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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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hören, was auf die Anwesenheit weiterer Personen schließen ließ.
    Hinter der Treppe gingen moderne Schwingtüren von der Halle ab. Bond stellte fest, dass die Ausstattung sich dahinter grundlegend von der bisherigen unterschied. Vor ihm erstreckte sich ein weiterer breiter Korridor, der jedoch pistaziengrün gestrichen und mit weißen, gummibeschichteten Bodenkacheln ausgelegt war. Es sah aus wie in einem Krankenhaus. Hinter den geschlossenen Türen mit Glaseinsatz war das Summen von Maschinen zu hören. Bond warf einen Blick in eines der Zimmer: Brutkästen, Zentrifugen, Sterilisatoren, Gefrierschränke. Das nächste war als Krankenzimmer mit vier Betten und angeschlossener Schwesternstation eingerichtet. An manchen Türen hingen Schilder: »Röntgenabteilung« oder »Apotheke«. Es gab auch ein Büro, das mit »Dr. Masind« beschriftet war. Der Name kam Bond vage vertraut vor. Die Kinder, die Africa KIN einfliegen ließ, wurden hier tatsächlich von einer erstklassig ausgerüsteten Klinik aufgenommen.
    Bond hörte weiterhin nichts, was ihn beunruhigt hätte. Er fragte sich, wo Gabriel Adeka war – oben? Vielleicht sollte er besser kehrtmachen und sich die oberen Stockwerke vornehmen. Aber da hatte er bereits das Ende des langen Korridors erreicht. Links gab es eine Tür und rechts ein paar Steinstufen, die vermutlich in den Keller führten. Bond drückte die Tür auf und betrat eine Art Klassenzimmer mit Schulbänken, die in zwei Reihen vor einer Tafel angeordnet waren. Unmittelbar vor der Tafel lag ein Haufen ausgemusterter Kleidung. Als Bond das Licht anmachte, erkannte er, dass es sich nicht um Kleidung, sondern um kleine Rucksäcke handelte – dieselben, die die Kinder bei der Landung getragen hatten. Er hob einen Rucksack auf – die Unterseite war abgetrennt. Beim nächsten fehlte sie ebenfalls. Offenbar hatte man alle Rucksäcke aufgeschnitten.
    Er drehte sich zum Schalter, um das Licht wieder auszumachen, und entdeckte auf einem Seitentisch einen noch unversehrten Rucksack. Daneben lag ein Teppichmesser. Und neben dem Messer lagen in Zellophan gewickelte Scheiben eines kittähnlichen Materials fein säuberlich gestapelt. Bond griff nach einem Päckchen – knapp 20 Zentimeter lang, 10 Zentimeter breit und 2,5 Zentimeter dick, etwa 500 Gramm schwer. Damit war Breed also beschäftigt, als Turnbull McHarg auf die Hupe gedrückt und Bond die Bogenlampen zerschossen hatte. Bond nahm das Messer und trennte die Unterseite vom Rucksack ab. Im Futter steckte noch eine Scheibe, und er begriff nun, dass es sich um reines Heroin handelte, zu flachen Barren gepresst, etwa halb so groß wie ein Ziegelstein. Zwölf kranke Kinder, zwölf kleine Rucksäcke, sechs Kilo Heroin. Wer würde schon eine Leibesvisitation an einem unterernährten Kind mit Schüttelfrost vornehmen? Oder einem achtjährigen Minenopfer? Diese Art von Drogenschmuggel war zynisch, grausam, einfach und äußerst effektiv. Mit jedem Africa KIN -Flug dürfte eine Summe von –
    Bond hatte etwas gehört – ein Husten.
    Rasch machte er das Licht aus und ging in den Korridor. Wieder hörte er ein Husten, schwach und gequält drang es aus dem Keller. Ob dort unten ein Kind war? Eine Art Isolierstation für hochansteckende Fälle?
    Mit vorgehaltener Pistole stieg Bond die Stufen hinab. In der Decke war ein Nachtlicht eingelassen, das einen breiten Gang mit zwei Türen spärlich beleuchtete. Hinter der einen Tür war erneut das Husten zu vernehmen. Kein Kind – ein Erwachsener. Als Bond das Ohr an die Tür presste, hörte er mühsames Atmen. Im Schloss steckte ein Schlüssel. Er drehte ihn leise um und drückte behutsam die Tür auf, die Pistole im Anschlag. Im Licht, das vom Gang hereinfiel, konnte Bond einen Mann erkennen, der in der Ecke auf einer Matratze lag. Er tastete nach dem Schalter und machte die Deckenlampe an.
    Der Mann lag zitternd und mit angezogenen Knien auf einem verdreckten Laken. Ein Afrikaner, nur mit einer schmutzigen Unterhose bekleidet. Er wandte sich Bond zu, murmelte etwas. Sein Schädel war kahlrasiert und er trug einen Spitzbart. Gabriel Adeka.
    Bond trat auf ihn zu, schreckte nur kurz vor dem Gestank zurück. Gabriel Adeka litt offenbar unter furchtbaren Entzugserscheinungen. Kopf und Gesicht glänzten vor Schweiß, sein Körper krampfte sich immer wieder zusammen. Auf einem Tisch an der gegenüberliegenden Seite befanden sich eine Nierenschale aus Emaille, ein Bunsenbrenner mit angeschlossener Camping-Gasflasche, ein

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