Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
noch in den Loriot-Jahren der Benimm- und Anstands- und Hierarchieregeln, als der noch die Frage stellte, wie begrüßen sich zwei Beamte, die einander nicht vorgestellt worden sind, wenn sie unvermutet in einer Badewanne aufeinandertreffen, nackt, nur mit Seife und Bürste bewaffnet?
Die Sekretärin des Herausgebers, der nun nicht mehr nur Dr. h. c., sondern Professor h. c. war, rief mich also an. »Grüß Gott, Herr Doktor Karasek« (es erfolgte die Einladung für elf Uhr zu Butterbrezeln und Wein in die Herausgeberräume), dann die Verhaltensregel: »Übrigens, Herr Doktor Karasek, die Frau Professor möchte weiterhin nur Frau Doktor genannt werden.«
So war es, so ist es! Das macht klar, warum Baron zu Guttenberg, der zehn Vornamen, aber nur das erste juristische Staatsexamen hat, unbedingt Doktor cum laude werden wollte. Und warum ein Jurist der notorisch linken Fakultät in Bremen, Bundesgenosse der gescheiterten SPD -Ministerpräsidentin Ypsilanti, alles daransetzte, den Doktor mittels Internet abzuschießen.
Eine Episode? Ein Witz? Ein sehr deutscher Witz? Und gleich wollten die Grünen den Doktortitel als Bestandteil des Namens im Personalausweis abschaffen. Wie die Österreicher nach 1919 den Adelstitel. Prompt rief mich am Tag dieser Initiative die Bunte an. Was ich davon halte! Herr Professor Karasek!
Erst als die Guttenbergs weg waren vom Fenster, merkte das Publikum, dass die in Deutschland auch so etwas wie die Ersatz-Royals gewesen waren. Eine Karikatur hielt diese Sehnsucht fest.
Da sitzen zwei Alte vor dem Bildschirm. Darauf ist ein Paar mit Kronen zu sehen. Dem Datum nach das englische Prinzenpaar Kate und William. Aber die Alten seufzen vor dem TV -Gerät zufrieden:
»Gott sei Dank! Die Guttenbergs sind wieder da!«
Der jüngste »Vergleichswitz« zwischen Deutschland und seinen Nachbarn – solche Witze haben immer eine Tendenz zum fröhlichen Chauvinismus, aber auch einen Hang zur Selbstveräppelung, zur doppelten Aggression, nach außen wie nach innen – ist die Geschichte, in der zufällig am gleichen Tag drei Menschen im Himmel ankommen, die durch ihre Nationalität, also durch ihre Pass-Identität ausgewiesen sind.
Ein Deutscher, ein Italiener, ein Franzose treffen sich im Jenseits. Bei Petrus, sagen wir mal. Es ginge auch statt im Himmel bei Luzifer in der Hölle. Es machtekeinen Unterschied. Sie fragen einander: Wie kommt’s? Wie kommst du gerade jetzt hierher?
Antwortet der Franzose: »Die Pilzsaison hatte begonnen, ich hatte mir im Wald besonders delikate Pilze für eine Pilzrahmsuppe gesammelt. Einer davon war leider giftig. Voilà! Hier bin ich.«
Dann ist der Italiener an der Reihe. Auch er wird nach dem frühen, jähen Ende seiner Erdenbahn befragt. Er sagt: »Ich war bei meiner Geliebten. Wir spielten zu zweit Bunga-Bunga. Wurden von dem überraschend heimkommenden Mann meiner Freundin im Bett erwischt. Er hat mich sofort erschossen.« Er seufzt. »So schnell kann es gehen.«
Als Nächster ist der Deutsche dran. Kurz und knapp antwortet er: »Ich hatte Vorfahrt!«
Da ist es wieder, das gute alte Nationalitäten-Klischee, bei dem die Deutschen streng nach Vorschrift und gezielt nach sturer Rechthaberei in den Tod marschieren. Es gibt dafür auch die Variante von den fatalen letzten Worten.
Etwa den letzten Satz des Beifahrers: »Rechts ist frei.«
Oder den der Rottweiler-Besitzerin: »Er will ja nur spielen.«
Der älteste Vergleichswitz zwischen Nationalcharakteren der Zeit nach der Zäsur von 1945 geht so:
Was sind die drei dünnsten Bücher der Welt?
Erstens: Das Kochbuch von Bangladesch.
Zweitens: Italienische Heldensagen.
Drittens: 500 Jahre deutscher Humor.
Diesem deutschen Witz merkt man die aus zwei Weltkriegen herübergeretteten Ressentiments gegen den zwei Mal unzuverlässigen Kriegsgenossen und Achsenpaktstaat noch deutlich an. Unsere Stammtische bildeten sich noch viel auf die Tapferkeit bis zum letzten Mann und letzten Schuss ein. Ein leichter Beigeschmack, um nicht zu sagen ein gewisser Hautgout, macht sich bemerkbar. Nach dem Motto: Wir verstehen zwar keinen Spaß und »gehen zum Lachen in den Keller« – so die deutsche Redensart für den eigenen Humormangel –, sind aber »im Felde unbesiegt«, so der fatale Slogan nach dem Ersten Weltkrieg bis zum »Wollt ihr den totalen Krieg« im Zweiten Weltkrieg. So viel zu » 500 Jahre deutscher Humor«. Der Witz hat aber dennoch, auch wegen des Kochbuchs von
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