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Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Solom: Der Wanderprediger (German Edition)

Titel: Solom: Der Wanderprediger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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gefragt, ob dem Wasser hier vielleicht ein paar wichtige Mineralien fehlten, oder ob von einem bestimmten Element zu viel darin enthalten war, so dass alle, die hier zu lange lebten, langsam vergiftet worden waren. Und nach ein paar Generationen hatte sich der Wahnsinn dann einfach weitervererbt. Doch wenn es selbst billigem Bourbon nicht gelang, seinen Geist für mehr als einen Tag zu vernebeln, warum sollte reines Wasser dann eine solche Macht besitzen?
    »Die anderen werden sicher bald kommen«, sagte Odus. Ihm wurde klar, wie jämmerlich und klein sein einsamer Ausflug gewesen war, als er wie der verlängerte Arm des Gesetzes allein in die Berge gezogen war.
    »Wenn wir nur hier herumstehen, können wir gar nichts ausrichten«, meinte Sarah. »Dann können wir uns auch gleich unsere Predigt abholen.«
    »Wohin gehen wir zuerst?«, fragte Sue.
    Odus streichelte über den schlanken, sehnigen Hals von Sister Mary, die sich an sein weiches Hemd kuschelte. »Ich glaube, unsere tierische Freundin hier wird uns den Weg schon weisen.«

 
     
     
    46. KAPITEL
     
    Tiere.
    Alex Eakins spürte, dass sie da waren, als er sich seinen Weg entlang des schmalen Pfades hinauf zum Gipfel bahnte. Büffel und Elche hatten diesen Pfad getrampelt, bevor europäische Jäger sie für immer aus dieser Landschaft vertrieben. Stattdessen waren hier nun Bären, Rotluchse, Hirsche, Füchse, Waschbären, Opossums und andere Tiere unterwegs. In den Ästen der Bäume hatten einst Pumas auf leichte Beute gelauert. Alex spürte förmlich die Kraft der Tausenden Pfoten und Hufe, die vor ihm hier entlanggegangen waren. Vor allem aber spürte er den stechenden Gestank von Ziegenscheiße.
    Als das Tageslicht zu schwach geworden war, folgte er der Spur der Ziegen im Schein seiner Taschenlampe. Und als die Nacht schließlich ihr dunkles Tuch über den Himmel legte, erwachten seine anderen, primitiveren Sinne und liefen zu Höchstleistungen auf. Die Luft war eisig, satt und feucht, befruchtet von der Verwesung des Herbstes. Der Geschmack des Waldes fuhr ihm bei jedem Atemzug in die Nase. Er schmeckte säuerlich nach Eiche, vermischt mit dem bitteren Aroma von Wildkirsche und Birke und dem feuchten Schlamm Tausender sickernder Quellen. Auch sein Geruchssinn war geschärft. Jetzt roch er nicht nur die Spur der Ziegen, sondern auch ihr Fell und ihren stechenden Brunftgeruch. Mehrere Male dachte er, dass er Dutzende von ihnen durch die unsichtbaren Bäume vor ihm streifen hörte, und er fragte sich, was er wohl tun würde, wenn er auf eine Lichtung träte und sie plötzlich alle vor ihm ständen und ihn anstarrten.
    Alex legte seine Hand auf den Bogen. Er würde ihn zum Einsatz bringen, mit Gottes Gnaden und der fulminanten Wut eines Mannes, in dessen Land eingedrungen worden war.
    Der Weg wurde tückischer, und an den Sohlen seiner Schuhe klebten die Exkremente derer, die er verfolgte. Der Boden war durch den jahrhundertelangen Wildwechsel festgetrampelt, doch die Ziegenhufe hatten ihn aufgewühlt. Ziegen waren von Natur aus an die Berge gewöhnt, wo ihr sicherer Gang ihnen einen Vorteil gegenüber den Beutetieren der Bergwälder verschaffte. Doch seine Waffen und seine Bestimmtheit gaben Alex das Gefühl, dass er es auf Augenhöhe mit ihnen aufnehmen konnte.
    Der Hang stieg nun weniger stark an, so dass er etwas verschnaufen konnte. Kurz vor dem Gipfel lichtete sich der Wald und das Mondlicht schien über die hervorstehenden Steine. Die grauen Brocken waren mit Moos bewachsen. Hunderttausende Regenfälle hatten sie rund gewaschen. Der Pfad wand sich immer schmaler werdend zwischen den Felsbrocken hindurch. Eine Eule ließ ihren Ruf erklingen, und der Gipfel erschien wie der Außenposten eines fremden Landes. Alex dachte nicht darüber nach, was hier alles passieren konnte, dass er sich vielleicht ein Bein brechen oder von einem Abhang rutschen könnte. Sein Gang war fest und entschlossen. Denn Rache rechtfertigte jeden Schritt.
    Unter sich sah er zwischen den Zweigen hindurch die Lichter von Solom. Die Lampe auf der Veranda des Gemischtwarenladens erhellte mit ihrem kürbisfarbenen Licht eine kleine Häusergruppe. Die Straße am Fluss wand sich wie eine schwarze Schlange durch das Tal, und das kalte Mondlicht spiegelte sich in den Blechdächern der Scheunen.
    Der Wald wurde immer lichter, bis Alex schließlich zu einer Wiese kam. Er blieb stehen und lauschte, wie der Wind durch die welkenden Blätter blies. Da hörte er ein leises Rascheln, wie das

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