Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)
Mal, wenn die zanzarische Armee einen Vorstoß wagt, wird sie vernichtend geschlagen. Offenbar wird die Armee der Dahumer von einem echten Genie angeführt, einem brillanten Strategen, der einen Sieg nach dem anderen zustande bringt. Unter diesen Umständen wird sich der Krieg ewig hinziehen.«
Bond nahm ein Foto aus dem Time Magazine , das einen afrikanischen Soldaten zeigte, einen Brigadegeneral mit schwarzem Barett und scharlachroter Kokarde, der auf einem ausgebrannten Panzerwagen der Zanzaris stand. Die Bildunterschrift lautete: »Brigadegeneral Solomon ›Der Skorpion‹ Adeka – der afrikanische Napoleon«. Das also war der Mann, dem Dahum seine erstaunliche Widerstandskraft verdankte – ein militärisches Superhirn, das es irgendwie schaffte, einer Armee, die zehnmal so viel Mann zählte wie seine, eine Niederlage nach der anderen zuzufügen.
»Brigadegeneral Adeka ist die Schlüsselfigur«, hatte M schlicht und ergreifend festgestellt. »Nach allem, was man hört, ist er derjenige, der diesen Krieg im Alleingang aufrechterhält. Er ist das Ziel – der Gegenstand Ihrer Mission. Ich möchte, dass Sie nach Zanzarim reisen, sich in Dahum einschleusen und sich Zugang zu diesem Mann verschaffen.«
»Und was soll ich dann tun, Sir?«, hatte Bond gefragt. Er kannte die Antwort, ließ sich jedoch nichts anmerken.
»Ich erwarte von Ihnen, dass Sie Mittel und Wege finden, seine Kreise nachhaltig zu stören«, hatte M mit der Andeutung eines Lächelns geantwortet.
Es klopfte an seiner Tür. Bond hob gereizt den Kopf, als Araminta Beauchamp hereinkam. Sie war ein hübsches Mädchen mit dunklen Ponyfransen, die ihre Augen beinahe verdeckten. Deswegen warf sie ständig den Kopf zurück.
Bond seufzte. »Minty, ich sagte doch, dass ich unter keinen Umständen gestört werden will. Ist das so schwer zu verstehen?«
»Tut mir leid, Sir. Die Q-A bteilung hat gerade angerufen, man steht Ihnen dort jederzeit zur Verfügung.«
»Das ist mir bekannt. Ich habe eben mit M gesprochen.«
»Ich dachte, es wäre wichtig … « Ihr Kinn bebte, und als sie die Ponyfransen mit einem Finger zurückstrich, wären ihr fast Tränen der Reue in die Augen getreten.
»Danke«, sagte Bond freundlich. »Stimmt schon. Es könnte wichtig sein. Und bitte nicht weinen, Minty.«
Er fuhr mit dem Lift in Qs Kellerreich hinab und meldete sich an. Ein junger Brillenträger, der sich als Quentin Dale vorstellte, holte ihn ab. Seinem Aussehen nach war er etwa Mitte zwanzig, und er legte den missionarischen Eifer eines Zeugen Jehovas auf Hausbesuch an den Tag.
»Ich glaube nicht, dass wir uns schon begegnet sind, Commander«, sagte Dale fröhlich. »Ich bin erst seit ein paar Monaten hier.« Er führte Bond durch einen Gang zu seinem kleinen Büro, wies ihm einen Stuhl zu und setzte sich ihm gegenüber. Er nahm eine Akte von seinem Schreibtisch und schob die Brille zurecht.
»Sie werden ein paar Impfungen brauchen, wenn Sie nach Westafrika reisen. Sollen wir das übernehmen oder möchten Sie lieber zu Ihrem Hausarzt gehen?«
»Ich kümmere mich darum«, sagte Bond.
»Gelbfieber, Pocken, Polio – und Sie brauchen einen Vorrat an Malariamedikamenten. Daraprim soll sehr gut sein.«
»Prima«, sagte Bond. Es ärgerte ihn, dass die Q-A bteilung jeden als naives Unschuldslamm beziehungsweise ahnungslosen Trottel behandelte.
Dale warf einen Blick auf die Notizen in seiner Aktenmappe. »Sie sollten bei Ihrer Einreise in Zanzarim besser keine Waffe tragen. Die Flughafenkontrollen in Sinsikrou sind kriegsbedingt oft sehr gründlich. Und dann arbeiten Sie auch noch für eine französische Presseagentur … « Dale lächelte mitfühlend, als müsste er gleich eine traurige Mitteilung machen. »Die Franzosen erfreuen sich bei den Zanzaris nicht gerade großer Beliebtheit.«
»Wie kommt’s?«
»Sie haben dem Staat von Dahum eine Art De-facto-Anerkennung gewährt. Die Französische Botschaft in London dient als Basis für die Auslandsvertretung von Dahum.« Er zog eine Grimasse.
»Immerhin war Dahum eine Zeit lang französische Kolonie.«
»Stimmt«, räumte Dale ein.
»Und so dürfte ich mich dort umso größerer Beliebtheit erfreuen.«
»Genau – das ist der Plan.« Nun verzog Dale das Gesicht zu einem zustimmenden Lächeln, als hätte sogar der Klassenletzte eine knifflige Frage beantwortet. Er holte einen schweinsledernen Kulturbeutel aus seiner Schreibtischschublade, öffnete den Reißverschluss und führte Bond den Inhalt vor: Herrenkosmetik
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