. Eine Menschenkette aus älteren Deutschen räumt auf, reicht sich die Ziegel aus dem Schutt weiter. Wenn man dem Gemurmel näher kommt, versteht man, was sie beim Weiterreichen murmeln: »Bitte schön, Herr Doktor«, »Danke schön, Herr Doktor«, »Bitte schön, Herr Doktor«, »Danke schön, Herr Doktor«, »Bitte schön, Herr Doktor« … ad infinitum.
     
    1960 war ich Redakteur bei der Stuttgarter Zeitung . Deren Herausgeber, Josef Eberle, hatte in der Nazizeit zu seiner jüdischen Frau gehalten und auf jede Nazikarriere verzichtet. Er war vorher ein linker Volksschrifsteller gewesen, Sebastian Blau, der sehr schöne schwäbische Mundart-Gedichte voller List und sprachlicher Tücke geschrieben hatte. Jetzt, als einer der Lizenzträger der Stuttgarter Zeitung , wurde er schnell wohlhabend und angesehen. Er hatte aufgrund der zwölf barbarischen Jahre kulturellen und gesellschaftlichen Nachholbedarf, auch als Humorist, dessen mögliche akademische Karriere die Nazis verhindert hatten. Jetzt verfasste er lateinische Gedichte. Er veröffentlichte sie in der Wochenendbeilage seiner Zeitung, warum auch nicht? Er spendete dem klassisch-philologischen Institut der Universität Tübingen Gelder für deren Bibliothek und Forschung. Er wurde Ehrendoktor. Und dann sogar Ehrenprofessor, Professor h. c.
    Es war ein Festtag für ihn, als er das Anfang der Sechzigerjahre feiern durfte! Wir, seine Redakteure und Angestellten, waren zu diesem Anlass zu einem kleinen Umtrunk in sein Herausgeberbüro gebeten worden. Seine Chefsekretärin rief mich an.
    Wir lebten

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