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Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition)

Titel: Solo: Ein James-Bond-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Boyd
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McHarg.«
    Dieser Name setzte nun eine vage Erinnerung frei. Bond hatte tatsächlich einen »Bloater« McHarg gekannt, rund dreißig Jahre war das her, in seinem Internat in Edinburgh – Fettes College. Das dicke Gesicht nahm allmählich vertrautere Konturen an. Ja, Bloater McHarg, Bonds Berechnungen nach hatte er ihn 1941 das letzte Mal gesehen.
    Bloater streckte ihm die Hand entgegen, und er schüttelte sie.
    »Bloater McHarg. Wer hätte das gedacht.«
    Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs gab es in schottischen Internaten so gut wie keine pummeligen Jungen. Der damals schon ziemlich fettleibige McHarg wurde daher zum regelmäßig verspotteten Außenseiter und bekam wegen seiner aufgedunsenen Backen den Spitznamen »Bloater« verpasst. Bond brachte ihn schließlich dazu, der Schwergewichtsklasse seines neu gegründeten Judo-Clubs beizutreten, des ersten Judo-Clubs überhaupt in Fettes. Bloates lernte schnell, er bewies Talent für diesen Sport, und die anderen Jungen hörten bald auf, ihn zu drangsalieren, nachdem sie einige seiner Hebel- und schmerzhaften Würgegriffe zu spüren bekommen hatten. Bond war mit siebzehn von Fettes abgegangen und hatte ein falsches Alter angegeben, um sich der Navy anzuschließen. Seither bestand keinerlei Kontakt mehr zu seiner Schule, und er hatte keinen seiner Mitschüler oder Lehrer jemals wiedergesehen. Bis heute, dachte er reumütig, hier am Dulles Airport in Washington, D.C.
    »Du heißt doch James, nicht wahr?«, sagte McHarg. »Stell dir vor, ich habe erst vor ein paar Tagen an dich gedacht – nicht, dass ich oft an dich denke – , aber du hast mich damals gerettet, Bond. Auch wenn du das wahrscheinlich vergessen hast.«
    »Ich habe nicht vergessen, wie du einen 115-Kilo-Mann auf die Matte geworfen hast, als wir bei der südschottischen Judo-Liga siegten.«
    »Judo-Club von Leith. Wir haben sieben-sechs gewonnen.« Bloater McHarg strahlte über das ganze Gesicht. »Meine absolute Sternstunde. Du hast mich kämpfen gelehrt.« Er stemmte die Hände in die Hüften und starrte Bond mit einem Ausdruck seliger Verwunderung kopfschüttelnd an.
    »Ich habe dich auf Anhieb wiedererkannt«, sagte McHarg. »Du hast dich kaum verändert. Bis auf diese Gesichtsnarbe – die ist neu. Du warst schon immer ein gutaussehendes Kerlchen. Was treibst du in D.C.?«
    »Geschäfte.«
    »Wir müssen uns unbedingt auf einen Drink treffen. Wenn du magst, können wir beide richtig auf den Putz hauen. Ich bin hier zweiter Botschaftssekretär. Ich kenne die besten Adressen.« McHarg wühlte in seinen Taschen nach einer Visitenkarte, die er Bond überreichte. Bloaters richtiger Vorname war Turnbull. Turnbull McHarg.
    »Ich glaube, deinen Vornamen habe ich nie gekannt. Turnbull.«
    McHarg zückte einen Kugelschreiber und kritzelte eine Telefonnummer auf die Rückseite der Visitenkarte.
    »Das ist meine Privatnummer. Ruf mich an, wenn du dich eingelebt hast und ein Stündchen frei hast – dann gehen wir einen heben und so weiter und so fort.« McHarg zwinkerte ihm zu. »Hast du noch irgendeinen Kontakt zur alten Clique? Bowen den Älteren, Cromarty, Simpson, MacGregor-Smith, Martens, Tweedie, Mostyn oder Wiehießernoch, du weißt schon, der Grafensohn, Lord David White of – «
    »Nein«, warf Bond abrupt ein, mit der Absicht, die Flut vergessener Namen einzudämmen. »Ich bin keinem von ihnen begegnet. Keinem einzigen. Nie.«
    »Ruf mich an«, beharrte McHarg. »Du kannst hier nicht weg, ohne dass wir uns wiedersehen. Du wirst es nicht bereuen. Es ist einfach Schicksal.«
    Es ist einfach Pech, dachte Bond. Er sicherte ihm heuchlerisch zu, sich zu melden, und wandte sich mit einem Grinsen und fröhlichen Winken zum Gehen. Nur über meine Leiche. Nachdem er McHarg seinem Geschick überlassen hatte, setzte Bond die Suche nach einer Autovermietung fort. Nach wenigen Schritten hielt er inne und verfluchte sich selbst. Ohne Führerschein konnte er keinen Wagen mieten, und sein einziger verfügbarer Führerschein war auf den Namen James Bond ausgestellt. Ohne Auto wäre er hier jedoch verloren, und so müsste er das Risiko wohl oder übel eingehen. Außerdem hatte er die Passkontrolle hinter sich, so dass er von nun an leichter mit beiden Identitäten jonglieren konnte. Möglicherweise würde er seine Spuren dadurch sogar besser verwischen – indem er für Verwirrung sorgte. Er ging zu einem Schalter mit dem Schild » DC Car-Rental« und fragte nach ihren Spitzenmodellen. Dann entschied er sich rasch für einen

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