Solo
aufgenommen?» flüsterte sie. Und dann wandte sie sich ihm zu und packte ihn beim Arm. «Wann?» fragte sie. «Wann war er hier?» Der Junge blickte sie verständnislos an, und sie wies auf das Boot und dann auf das Foto. «Wann?»
Sein Gesicht erhellte sic h. «Gestern abend. Von Hydra.» Er drehte sich um und deutete hinauf zur Villa. «Zum Haus.»
«Aber das ist nicht möglich. Es ist nicht möglich.» Ihre Finger gruben sich in seinen Arm. «Wo ist er?» Wieder schwenkte sie das Foto vor seinem Gesicht. «Wo ist er?»
«Fort», sagte der Junge. «Fort.»
Er hatte es jetzt ein bißchen mit der Angst bekommen, rückte ein Stück von ihr ab und sammelte seine Fotos wieder ein. Als er ihr Morgans Bild aus der Hand nehmen wollte, reagierte sie in instinktivem Zorn und stieß den Jungen heftig von sich.
Dann sprang sie auf und lief die Stufen hinunter, rannte den schmalen Strandstreifen entlang. Das Foto hielt sie noch immer fest in der Hand. Auf der anderen Seite der Bucht führte ein Fußsteig steil durch die Pinienwälder bergan. Sie folgte ihm, ohne eine Ahnung zu haben, wohin sie ging. Sie wußte nur eins: Mikali hatte sie belogen.
Der Steig war steil und steinig, nur für Maulesel geeignet und keineswegs für Kates leichte Sandalen. Aber sie klomm blindlings weiter. Schließlich war sie auf dem Grat angelangt und sah ein kleines Plateau vor sich.
Erschöpft sank sie auf einen gefällten Baumstamm. Noch immer umklammerte sie das Polaroidfoto Morgans. Eine Weile starrte sie mit leerem Blick darauf, dann vergrub sie das Gesicht in den Händen.
Etwas bewegte sich in ihrer Nähe. Sie blickte auf und sah Morgan unter den Bäumen hervortreten.
Sekundenlang glaubte sie tatsächlich, verrückt zu werden. «Asa?» sagte sie. «Sie sind es doch, wie?»
Er stürzte auf sie zu, warf sie rücklings über den Baumstamm und umklammerte ihren Hals. «Du Luder!» sagte er. «Du verdammte, verlogene Hure!»
Sie fühlte, wie ihr Atem stockte, aber sie vermochte nichts gegen Morgans Kraft; und dann sah sie, wie Georgios Ghika sich über sie beugte. Er packte Morgan bei den Haaren und riß seinen Kopf so jäh zurück, daß Morgan vor Schmerz aufschrie, Kates Hals losließ und zu Boden fiel.
Blut begann durch den Verband an seinem Arm zu sickern. Er blieb einfach liegen und sah Kate an. «Sie wußten es die ganze Zeit. Sie haben ihn gewarnt, nicht wahr? Deshalb hat er mich gestern abend schon erwartet.»
«Was ist passiert?» fragte sie benommen.
«Ach, nichts. Er hat mir nur eine Kugel verpaßt, und ich bin über die Klippen ins Meer gefallen. Wäre jetzt schon Fischfutter, wenn dieser Alte und seine Frau mich nicht rausgezogen hätten.»
«Er ist also wirklich der Mann aus Kreta. Sie hatten recht.»
«Wollen Sie mir weismachen, Sie hätten es nicht gewußt?»
Sie setzte sich wieder auf den Baumstamm, hob das
zerknitterte Foto auf und gab es ihm. «Sehe n Sie sich das an, und lassen Sie sich alles über mich und John Mikali erzählen.»
Der alte Georgios war verschwunden. Er hatte kehrtgemacht und sich entfernt, als sie zu sprechen anfing. Als sie fertig war, blieb Morgan noch lange schweigend sitzen, und sie sah, daß auf seiner Stirn Schweiß perlte.
«Glauben Sie mir?»
Er stand vom Boden auf, setzte sich neben sie und legte ihr den Arm um die Schultern. «Ein Paar verdammte Narren, wir zwei, anders kann man's nicht nennen.»
«O Asa, ich mag Sie.» Sie lehnte den Kopf an seine Schulter, und sein heiler Arm schloß sich fester um sie.
«Ja, ja, wir Waliser sind schöne Männer, nur daß ich ungefähr zwanzig Jahre zu spät dran bin, also keinen Unsinn jetzt. Gehen wir lieber ein paar Dinge nochmals durch. Deville, sagten Sie? Jean Paul Deville?»
«Ja, so heißt er.»
«Wetten, daß er nicht bloß das ist, wofür er sich ausgibt.»
Er zitterte leicht, seine Augen blickten wild, sein Gesicht war schweißüberströmt.
«Was wollen Sie jetzt tun?» fragte sie.
«Ich weiß es noch nicht. Normalerweise würde ich am liebsten gleich hinuntergehen und mit ihm abrechnen, nur, so wie ich beisammen bin, könnte ich umfallen, wenn ich bloß zu tief einatme. Wenigstens wissen wir, wo sich der Hund am Samstag abend aufhält. Auf dem Podium in der Albert Hall.»
Er hatte jetzt starke Schmerzen, das sah sie ihm an. Sie sagte: «Sie gehören ins Bett, Asa.»
«Sie sagen, er setzt heute abend nach Athen über und fliegt noch in der
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