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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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Handelsbilanzüberschuss vorweisen, indem es vor allem Kakaobohnen, Bananen, Kupfer und Nutzholz exportierte. Dann wurde im Delta des Zanza River Öl entdeckt – ein gewaltiges, scheinbar grenzenloses unterirdisches Ölmeer. Dieser Segen sollte sich bald als Fluch erweisen. Sinsikrou, Hauptstadt und Regierungssitz, lag im Norden von Zanzarim. Außerdem wurde die Regierung von Vertretern der Lowele beherrscht, des größten von etwa zwei Dutzend Stämmen im Land. Im Süden, wo das Flussdelta lag, hatte indes der Fakassa-Stamm die Vorherrschaft. Sämtliche Ölvorkommen wurden mitten im Stammesgebiet der Fakassa gefunden. Kein Wunder, dass die Fakassa den endlosen Zustrom an Petrodollars, den die Zukunft verhieß, in erster Linie als ihr Anrecht betrachteten. Die Regierung und mit ihr der Lowele-Stamm teilten diese Sicht jedoch nicht: Das Öl sollte dem ganzen Land und sämtlichen Bewohnern ungeachtet ihrer Stammesherkunft zugutekommen. Und so entbrannten zwischen den offiziellen Vertretern beider Stämme interne Fehden, die desto heftiger wurden, je weniger sie sich auf einen Kompromiss einigen konnten. Das Resultat war eine lähmende Pattsituation, die bis 1967 anhielt, als die ersten seriösen Schätzungen der potentiellen Ölreserven und die Größenordnung ihrer möglichen Erträge bekanntgegeben wurden.
    In Port Dunbar, der zentralen Stadt im Flussdelta, demonstrierten 200000 Fakassa gegen den »Diebstahl« ihres Stammeserbes durch die Lowele. Im Zuge von Ausschreitungen in Sinsikrou fielen über 300 Fakassa einem blutrünstigen Lowele-Mob zum Opfer. Im Süden fand daraufhin ein pogromartiger Rachefeldzug gegen die Lowele statt – Geschäfte wurden in Brand gesteckt, die Kaufleute vertrieben und deren Vermögen beschlagnahmt. Acht flüchtige Lowele-Polizisten wurden aufgegriffen und gelyncht. Als die Unruhen sich ausbreiteten und weiterhin willkürlich Blut vergossen wurde, scheiterten britische und UN -Diplomaten mit ihren Versuchen, Frieden zu stiften, und die wechselseitigen Spannungen nahmen unaufhaltsam zu, während jedes Massaker mit einem Gegenmassaker vergolten wurde, Auge um Auge, Zahn um Zahn. Die Fakassa flohen aus verschiedenen Landesteilen scharenweise in das Kerngebiet ihres Stammes rund um Port Dunbar. Ende 1967 löste sich der Süden des Landes – im Wesentlichen das Stammesgebiet der Fakassa – offiziell von Zanzarim. Es wurde ein unabhängiger neuer Staat geschaffen: die Demokratische Republik Dahum. Zwei Brigaden der Streitmacht von Zanzarim fielen in Dahum ein und wurden zurückgeschlagen. Der Bürgerkrieg hatte begonnen.
    Bond legte den Bericht aus der Hand. Es war wie dieser alte chinesische Fluch: »Mögest du in interessanten Zeiten leben«, nur lautete die zeitgenössische Variante »Mögen in deinem Land große Ölvorräte entdeckt werden«. Er blätterte die Zeitungsausschnitte durch und wählte einen Artikel aus der Feder eines Verteidigungsexperten, dessen Name ihm geläufig war. In den zwei Jahren seit Kriegsbeginn war es der haushoch überlegenen zanzarischen Armee gelungen, die Dahumer weit hinter die vorgebliche Grenze in jenes kleine Gebiet im Flussdelta zurückzudrängen, das die Stadt Port Dunbar umgab. Inzwischen bestand die Demokratische Republik Dahum noch aus Port Dunbar, einem Flugplatz in der Nähe eines Orts namens Janjaville und ein paar Hundert Quadratmeilen dichter Wälder, Wasserläufe und Mangrovensümpfe. Nach der Umzingelung von Dahum fing die Blockade an. Das verzweifelte Volk der Fakassa wurde systematisch ausgehungert.
    Die Regierung Ihrer Majestät stand auf Seiten Zanzarims (und versorgte dessen Armee mit Wehrmaterial) und drängte Dahum, um Frieden zu bitten und den Vorkriegszustand wiederherzustellen. Alle Beobachter waren sich darin einig, dass es andernfalls zu einer menschlichen Katastrophe kommen musste. Es schien zunächst unvorstellbar, dass Dahum der Belagerung länger als eine oder zwei Wochen standhalten würde.
    Bond dachte an das, was M ihm erzählt hatte.
    »Aber Dahum hat sich bis heute nicht ergeben«, hatte er mit einem Achselzucken gesagt. »Was für ein Heldenmut – diese kleine, behelfsmäßige dahumische Armee, die den ungleich überlegenen und viel besser ausgestatteten feindlichen Streitkräften die Stirn bietet. Wobei es bestimmt eine heimliche Luftbrücke gibt, die den Nachschub nachts auf diesem Flugplatz neben Janjaville ablädt. Dessen ungeachtet haben sie den Zanzaris doch tatsächlich auf ganzer Linie Einhalt geboten. Jedes

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