Solom: Der Wanderprediger (German Edition)
hätte: Greenpeace, den Umweltschutz, die Demokratische Partei und das Staatsministerium für Umwelt und Natur – alle hätte sie mobil gemacht.
Denn sauberes Wasser war pures Geld, genauso wie unberührte Landschaften. Viele Orte in den Bergen verscherbelten ihre idyllischen Hänge an Millionäre, die dort protzige Häuser bauten. Eine Entwicklung, die man nicht aufhalten konnte. Aber Sue würde für Solom kämpfen. Solange sie im Geschäft war, würde niemand mit Solom Schindluder treiben.
»Es geht nicht darum, was im Wasser ist. Sondern darum, was vom Wasser Besitz ergriffen hat«, sagte Odus.
»Guck nicht so gefährlich. Das macht mir Angst.«
»Solltest du vielleicht auch haben.«
»Red doch mal Klartext. Das ist doch wieder eins von deinen Märchen, oder? Die du den Leuten für Geld erzählst?«
»Du bist nicht aus Solom. Du kannst das nicht verstehen.«
»Ich gehöre genauso hierher wie alle anderen.«
»Also gut.« Odus ließ den Blick durchs Geschäft schweifen und blieb mit den Augen am Fahrradständer hängen.
»Zwei Räder fehlen.«
»Ja. Ein junges Ehepaar hat sie gestern ausgeliehen und sie noch nicht wieder zurückgebracht. Haben sich bestimmt einen fetten Muskelkater geholt und liegen jetzt im Bett, um ihn auszukurieren.«
»Wo wollten sie hin?«
»Haben sie nicht gesagt. Sie sind in östlicher Richtung die Straße am Fluss hochgefahren.«
»Dann werd ich wohl mal meinen Pick-up klarmachen und dort mal nachschauen.«
»Soll ich sie mal anrufen? Sie haben mir ihre Handynummer dagelassen.«
»Ach, ist bestimmt alles in Ordnung. Sind nur ein paar merkwürdige Dinge passiert in letzter Zeit. Ich bin wahrscheinlich ein bisschen durch den Wind.«
Sue suchte die Nummer heraus und hackte die Zahlen ins Telefon. Am anderen Ende antwortete eine monotone Frauenstimme, dass der Teilnehmer momentan leider nicht erreichbar sei. »In diesem Tal gibt es mehr tote Stellen als auf dem Friedhof«, meinte Sue.
»Da hast du wohl recht«, antwortete Odus. »Wenn du irgendwelchen Fremden begegnest, sei vorsichtig.«
»Ich mag Fremde. Meistens haben sie die Taschen voller Geld.«
»Nicht der, von dem ich rede.«
»Verflixt noch mal, Odus, warum musst du immer so in Rätseln sprechen? Warum rückst du nicht einfach raus mit der Sprache?«
»Weil du dann denken würdest, dass ich voll bin. Oder noch schlimmer.«
Sue nickte zustimmend. »Da könntest du recht haben.«
»Wir treffen uns nach Ladenschluss im Tante-Emma-Laden. Komm einfach rüber und du erfährst mehr, als du wissen willst.«
»Geht klar. Hab ja sonst nichts Besseres zu tun.«
Sue ging mit Odus zu seinem Auto und blickte über den Fluss, der unterhalb des Ladens eine sanfte Biegung machte. Sie hatte eine kleine Bootsrampe gebaut, um Kanus und Kajaks ins Wasser schieben zu können. Brombeersträucher, Kermesbeeren und Wasserhanf hatten sich am Ufer breitgemacht. Plötzlich teilten sich die vertrockneten Pflanzen und ein Ziegenkopf schaute heraus. Im fahlen Licht der Nachmittagssonne leuchteten die Hörner des Tieres wie gelbe Zähne.
»Die Viecher machen sich in letzter Zeit ganz schön breit hier«, bemerkte Odus durch das offene Autofenster. Der Motor heulte auf und paffte eine blaue Rauchwolke in die Luft.
»Ob ich die Polizei rufen soll wegen den beiden Radfahrern?«
»Solom nimmt die Dinge lieber selbst in die Hand.«
Genau das ist das Problem , dachte Sue, als Odus den Pick-up hinunter zum Tante-Emma-Laden steuerte.
28. KAPITEL
Sarah sah, wie Odus in seinem Pick-up vorbeifuhr. Wenn er nur nicht immer alles so durcheinanderbringen würde. Wie die Hamptons eben so sind. Als ihr Vater noch jung war, hatte ein Teil der Hampton-Sippe eine Getreidemühle mit Futtermittelhandel auf der anderen Seite des Berges betrieben. Nachdem in den dreißiger Jahren dann die Straßen befestigt worden waren, fuhren die Leute lieber nach Titusville und kauften dort ihr Mehl. Das war einfacher und preiswerter, als ihr Getreide gegen Bezahlung mahlen zu lassen. Auch der Gemischtwarenladen hatte in dieser Zeit Einnahmen eingebüßt, doch ihrem Vater war es gelungen, das Geschäft nach und nach wieder auszubauen, indem er Zigarren, Süßwaren und billige Magazine ins Sortiment aufnahm.
Die Hamptons hingegen verschlossen sich vor dem neumodischen Zeug und gingen daran kaputt. Die Mühle stand noch heute unten am Fluss, wie das Gerippe eines Dinosauriers, der im Stehen gestorben und zu blöd zum Umfallen war. Die Hamptons hatten ihr Land
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