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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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behaupten, es seien seine ehemaligen Methodistenfreunde gewesen, andere wiederum meinen, es waren die Jünger seiner neuen Religion.«
    »Sie haben bestimmt gedacht, wenn es Gott glücklich macht, ein Tier geopfert zu bekommen, dann müsste ein Menschenopfer wahre Wunder bewirken«, meinte Odus. »Aber er blieb nicht bei den Toten.«
    »Das ist doch alles gequirlte Scheiße!«, rief Ray Tester.
    »Hier sind Damen im Raum«, ermahnte ihn David. Ray drehte sich um.
    »Tut euch wegen mir keinen Zwang an«, meinte Sarah. Eigentlich hätte sie jetzt mal den Mund aufmachen und sagen müssen, dass sie den Wanderprediger mit eigenen Augen gesehen hatte. Schließlich war David ein Kirchenmann. Er glaubte daran, dass schon einmal ein Messias erschienen und wiederauferstanden war. Außerdem sagten die Katholiken, dass Beichten der Seele guttut. Doch sie brachte die Worte einfach nicht über die Lippen. Ihr ganzes Leben lang hatte sie diese Geschichten gehört, aber sie hatte nie allzu viel darauf gegeben. Die Juden hatten ihre Dibbuks und Golems, aber dass ein Gottesmann von den Toten wiederauferstand und Leid über die Lebenden brachte – wo gab es denn sowas?
    Aber hatte der Wanderprediger denn wirklich Leid über die Menschen gebracht? In all den Geschichten, die sie von ihm gehört hatte, war er immer nur erschienen. So wie die Jungfrau Maria, oder wie der Teufel in den Wolken auf diesen retuschierten Fotos auf den Titelseiten der »Weekly World News«. Natürlich behaupteten manche, er habe Tod und Elend gebracht, aber eine Vielzahl dieser Unglücksfälle ließ sich auch einfach durch widrige Umstände erklären.
    Was hatte der Mann zu ihr gesagt? »Ich war mal von hier, aber das ist schon ein Weilchen her.« Das war keine Drohung, sondern einfach nur ein Fakt.
    »Wir sind hier an einem Punkt, an dem wir die Menschen überzeugen müssen«, sagte Odus. »Ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, Kirchenältester David, aber mit einem solchen Glaubenswechsel habt ihr Baptisten ja nicht gerade viel am Hut.«
    Sue hob die Hand, wie eine neue Schülerin. »Tut mir leid, Leute, aber ich versteh hier nur Bahnhof. Ich weiß gar nicht, warum ich eigentlich hier bin.«
    Odus nickte. Er ging durch den Mittelgang zur Kurzwarenabteilung und kam mit einem zerknautschten Rennrad wieder zurück. Die Räder eierten, die Kette schleifte über den Boden, der Sitz war total zerfetzt. Das Rad sah aus, als ob eine Elefantenherde darüber hinweggetrampelt wäre. »Kennst du das hier?«
    »Das ist eins von den Rädern, die die Everharts gemietet hatten.«
    »Das hab ich am Switchback Trail in den Büschen gefunden. Von dem Ehepaar war nichts zu sehen, nur ein paar zertrampelte Blätter unten am Bach. Aber das hier hab ich gefunden«, sagte er und hielt eine kleine Taschenlampe hoch. Am Griff klebte getrocknetes Blut.
    »Ich hab doch gesagt, ich hätte die Bullen rufen sollen«, sagte Sue.
    »Wozu?«, fragte Odus. »Das Problem geht ganz allein Solom etwas an. Wir müssen uns darum kümmern. Und was hätten wir denen denn sagen sollen? Dass ein Mann, der seit zweihundert Jahren tot ist, zurückgekehrt ist, um sich an denen zu rächen, die ihn damals umgebracht haben?«
    »Warte mal kurz«, hakte Lillian ein. »Du glaubst also nicht, dass das irgendetwas Übernatürliches ist?«
    »Ich weiß nur, was ich gesehen habe. Was sagen Sie dazu, Kirchenältester David?«
    David senkte die Augen. Der Ofen bullerte laut in der Stille, das Ofenrohr knackte vor Hitze. Der Rauch, der beim Anzünden des Feuers seinen Weg nach draußen gefunden hatte, legte sich jetzt in einer blaugrauen Wolke unter die Decke. Sarah ärgerte sich, dass sie gerade nichts zu tun hatte. Am liebsten hätte sie jetzt noch eine Kanne Kaffee gekocht oder eine Runde belegte Brote ausgegeben.
    »Sarah?« Odus sah ihr direkt in die Augen. »Du hast ihn doch gesehen!«
    Sarah blickte auf den Ladentisch und auf das Gurkenglas mit dem Kleingeld neben der Kasse. Es waren Spendengelder für Rupert Walpole, einen pensionierten Briefträger, der Kehlkopfkrebs hatte. Als ob ein paar Dollar den Krebs besiegen konnten, wenn er einmal seine Klauen in jemanden geschlagen hatte. Genauso war es mit dem Wanderprediger. Er hatte sich wieder in das Herz von Solom gefressen. »Ja, er war hier«, sagte sie. »Er lief direkt auf die Kasse zu, als ob er hier geboren wäre und jeden Zentimeter kannte. Aber wie kann das sein, wenn er doch die ganze Zeit tot war?«
    Ray lachte, es klang wie das Quieken einer

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